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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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grummelten.
    Zwei Stimmen redeten in seinem Kopf, riefen nach ihm.
    Mark, sagte die von Chloe – so hell und voll und glücklich.
    Daddy , sagte die andere – verängstigt, hilfesuchend, eine Hand, die nach ihm krallte.
    Er schlief nicht mehr. Er trank nichts. Er wollte es – o Gott, wie sehr er es wollte –, aber er hielt an sich.
    Nacht für Nacht legte er sich ins Bett und deckte sich ein Kissen über die Augen. Bitte, dachte er. Bitte lass mich einschlafen. Dann wanderten seine Gedanken zu Allisons Weinflaschen in der Küche.
    Er musste an all die Abende denken, die er in seinem Büro im Turm des alten Hauses gesessen hatte, wenn seine Familie schon schlief. Daran, wie er im Frühling die Fenster zu beiden Seiten geöffnet hatte, so dass der sachte Luftzug an ihm vorbeiströmte, während der Whiskey ihn wärmte und zur Ruhe kommen ließ. Und obwohl er wusste, dass es eine Lüge war, eine alte und wertvolle Lüge, erinnerte er sich während seiner langen, schlaflosen Nächte nur daran, wie entspannt er damals gewesen war – wie geborgen im Wissen, dass seine Arbeit getan war und ein paar Türen weiter seine Frau und sein Kind schliefen –, ehe er zum leisen Rauschen der Bäume einnickte.
    Eine Mauer schien jetzt zwischen ihm und Allison zu stehen.
    Jedes Wort, das Mark zu Allie sagte, wirkte plötzlich falsch, unecht, als hätte sich ein anderer Mark, ein Eindringling, unsichtbar ins Zimmer geschlichen und Allie mit Marks Stimme angeredet. Wenn er liebevoll sein wollte, klang er ungeduldig; wenn er behutsam sein wollte, klang er gleichgültig. Allie litt unter diesem Mark, er kränkte sie – aber selbst seine Entschuldigungen kamen halbherzig heraus, durchsetzt von Vorwurf.
    Er sollte ihr erzählen, was mit ihm los war, das wusste er. Etliche Male hatte er schon zu ihr hingehen, ihr sagen wollen: Chloe war in unserem alten Haus. Sie hat mich angerufen. Ich habe ihre Nachricht gelöscht. Aber jetzt …
    Weiter kam er in Gedanken nie. Für das, was ihn einspann, sich wie ein Film auf seine Haut legte, in seine Lunge kroch wie Nebel, gab es keine Worte. Jeder Satz, den er probte, klang wie Verrat an ihr.
    Ich träume von Brendan. Ich träume von Chloe, von ihrer Stimme, die meinen Namen sagt.
    Chloe war in dem alten Haus, und etwas ist dort mit ihr passiert, und sie hat mich weinend angerufen und meinen Namen gesagt.
    Sie hat meinen Namen gesagt. So wie früher .
    Allies Reaktion auf diesen neuen, fremden Mark war, sich mit ganzer Kraft in die Hochzeitsvorbereitungen zu werfen. Sie verbrachte sämtliche Abende mit Planen, redete von nichts anderem, rief ihre Freundinnen und Darlene an, um mit ihnen über ihre Rollen und Aufgaben zu sprechen, über die Reisemöglichkeiten, darüber, welche Farben die Brautjungfern tragen sollten, damit ihre Kleider am besten vor der Kulisse des herbstlichen Lake Tahoe zur Geltung kämen. Eines Abends hörte Mark sie mit einer College-Freundin telefonieren; immer wieder sagte sie, wie herrlich sie es im September am See haben würden – die Hochzeit, wiederholte sie mehrmals, würde traumhaft werden, absolut traumhaft, und Mark, der vor ihrer Tür lauschte, begriff, dass sie die Zukunft nur deshalb in so leuchtenden Farben ausmalte, weil er sie hier und jetzt so unglücklich machte.
    Am Samstagnachmittag, eine Woche nach Chloes Anruf, klopfte Allie an seine Bürotür. Mark saß am Computer und versuchte, mit seiner Arbeit voranzukommen, die beiden mauen Tage wettzumachen, die hinter ihm lagen.
    Allie blieb mit finsterer Miene auf der Schwelle stehen. »Ich habe gerade eine Nachricht gekriegt.«
    Chloe, dachte er. Sie hat Allies Nummer herausgefunden.
    Aber stattdessen fragte sie: »Hast du den Scheck für das Quartett rausgeschickt?«
    Allie hatte vor Kurzem beschlossen, dass sie für die Trauung echte – und sündteure – Musiker brauchten. Sie hatte ihm davon vorgeschwärmt, wie zauberhaft die Musik an der freien Luft klingen würde, so dicht am Wasser, und Mark hatte sich genügend Interesse abgerungen, um zuzustimmen. Das Quartett musste mit einer Anzahlung von vierhundert Dollar reserviert werden.
    »Doch, natürlich«, sagte er. Aber wenn er jetzt darüber nachdachte, war er sich fast sicher, dass er es vergessen hatte.
    Während sie neben seinem Schreibtisch wartete, sah er umständlich in seinem Scheckheft nach – ja, da war der Scheck. Ausgefüllt hatte er ihn, herausgerissen und abgeschickt jedoch nicht.
    Allie machte ohne ein Wort kehrt und marschierte

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