An einem Tag im Januar
hinaus.
Mark rief sofort den Geiger an, versprach, den Scheck gleich Montag früh per Kurier zu schicken, und ließ geduldig eine zünftige Standpauke über sich ergehen. Dann ging er hinunter zu Allie, die im Wohnzimmer in den Fernseher starrte, und sagte ihr, dass der Fehler behoben war. Er versuchte sich zu entschuldigen, es war sein fester Wille – aber der andere Mark drängte sich dazwischen und sagte: »Nichts passiert. Also entspann dich.«
Allie sah mit eisigem Blick zu ihm hoch. »Ich kann das nicht im Alleingang machen. Wenn ich mich nicht auf dich verlassen kann, brauchen wir auch nicht zu heiraten.«
Er ging in die Küche, goss sich ein Glas Wasser ein. Sagte sich, dass er sich nicht ärgern durfte, dass sie zu Recht wütend war, wenn er solchen Mist baute. Dass auch sie es nicht leicht hatte zurzeit – sie war die letzten Tage schlecht dran gewesen, eine Magenverstimmung; noch immer konnte sie kaum etwas bei sich behalten. Dass er schuld an ihrem Zustand war; dass sie seinetwegen litt.
Aber längst nicht so wie er. Das dachte er, ganz bewusst.
»Hast du gehört?«, rief sie ihm nach, als er an ihr vorbei zur Treppe ging. Er antwortete sicherheitshalber nicht.
Er war krank im Kopf. Einfach nur krank.
Zehn Tage nach ihrem Anruf erschien Chloes Name in Marks Posteingang. Der Betreff lautete: Nicht löschen. Bitte!
Es war Abend. Allie war nebenan im Bad; er hörte Wasser laufen. Der Sache mit dem vergessenen Scheck waren zwei frostige Tage gefolgt, aber vor ein paar Minuten hatte sie von hinten die Arme um ihn geschlungen, als er am Schreibtisch saß. Kommst du mit ins Bett?, hatte sie gemurmelt. Ihr Ton klang eine Spur förmlich, trotz der warmen Hand, die sie dabei unter sein Hemd schob.
Es ist so lange her, sagte sie. Du hast mir gefehlt.
Sie hatten nicht mehr miteinander geschlafen, seit – ja, wann? Weihnachten? Seit seinem Hexenschuss jedenfalls, vor Silvester. Über zwei Wochen jetzt. Und am Wochenende wollte sie wieder zu ihrer Schwester fahren. Wenn etwas laufen sollte, musste es bald sein.
Du mir auch, hatte er gesagt. Ich mach das nur eben noch fertig.
Wieder fragte er sich, ob Chloe einen sechsten Sinn hatte – dafür, wie sie ihn am sichersten aus dem Konzept brachte, ihn schwachmachte. Nicht löschen. Bitte!
Im Badezimmer wurde der Hahn zugedreht.
Mark löschte die Mail und leerte seinen Papierkorb, bevor er es sich anders überlegen konnte. Kaum war die Nachricht weg, überfiel ihn ein fürchterliches, peinigendes Schuldbewusstsein. Er fuhr den Computer herunter, stand auf und ging ins Schlafzimmer, wo er sich neben Allison legte, die in T-Shirt und schwarzem Höschen auf der Seite lag. Er versuchte, sein Gehirn abzuschalten.
Allie küsste ihn, streichelte ihn, lutschte sogar seinen Schwanz. Schließlich wälzte er sich resigniert auf die Seite.
»Was hast du?«, fragte Allie.
Nichts. Alles.
»Wieso? Lass mir einfach noch einen Moment Zeit, ja?«
Allie kuschelte sich an ihn, aber ihr Blick war trüb, gequält. Sie wusste, dass er log.
Stunden später – zum Sex war es nicht gekommen; Allie war eingeschlafen oder hatte so getan als ob, bevor sich bei ihm etwas regen konnte – schlich Mark nach unten und streckte sich auf dem Sofa aus. Das machte er inzwischen fast jede Nacht. Er ließ ihren dvd -Recorder jetzt systematisch alte Filme aufzeichnen, die er schon immer hatte sehen wollen – all diese Filme, die in den frühen Morgenstunden auf den Kabelsendern herumspukten.
Er hätte Chloes Mail nicht löschen sollen. Jetzt war er dem Was-wäre-wenn hilflos ausgeliefert. Vielleicht hatte Lewis doch recht. Vielleicht musste er sich wirklich Gewissheit verschaffen.
Nein. Mark glaubte nicht an Geister. Geister existierten nicht – es gab nicht das Fitzelchen eines Beweises dafür. Es war spät, er hatte seit Wochen nicht mehr ordentlich geschlafen, ihn bedrückten seine Schwierigkeiten mit Allison, und was immer mit der armen Chloe passierte, bedrückte ihn auch. Mehr steckte nicht hinter diesen dummen Zweifeln. Sein eigenes Hirn spielte ihm Streiche.
Er legte den Malteserfalken ein. Sah Bogie im Trenchcoat über den Bildschirm schlendern, seinen Hut verwegen überm Ohr. Bogie trank Bourbon und rauchte unter träge kreiselnden Deckenventilatoren. Bogie war aus kühlem, hartem Stahl gemacht, und wenn sein Herz je brach, dann ging er mit einem coolen Spruch darüber hinweg.
Jetzt hatte er schon wieder ein Glas am Mund. Mark konnte das Brennen des Whiskeys fast
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