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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Leben ? Im Laufe der Wochen wanderten manche Sachen von ihr aus dem Haus in Islington dorthin: ein Paar Socken, ein Taschenbuch, ein Lippenstift, eine Flasche Shampoo.
    Ihre Kleider sprenkelten den Fußboden, weiß und dunkelblau. Ein cremefarbener Unterrock umfing wie ein Gespenst eine Stuhllehne, Nylonstrümpfe ringelten sich auf dem Teppich. Die Matratze war unerbittlich hart und voller Buckel, mit Rosshaar gefüllt, das sich in Büscheln durch das gestreifte Inlett bohrte.
    Ihr buckliges Terrain war eine wogende See, auf der sie hin und her geworfen wurden, während sie sich aneinanderklammerten wie Ertrinkende. Hinterher lagen sie matt und gesättigt zwischen den Laken, die Glieder schwer und träge, ihre Hand auf seiner Brust, wo sie den langsamer werdenden Schlag seines Herzens spürte.
    Nach einer Weile stand er auf, zog eine Hose an und ging in die Küche. Sie betrachtete die schmale Mulde, die sich seinen Rücken hinunterzog, und dachte daran, wie gern sie sie mit Küssen benetzte. Sie sah den Schweißglanz auf seinen Schultern und rief sich seinen Geruch ins Gedächtnis, der in ihre eigene Haut eingezogen war. Sie sah ihm durch die offene Tür zu, wie er das Wasser aufsetzte und Kaffee in die Kanne gab, während er ihr Bemerkungen zuwarf wie Geschenke: ein paar Worte über den Fortschritt seiner Arbeit, einen kurzen Satz über einen Bekannten. Manchmal fragte sie sich, ob nicht etwas Verzweifeltes, Entwürdigendes an diesem haltlosen Drängen ihrer Körper war, das sie in dieses Zimmer trieb, wo sie, noch während sie sich die Kleider herunterrissen, aufs Bett fielen.
    Nur manchmal. Ihre Körper sprachen für sie, ohne Worte, in Zeichen von tiefster Intimität, durch die Verbindung von Fleisch mit Fleisch oder die zarte Berührung eines Fingers. Ich liebe dich, ich liebe dich. Mein Lieb, mein Liebstes, meine rote rote Rose.
    Sie machte Kaffee. Im Radio lief eine Unterhaltungssendung . Alec frottierte sich die Haare.
    Â»Ich habe immer wieder diese Albträume«, sagte er. »Endlich habe ich die experimentelle Phase abgeschlossen und kann ein paar handfeste Ergebnisse vorweisen. Ich habe beinahe alles unter Dach und Fach, da höre ich, dass irgendein Kerl in Cambridge oder Edinburgh genau das Gleiche gemacht hat wie ich, und zwar besser. Oder – und das ist noch schlimmer – ein Kollege, irgend so ein Schwätzer, platzt herein, während ich arbeite, schaut sich meine Aufzeichnungen an und sagt: Jaja, aber was ist mit dem oder dem?«
    Â»Dem oder dem?«
    Â»Na ja, mit irgendeinem entscheidenden Punkt, den ich komplett übersehen habe. Peng, ein Riesenloch in meiner ganzen schönen Theorie, das mir eigentlich hätte auffallen müssen. Die Arbeit von Jahren beim Teufel, und ich blamiert bis auf die Knochen.«
    Sie gab ihm einen Kuss. »Schreib deinen Bericht und vergiss das Ganze. Und wenn du fertig bist, verreisen wir ein Wochenende.«
    Er fuhr sich mit den Fingern durch das feuchte Haar. »Es ist immer das Gleiche, wenn sich ein großes Projekt dem Abschluss nähert. Man bekommt es plötzlich mit der Angst zu tun. Monate-, vielleicht sogar jahrelang hat man bis zur Erschöpfung immer wieder dieselben Überlegungen durchgekaut, man kann sich kaum noch erinnern, was man an der ganzen Geschichte ursprünglich überhaupt so spannend gefunden hat, bis der Moment vor der Tür steht, wo alles auseinandergenommen und geprüft wird. Ich frage mich, ob man diese Angst vor dem Scheitern jemals ganz loswird.«
    Â»Pharoah hat einmal zu mir gesagt, es gebe zwei Arten von Wissenschaftlern: die zielbewussten und methodischen und die chaotischen, aber kreativen. Ich gehöre natürlich zu den zielbewussten und methodischen. Deshalb hat es mich so gekränkt, als er damals behauptet hat, ich wäre nachlässig.«
    Sie amüsierten sich damit, ihre Bekannten in Kategorien einzuteilen. Denis Padfield und Bill Farmborough seien beide Ackergäule, meinte Alec. Er bezweifle, dass Farmborough in den letzten zwanzig Jahren auch nur eine eigene Idee gehabt habe.
    Â»Martin war chaotisch, aber kreativ. Jan Kaminski war ein kluger Kopf, aber Pharoah hat ihm die ganze Verwaltungsarbeit aufgebrummt, da hatte er natürlich zu originärer Forschungsarbeit keine Zeit. Pharoah hat Gildersleve Hall gern als Genieschmiede hingestellt, aber in Wirklichkeit waren da keine fünf Leute, die wirklich etwas auf

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