An einem Tag im Winter
blödsinnigen Geist teilen zu müssen â¦Â«
»Ich verstehe nicht, wovon Sie reden.«
»Wussten Sie nicht, dass sie noch sämtliche Klamotten ihres Mannes im Schrank hängen hat? Säuberlich geordnet. Und jede Woche lässt sie seine Hemden waschen.« Catriona verzog angewidert den Mund. »Ich werde Ihnen mal die Wahrheit über den wunderbaren Francis Hunter erzählen. Von Marguerite werden Sie bestimmt etwas anderes hören, aber ich finde, Sie sollten Bescheid wissen. Ich war elf, als Francis Hunter starb, ich kann mich noch an ihn erinnern, wenn auch nicht allzu gut. Aber ich weiÃ, dass ich ihn nicht ausstehen konnte. Er war einer von diesen Leuten, die ständig an Kindern herumerziehen müssen, die sich einbilden, sie müssten ihre Ausdrucksweise korrigieren und ihnen Manieren beibringen. Meine Mutter ist auf der Insel aufgewachsen und hat ihn gut gekannt. Ihr zufolge ist er ein absoluter Tyrann gewesen, der Marguerite schikaniert hat, wo er nur konnte, und Marguerite hat es sich gefallen lassen. Marguerite spielt gern das hilflose, schwache Weibchen, das ist Ihnen sicher aufgefallen.«
»Ich weià nicht, was mich das alles angeht.«
»Nein, natürlich nicht. Diese langweiligen alten Beziehungsdramen.«
»Das ist doch Vergangenheit. Für Alec und mich zählt die Gegenwart â und die Zukunft.«
»Marguerites Vergangenheit wird Ihre Zukunft bestimmen, Ellen, das muss Ihnen klar sein. Alecs Mutter wird die Insel niemals verlassen. Das müssen Sie mir glauben, in Ihrem eigenen Interesse. Sie hält eisern an Francis fest â oder an seinem Mythos â, indem sie an der Insel festhält. Und sie wird auch Alec nicht loslassen. Sie hat einen der beiden geliebten Männer verloren, und sie wird tun, was in ihrer Macht steht, um den anderen zu behalten. Aber vor allem müssen Sie eins begreifen: Alec wird am Ende tun, was seine Mutter will. Ich kenne ihn länger als Sie, Ellen, und ich kenne seine Schwächen. Alec geht jeder emotionalen Auseinandersetzung aus dem Weg. Das kommt natürlich daher, dass er sein Leben lang die hysterischen Auftritte seiner Mutter ertragen musste. Wenn die erst mal loslegt, kann einem wirklich Hören und Sehen vergehen. Alec wird es niemals auf eine Konfrontation mit ihr ankommen lassen. Er schafft es nicht, sich ihr gegenüber auf die Hinterbeine zu stellen. Ich glaube, das Kühnste, was er je gewagt hat, war die Verlobung mit Ihnen. Es war ein Riesenschock für Marguerite, das kann ich Ihnen sagen. Ich nehme an, er hat ihr vorher nichts davon erzählt, weil er wusste, dass sie versuchen würde, es ihm auszureden.«
Catrionas Worte klangen erschreckend glaubhaft. Ellen selbst war die Verlobung damals ziemlich überstürzt vorgekommen, und jetzt kam ihr der Verdacht, dass Alec es vielleicht deshalb so eilig gehabt hatte, weil er seine Mutter vor vollendete Tatsachen stellen wollte.
Nein . Sie würde Catriona nicht glauben. »Er hat es vorher nicht mit seiner Mutter besprochen, weil es nicht nötig war«, sagte sie. »Es war eine Sache, die nur ihn und mich etwas anging. Er ist ein erwachsener Mann, er muss seine Mutter nicht um Erlaubnis bitten, wenn er heiraten möchte.«
»Marguerite will, dass Alec nach Hause kommt, und er wird sich ihrem Willen am Ende fügen.«
»Das können Sie doch gar nicht wissen.«
»O doch, tut mir leid. Und ich glaube, Ihnen wird das auch langsam klar, Ellen.«
Das kleine Lächeln um Catrionas Mund passte nicht zu ihrem müden, gepeinigten Blick. Sie nahm eine Packung John Playerâs aus ihrer Tasche und hob sie kurz hoch. »Sie rauchen nicht, oder?«
»Nein, danke.«
»Kaffee und Zigaretten â anders käme ich nicht durch die Nachtschichten. Ich weià genau, wie töricht es von mir ist, auf ihn zu warten. Es bindet mich an diesen Beruf, den ich hasse, und es bedeutet, dass niemals ein anderer für mich infrage kommen wird. Vielleicht sollte ich Ihnen das auch noch sagen, Ellen: Wenn Alec früher oder später auf die Insel zurückkehrt, dann werde ich da sein. Ich würde alles für ihn tun. Ich würde sogar das Zusammenleben mit Marguerite auf mich nehmen. Ich würde ihn auf der Stelle heiraten, wenn er mich fragte. Ohne Wenn und Aber.«
»Sie hatten Ihre Chance.« Ellens Stimme zitterte vor Ãrger und einem Anflug von Furcht. »Sie hatten Ihre Chance
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