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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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schmeichelt mir. Die meisten meiner Kollegen in Gildersleve Hall sind weit genialer als ich.«
    Â»Aber vermutlich nicht so hübsch. Ich war nur einmal zu Besuch da, und einige der Wissenschaftlerinnen dort waren ziemlich abschreckend.«
    Â»Sind Sie auch Wissenschaftler, Mr. Pharoah?«
    Devlin lachte. »Dazu fehlt es mir an selbstlosem Engagement. Zu viel harte Arbeit. Ich handle mit Antiquitäten. Meine Läden in London halten mich genug auf Trab.«
    Â»Daddy! Daddy!« Ein Mädchen von vielleicht zwölf Jahren kam ins Zimmer gestürmt und eilte direkt auf Marcus Pharoah zu.
    Â»Hallo, mein Schatz.« Pharoah legte seiner Tochter den Arm um die Schultern.
    Rowena Pharoah, in einem türkisfarbenen Kleid mit besticktem Gürtel, war ein auffallend schönes kleines Mädchen, langgliedrig und schmal, mit dem dunklen Haar ihres Vaters, das zu zwei Zöpfen geflochten war.
    Â»Daddy«, sagte sie, »Rufus ist immer so gemein zu mir. Ich hasse ihn.«
    Â»Was hat er denn jetzt wieder getan, Ro?«, fragte Devlin Pharoah.
    Â»Er hat mir meine Gummistiefel weggenommen und will sie mir nicht wiedergeben.« Rowenas Stimme bekam etwas Weinerliches. »Er hat gesagt, er schmeißt sie in den Teich.«
    Â»Gott, dieser Junge«, brummte Devlin und eilte schon aus dem Zimmer.
    Â»Sag Miss Kingsley guten Tag, Rowena«, forderte Pharoah seine Tochter auf.
    Â»Guten Tag«, sagte sie flüchtig. »Daddy?«
    Â»Was denn, Schatz?«
    Â»Dürfen ich und Rufus im Sommerhaus essen?«
    Â»Rufus und ich«, korrigierte Pharoah. »Nein, heute nicht. Es ist zu kalt.«
    Â»Aber Daddy. Ich ziehe auch den Mantel an.«
    Â»Nein, Rowena, ich möchte, dass ihr mit uns esst. Außerdem hasst du Rufus doch.«
    Â»Er ist so kindisch«, erklärte Rowena herablassend.
    Â»Hast du Heather beim Tischdecken geholfen?«
    Â»Nein.« Sie stieß die Spitze ihres schwarzen Lackschuhs in den Teppich.
    Â»Dann tu das jetzt, Schatz.«
    Â»Aber ich will nicht.«
    Â»Du suchst doch immer so gern die Gläser aus«, redete Pharoah ihr gut zu.
    Â»Nur wenn du mitkommst, Daddy. Bitte.«
    Pharoah sah lächelnd zu seiner Tochter hinunter. »Würden Sie mich entschuldigen, Ellen?«
    Die Dorringtons hatten sich einem anderen Grüppchen zugewandt, sodass Ellen nun allein dastand. Durch die Fenstertüren beobachtete sie Devlin Pharoah, der sichtlich energisch mit einem widerspenstig aussehenden dunkelhaarigen Jungen in Rowenas Alter sprach. Der Wind strich über die Fahnen des Pampasgrases. Ellen dachte wieder an ihr Gespräch mit Alec Hunter, drehte und wendete jedes Wort, wie sie das seit Freitagabend unzählige Male getan hatte, und fühlte sich wie berauscht.
    Als sie hinter sich Gläserklirren hörte, drehte sie sich um. Die Haushälterin stellte Gläser auf einem Tablett zusammen. Langsam ging Ellen ins Speisezimmer hinüber.
    Abgesehen von Rowena, Rufus und einigen anderen Kindern war Ellen die Jüngste an der Tafel. Außer ihr war niemand aus Gildersleve Hall eingeladen. Das Tischgespräch drehte sich um Theaterstücke, die man gesehen, und Konzerte, die man besucht hatte, um Urlaube in Cornwall oder Schottland oder neu entdeckte Gegenden Frankreichs.
    Â»Kommen Sie von weit her, Miss Kingsley?«, erkundigte sich ihr Tischnachbar. »Und woher kennen Sie die Pharoahs?« Ellen erzählte dem Mann, einem Anwalt, ein wenig über Röntgenkristallografie, und als sie das Gefühl hatte, er habe genug, ließ sie sich von ihm über die Kunst des Segelns aufklären. Sie beobachtete, wie sehr Mrs. Pharoah darauf achtete, dass das Auftragen der Gerichte glatt und unaufdringlich vor sich ging, wie aufmerksam sie dafür sorgte, dass es ihren Gästen an nichts fehlte, und wie sie der Haushälterin kurz zunickte, wenn für den nächsten Gang abgedeckt werden konnte. Kein Weinglas blieb länger leer, jedem Gast wurde Gelegenheit eingeräumt, sich am Gespräch zu beteiligen.
    Sie sah Devlin Pharoah höflich plaudern und lächeln, doch ihr fiel auf, dass sein Blick hin und wieder abschweifte. War es Langeweile, die sie in diesen dunklen Augen bemerkte, oder Verachtung? Rowena und Rufus saßen nebeneinander und tuschelten, und manchmal drückte sich Rowena die Hand auf den Mund. »Nicht bei Tisch, Rowy, das gehört sich nicht«, ermahnte Alison Pharoah ihre Tochter gedämpft, aber sobald

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