Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
Vom Netzwerk:
kurze Zeit Parteimitglied. Aber wenn ich jetzt zurückdenke, halte ich es für unwahrscheinlich, dass Pharoah jemals starke politische Überzeugungen hatte. Redmond war in seinem Glauben unerschütterlich, aber Pharoah war die Sache meiner Meinung nach nie so wichtig. Ich kann mich erinnern, dass ich stolz auf mich war und überlegte, ob vielleicht mein Einfluss ihn bewogen hatte, seine Ansichten zu ändern. Aber ich vermute, dass das überhaupt nichts mit mir zu tun hatte, vielmehr glaube ich, dass Pharoah zu diesem Zeitpunkt sein Ziel schon fest im Auge hatte und klug genug war, um zu erkennen, dass linksradikale Tendenzen ihm bei der Erreichung dieses Ziels nur hinderlich sein würden.«
    Â»Sie meinen, er wusste schon, was er nach dem Krieg tun wollte?«
    Â»Ja.« Kaminski war aufgestanden. Seine Gestalt hob sich als dunkle Silhouette vor dem hellen Fenster ab, als er hinaussah. Das Gelächter aus den Stechkähnen war versiegt; von irgendwo vernahm Ellen Geigenklänge.
    Â»Wir hatten damals einen Spitznamen«, sagte er. »Wir drei, im Krieg. ›Das Triumvirat‹ nannten uns die Kollegen in Gildersleve Hall. Und das Triumvirat hat damals, an den langen Abenden im Cottage, das Konzept ausgearbeitet. Wenn ich mich recht erinnere, hatte Redmond als Erster die Idee, dass wir nach dem Krieg eine eigene Forschungsstätte aufziehen sollten. Pharoah, der einzig Vorzeigbare von uns dreien, sollte sie leiten und sie in der Öffentlichkeit vertreten. Er besaß ein besonderes Talent, Leute an sich zu binden. Man wollte ihm gefallen. Das Einzige, was Redmond interessierte, war eine Möglichkeit, ungestört seiner Arbeit nachzugehen. Ruhm, Erfolg oder Geld waren ihm gleich. Ich wollte mich um die praktischen Aspekte kümmern, die Eintreibung der Gelder, die termingerechte Durchführung von Projekten. Für solche Aufgaben braucht man jemanden, der methodisch und genau ist, und ich wusste, dass ich dafür der Richtige war. Wir haben den Aufbau eines solchen Instituts besprochen und genau überlegt, auf welche Forschungsbereiche wir uns spezialisieren wollten – Genetik, Kristallografie, Biochemie. Und natürlich würde unser Institut Weltruhm erlangen.« Jan Kaminski lächelte schwach, während er mit den Fingern aufs Fensterbrett trommelte. »Nach einiger Zeit sah es ganz so aus, als würde unser Luftschloss konkrete Formen annehmen. Wobei Pharoah meiner Meinung nach immer daran geglaubt hat.«
    Er wandte sich wieder Ellen zu. »Möchten Sie Kaffee, Miss Kingsley?«
    Â»Gern, danke.«
    Â»Wollen wir ihn draußen im Garten trinken?«
    Kaminski machte den Kaffee, bedeckte sein schütteres blondes Haar mit einem Hut und trug das Tablett hinaus. Sie setzten sich in den Schatten das Taschentuchbaums.
    Â»Aber dann ist etwas passiert«, fuhr Kaminski fort. »1944 musste ich eine Woche weg, um Tests in der Nähe von Salisbury zu überwachen. Als ich zurückkam, sprachen Pharoah und Redmond nicht mehr miteinander.«
    Â»Sie hatten sich überworfen?«
    Â»Ja.«
    Â»Wissen Sie, warum?«
    Im unruhigen Schatten des Baums glühte die verbrannte Seite von Kaminskis Gesicht bläulich rot. »Ich habe gefragt, konnte aber keinem der beiden eine Antwort entlocken. Pharoah hat so getan, als wäre nichts, und Redmond hat es abgelehnt, überhaupt mit mir zu sprechen. So war er, er konnte sich manchmal tagelang zurückziehen, und so hat er es bei dieser Gelegenheit auch gehalten. Ich weiß, dass ich damals überlegt habe, ob Redmond es als Verrat betrachtete, dass Pharoah seine politischen Ansichten so radikal änderte. Vielleicht hatte er das Phaorah ins Gesicht gesagt. Pharoah verträgt keine Kritik.« Pointiert setzte er hinzu: »Aber das wissen Sie ja am besten, Miss Kingsley.«
    Das konnte Ellen nur bejahen.
    Â»Mit der Zeit kamen mir allerdings Zweifel daran, dass das der Grund war. Es war Pharoas Haltung Redmond gegenüber, die sich geändert hatte, und nicht umgekehrt. Redmond blieb Pharoah gegenüber unerschütterlich loyal, auch nach dem Zerwürfnis. Er hat Pharoah immer ungeheuer bewundert. Vielleicht weil Pharoah alles, was Redmond unmöglich war, so leichtfiel – mit anderen in Kontakt kommen, sie mit seinem Charme zu umgarnen und genau dahin zu bringen, wo er sie haben wollte. Wie dem auch sei, sie haben die Risse damals gekittet – Gildersleve brauchte sie ja

Weitere Kostenlose Bücher