An einem Tag im Winter
alles war ins Wochenende auf dem Land unterwegs. Es war fast sieben, als er bei seinen Schwiegereltern ankam. Ein hübsches, allein stehendes Haus inmitten von Rasen und Blumenbeeten. Er parkte in der Einfahrt, und Basil, der beim BlumengieÃen war, ging ihm entgegen.
»Hallo, John. Das ist aber eine Ãberraschung.«
Riley war verwirrt. »Wieso? Habt ihrâs euch anders überlegt? Geht ihr doch nicht aus?«
»Ausgehen?«
»Ja, in den Golfklub. Pearl hat gesagt, ihr wolltet zu einer Feier in den Golfklub.
Basil schüttelte den Kopf. »Nicht heute Abend. Da hast du was falsch verstanden, mein Junge. Aber komm rein und trink einen Schluck.«
Riley: »Aber Annie ist doch bei euch?«
»Nein. Wieso?«
»Pearl hat mir gesagt, Annie wäre heute den Tag über bei euch.«
In Basils Augen sah er seine eigene Unruhe gespiegelt. »Ich geh mal rein und frag Vera. Sag vorläufig nichts, John. Sie regt sich sonst nur auf.«
Basil ging ins Haus, und Riley folgte ihm.
Vera war in der Küche und wischte blanke Arbeitsflächen noch blanker. »John hat ein kleines Problem«, sagte Basil. »Er dachte, Pearl hätte mit uns ausgemacht, dass wir Annie heute nehmen.«
Vera hob den Kopf. »Nein. Pearl wollte doch mit ihr zum Einkaufen.« Ihr Blick flog zwischen den beiden Männern hin und her. »Warum? Ist was passiert?«
»Nein, nein«, versicherte Basil. »Es ist alles in Ordnung. Wie gesagt, John hat da was durcheinandergebracht.«
Als sie wieder nach drauÃen gingen, sagte Basil: »Ruf mich an«, und Riley nickte.
Auf der Rückfahrt versuchte er, die drängenden Gedanken wegzuschieben und sich nur aufs Fahren zu konzentrieren, um auf dem schnellsten Weg nach Hause zu gelangen. Trotzdem blitzte hin und wieder ein Bild auf: Pearl auf ihrem Ehebett liegend. Pearl in ihrem roten Seidenkimono mit den Drachen darauf, die Augen geschlossen, als schliefe sie. Die Drachen, die schwarzen Haare, die ihr Gesicht zur Hälfte verdeckten, ein leeres Tablettenfläschchen. Ich wollte, ich könnte aufhören zu sein. Ich wollte, ich könnte einfach nicht mehr hier sein.
Riley lieà den Wagen vor dem Haus stehen und sperrte die Haustür auf. Pearls Namen rufend, rannte er die Treppe hinauf.
Aber sie war nicht im Schlafzimmer. Und in den anderen Zimmern war sie auch nicht. Auch nicht unten in der Küche. Wohnzimmer und Esszimmer waren leer.
Trotzdem wusste er, dass etwas nicht stimmte. Im Garten bewegte sich etwas, und er lief hinaus, aber es waren nur die Ãste eines Baums, die sich im Wind bogen und das Gras mit den Schatten ihrer Blätter sprenkelten. Zurück im Haus bemerkte er einen Brief, der auf dem Kaminsims stand. Er riss ihn auf und las.
Ein Freitagabend im September, und sie feierten in ihrem Haus in Islington. Das Gedränge in Zimmern und Gängen quoll bis in den verwilderten Garten hinter dem Haus hinaus.
Jemand quetschte sich neben Ellen aufs Sofa. »Simon Hacker«, stellte er sich vor, gegen Partylärm und Jacques Brel anschreiend, und hielt ihr eine Schale mit Erdnüssen hin.
»Danke. Ich bin Ellen, Joes Schwester.«
»Ich weiÃ, ich habe jemanden gefragt.«
Sie sah ihn sich genauer an. Nicht übel. Breite Schultern, ziemlich groÃ. Um die dreiÃig, glattes, dunkles Haar, seitlich gescheitelt, rundes Gesicht und braune Augen unter hochgezogenen Brauen, die sowohl Interesse als auch Wohlgefallen auszudrücken schienen. Ein wenig fülliger um die Mitte vielleicht als der Typ Mann, über den sie sich in der Mittagspause oder abends im Bus Gedanken gemacht hätte. Aber nicht übel.
Er holte zwei Gläser Bier und setzte sich wieder neben sie. Er war Chemiker, wie er ihr erzählte, und hatte im Dyson-Perrins-Labor in Oxford gearbeitet. Jetzt unterrichtete er am renommierten Imperial College in London. Sie hatten, wie sich herausstellte, eine gemeinsame Bekannte, eine Freundin von Ellen aus Bristol. Er drehte sich zu ihr herum und sagte: »Ich hab gehört, du warst in Gildersleve?«
»Das ist schon eine Weile her«, erwiderte sie, ihre Standardantwort auf solche Bemerkungen.
»Dann sei froh. Die Ratten verlassen gerade das sinkende Schiff.«
»Wie meinst du das?«
»Wann bist du dort weg?«
»Vor fast zwei Jahren.«
»Da bricht im Augenblick alles zusammen«, sagte er. Die Genugtuung darüber, mit einer Ãberraschung aufwarten zu
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