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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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sarkastisch.
    Â»Ich könnte schon welches herbeischaffen.«
    Â»Na, dann mach schon.« Sie stand auf und stopfte die leere Keksverpackung in ihre Tasche. »Dann kann ich einkaufen gehen, anstatt hier in der Kälte rumzustehen.«
    Â»Und wenn ich das Geld besorge, dann kommst du mit mir in die weite Welt?«
    Â»Nein, Garrett«, antwortete sie mit übertriebener Geduld. »Ich komme nicht mit. Und ich sag dir auch, warum. Weil es viel zu weit weg ist. Weil ich nächste Woche wieder arbeiten muss. Und weil keiner von uns Französisch kann oder Afrikanisch oder sonst was.«
    Â»Ich hab in der Schule Französisch gelernt.«
    Â»Ja, natürlich. Je suis, tu es, il est. Sehr nützlich. Glaubst du, dass wir damit Arbeit kriegen?«
    Â»Ach, da wird sich schon was ergeben.«
    Â»Du hast nicht mal hier eine geregelte Anstellung, wieso sollte sich dann ausgerechnet im Ausland auf wunderbare Weise was ergeben? Warum sollte irgendein Franzose jemand einstellen wollen, der so dämlich ist wie du, kannst du mir das mal sagen, Garrett?« Sie war laut geworden.
    Â»Halt den Mund, Indy.« Er sah wütend aus. »Wir könnten in einem Café arbeiten oder so was. Geschirr spülen. Zum Geschirrspülen braucht man nicht Französisch zu können.«
    Â»Oh, wie kann man nur so blöd sein!«, schrie sie und rannte durchs Haus nach vorn auf die Straße. Als sie sich umschaute, sah sie Garrett mit wutentbranntem Gesicht hinterherkommen und schoss so plötzlich über die Fahrbahn, dass mehrere Autos hupend ausweichen mussten.
    Vorn hielt gerade ein Bus. Sie sprang hinein. Drinnen verpuffte ihr Zorn, und sie begann zu weinen. Garrett war offensichtlich nicht einmal auf den Gedanken gekommen, dass es ihr schwerfallen könnte, Sebastian zurückzulassen, dass sie nicht einen Moment lang auch nur daran denken würde, ihn im Stich zu lassen. Sie und Garrett waren jetzt seit mehr als einem Jahr zusammen, und trotzdem hatte er das Wesentliche nicht begriffen. Die Tränen rannen ihr aus den Augen, und die alte Frau, die neben ihr saß, schnalzte leise und teilnehmend mit der Zunge und sagte: »Sie sind die Tränen nicht wert, Kindchen. Ich hab alle meine Kinder bei einem Bombenangriff im Blitz verloren. Ich hab eine Woche lang nur geweint und dann nie wieder.«
    Zwei Haltestellen weiter stieg India aus dem Bus und ging zu Fuß weiter in die Oxford Street. Mit Methode klapperte sie die kleinen Kleidergeschäfte in der Nähe der Great Marlborough Street ab, bis sie in einem Laden, in dem nur eine alte Frau bediente, ein hinreißendes Kleid entdeckte, cremefarben mit etwas tiefer angesetzter Taille und einer schwarzen Ripsschleife am Ausschnitt. Zu ihrem Glück stürzte eine Kundin, die in den Laden rauschte, um sich über einen aufgegangen Saum zu beschweren, die alte Frau reichlich in Verwirrung. In der Umkleidekabine faltete sie das Kleid zusammen und schob es unter ihren Mantel, und während die unangenehme Kundin der Verkäuferin noch die Hölle heiß machte, schlüpfte sie hinaus. »Es ist mir leider in der Taille ein bisschen zu weit«, rief sie auf dem Weg zur Ladentür.
    Draußen ging sie im Eiltempo davon. Zweimal blickte sie noch über die Schulter zurück, dann tauchte sie im Gewühl der Oxford Street unter. Sie beschloss, Michael Colebrook zu besuchen. Er hatte in der Half Moon Street eine Wohnung, die sie sehr liebte, kühl und hell und immer ordentlich. Dort angekommen nahm sie ein Bad, machte sich die Haare und zog das neue Kleid an. Als sie wieder ins Wohnzimmer kam, lachte Michael und sagte, sie sehe zum Anbeißen aus.
    Sie setzten sich aufs Sofa und sahen fern, und später ging Michael mit ihr zum Essen ins Trocadero. Freunde stießen zu ihnen, Ed und seine Frau, eine schlecht gelaunte Brünette, außerdem Oliver, Vinnie und Justine. India, die sich in Cliquen immer wohlfühlte, genoss den Abend in vollen Zügen. Nach dem Essen zogen sie weiter in einen Klub am Leicester Square.
    Sie bemerkte ihn, als sie zwischen zwei Tänzen durch den Saal wanderte. Er saß mit einem halben Dutzend anderer Leute an einem Tisch an der Tanzfläche. Sie brauchte einen Moment, um sich zu erinnern, woher sie ihn kannte, dann fiel ihr ein, dass Ellen sie nach dem wissenschaftlichen Vortrag mit ihm bekannt gemacht hatte. Er hatte so einen komischen Namen – Pharoah. Sie spürte, dass er sie

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