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An hoechster Stelle

An hoechster Stelle

Titel: An hoechster Stelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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stieg aus dem Wagen, zog seine Jacke aus und rollte die Ärmel hoch. »Wie sagt man, wenn man das Gefühl hat, man habe etwas schon mal erlebt?«
      »Dejà vu. Das ist Französisch.«
      »Ja, genau.«
      Er ging zu den Männern am Schleusentor. In dem aufgewühlten Wasser stand ein junger Mann, der vor Erschöpfung fast halb tot war, trotzdem versuchte er erneut unterzutauchen, wurde von der Flut zurückgeworfen und schnappte krampfhaft nach Luft.
      »Holt ihn da raus«, befahl Hedley. Man zog den Jungen hinauf aufs Ufer. »Gebt mir mal eine Brechstange.«
      Ohne zu zögern, sprang Hedley ins Wasser, tauchte wieder auf, holte tief Atem, tauchte unter und tastete nach den Eisenhaken, die nach dem letzten Vorfall notdürftig ausgebessert worden waren. Er zwängte die Brechstange dazwischen, aber ehe er sie richtig ansetzen konnte, musste er wieder auftauchen und Atem schöpfen.
      Zweimal, dreimal tauchte er, und jedes Mal wurde es schwieriger, doch dann gab das Schleusentor nach, begann sich zu öffnen und wurde schließlich von der Gewalt des Wassers aufgerissen. Unter dem Jubel der Menge kam Hedley wieder an die Oberfläche. Man merkte bereits, dass der Wasserstand sank.
      Bereitwillige Hände zogen ihn aus dem Kanal; Hetty Armsby kam mit einer Decke herbeigerannt und legte sie ihm um die Schultern.
      »Ach, du bist ein wundervoller Kerl, komm mit in den Pub, und ihr anderen ebenfalls. Zur Hölle mit der Sperrstunde heute Nacht.«
      »Lassen Sie sich das bloß nicht zu Kopf steigen«, flüsterte Lady Helen ihm zu. »Ich will ja nicht so blasphemisch sein und etwa behaupten, Sie könnten auf dem Wasser wandeln, aber die Leute sind glatt imstande und ändern den Namen der Kirche in ›Sankt Hedley‹ um.«
      Das Wetter hatte sich über Nacht nicht geändert. Ein Ostwind trieb unaufhörlich Regen heran, und die Wellen donnerten über den flachen Sandstrand der Horseshoe Bay.
      Trotzdem galoppierte Helen mit ihrer Stute durch den Kiefernwald, wo man den Sturm nicht so stark spürte. Bei einer alten, verfallenen Kapelle hielt sie an und entzündete sich mit einiger Mühe im Schutz ihrer gewölbten Hände eine Zigarette.
      Gedankenverloren schaute sie hinaus auf die aufgewühlte See und erinnerte sich an einen Besuch vor einigen Jahren bei Freunden auf Long Island, nicht im Sommer, wie es Mode war, sondern spät im Winter. Man hatte ihr Chad Luthers Haus gezeigt, ein regelrechter Palast mit weiten Rasenflächen, die sich bis zum Rand des Sunds erstreckten, und da niemand dort wohnte, hatte sie sich alles anschauen können. Chad hatte sie schon oft eingeladen, hauptsächlich weil er sich gern mit reichen Leute umgab – und sie besaß mehr Geld als er. Sie hatte jedoch nie angenommen, da sie ihn einfach nicht mochte. Sie fand ihn ordinär, eitel und eingebildet.
      »Na, komm, meine Beste«, sagte Helen leise und schüttelte über ihre eigenen Gedanken den Kopf. »Wer bist du, um solche Urteile zu fällen? Irgendjemand muss ihn wohl lieben. Obwohl Gott allein weiß, wer das sein mag.«

    Sie griff nach den Zügeln und galoppierte weiter.

      Hedley war hinunter ins Dorf gefahren, um sich die Lage dort anzusehen. Es regnete nach wie vor, und der Wasserstand des Kanals war immer noch recht hoch, aber es bestand kein Grund zur Sorge mehr. Er schaute im Dorfladen vorbei, kaufte die nötigen Lebensmittel ein und fuhr nach Hause. Von Lady Helen war nirgends etwas zu sehen. Er ließ die Einkäufe in der Küche stehen, ging hinaus in den Hof und hörte aus der Scheune Pistolenschüsse. Wie er entdeckte, machte sie Schießübungen mit ihrem Colt.
      »Ich vermute, demnach fahren wir tatsächlich nach Long Island, und Sie werden wirklich die Pistole in Ihrer Handtasche haben?«
      »Übermorgen«, erwiderte Helen und lud nach, »mit einem der Gulfstreams der Firma. Wir können in Westhampton auf Long Island landen. Sehr bequem.«
      »Ich wünschte trotzdem, Sie würden die Waffe nicht mitnehmen.«
      »Wie ich schon gesagt habe, ich will auf alles vorbereitet sein, egal, welche Gelegenheiten sich auch immer ergeben. Sie brauchen nicht mitzukommen, wenn Ihnen nicht wohl dabei ist.«
      »Ich muss aber.« Er suchte sich eine Browning unter den Waffen aus, die auf dem Tisch lagen, und feuerte in rascher Folge auf die Zielscheiben. Vier der Pappfiguren traf er in den Kopf.
      »Wollen Sie ein bisschen angeben, Hedley?«
      »Nein, nur überprüfen, ob ich in Form bin, damit ich dafür

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