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An hoechster Stelle

An hoechster Stelle

Titel: An hoechster Stelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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verdeutlicht, dass manches eben unvermeidbar ist.«
      »Ach so, beispielsweise, dass Sie es mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten aufnehmen? Nein, Lady Helen, da bin ich absolut nicht Ihrer Meinung.«
      »Erinnern Sie sich an das Motto, das ein anderer Präsident auf seinem Schreibtisch stehen hatte? ›Die Verantwortung liegt letzten Endes allein bei mir.‹ Und damit hatte er Recht.« Sie spähte hinaus in die Dunkelheit. »Oh, schauen Sie, wo wir sind. Ich brauche jetzt unbedingt einen Tee und ein Sandwich.«
      Am Straßenrand stand ein altmodischer Imbisswagen, bei dem sie schon öfter gehalten hatten. Es war fast zwei Uhr morgens, und nur zwei Lastwagen parkten in der Nähe, deren Fahrer in den Kabinen ihre Mahlzeit verzehrten. Hedley bestellte Steaksandwiches auf Toast und dazu heißen Tee. Helen schaute der Frau, der dieser Imbiss gehörte, beim Braten der Steaks zu.
      »Riecht gut, Hedley.«
      »Wie immer, Lady Helen.«
      Mit herzhaftem Appetit biss sie in ihr Sandwich, dass der Saft ihr übers Kinn tröpfelte. Die Frau reichte ihr eine Papierserviette. »Bitte sehr, meine Liebe.«
      Obwohl es regnete, verspeisten sie unter der Markise in Ruhe ihre Sandwiches und tranken den kräftigen Tee. »Fahren wir weiter.«
      Helen setzte sich neben ihn auf den Beifahrersitz und meinte: »Bestimmt denken Sie, ich sei verrückt.«
      »Ich denke nur, dass Sie zu weit gehen, Lady Helen.«
      Sie zündete sich eine Zigarette an. »Die meisten Menschen verhalten sich anders im Leben und lassen die Dinge vor lauter guten Manieren und Höflichkeit auf sich beruhen. Ich erinnere mich, wie ich einmal mit meinem Bilanzbuchhalter in einem Restaurant in London war. Neben uns saßen vier Frauen, eine davon in einem Rollstuhl, und alle rauchten. Mein Freund flüsterte, dass er den Rauch nicht vertragen könne und gehen müsse, worauf die Frau im Rollstuhl lautstark verkündete, es sei bedauerlich, dass manche Leute offenbar kein bisschen tolerant sein könnten.«
      »Und was ist passiert?«
      »Ich brachte ihn zu einem Taxi, ging dann zurück und sagte ihr, dass sie zwar im Rollstuhl sitze, aber wenigstens am Leben sei, während mein Freund Lungenkrebs und nur noch drei Wo chen zu leben habe.« Sie runzelte die Stirn. »Warum erzähle ich Ihnen das eigentlich? Vielleicht, weil es das erste Mal war, dass ich wirklich Zivilcourage zeigte und etwas tat, statt schweigend darüber hinwegzugehen. Das konnte ich einfach nicht.«
      »Genauso konnten Sie nicht über die Söhne Erins hinwegsehen. Okay, das verstehe ich. Nur – der Präsident?« Hedley schüttelte den Kopf.
      »Sie verstehen gar nichts, Hedley. Sie sind ein wunderbarer Mensch, aber wie die meisten sehen Sie nur das, was Sie zu sehen glauben. Sie schauen mich an und denken, ich sei die gleiche Frau, die ich immer gewesen bin. Doch das ist nicht wahr. Ich bin eine Frau, der allmählich die Zeit knapp wird.«
      »Jetzt sagen Sie doch nicht so was.«
      »Es ist die Wahrheit, Hedley – ich werde sterben. Nicht heute Nacht und nicht morgen, aber bald, viel zu bald. Bis dahin habe ich noch einiges zu erledigen, und, bei Gott, das werde ich auch erledigen. Ich werde nach Long Island fliegen, um dem Präsidenten gegenüberzutreten, und ich habe jederzeit Barry am anderen Ende dieses Handys – wie einen Fisch an der Angel. Ich brauche nur noch die Leine einzuziehen.« Helen kramte ihre Tabletten heraus und schüttete zwei in die Handfläche. »Den Whiskey, bitte, und dann geben Sie Gas. Um drei könnten wir daheim sein.«
      Unterwegs wurde das Wetter immer schlimmer; es goss wie aus Kübeln, und als sie das Dorf erreichten, sahen sie, dass dort alles in Aufruhr war. Dreißig Zentimeter hoch stand das Wasser bereits in den Straßen, und die Männer kämpften mit dem Schleusentor.
      Hedley hielt vor dem Pub. Der alte Tom Armsby und Hetty stapelten Sandsäcke an der Tür. Lady Helen kurbelte das Fenster herunter.
      »Sieht schlimm aus.«
      »Das ist es auch, und so sieht’s überall aus, bis runter nach Parish Council. Diese verfluchten Politiker konnten angeblich nicht das Geld auftreiben, um nach dem letzten Mal, als Hedley uns gerettet hat, das Schleusentor in Ordnung bringen zu lassen. Jetzt fehlt nicht mehr viel und sämtliche Häuser im Dorf stehen unter Wasser.«
      »Das sind lauter einfache Leute«, flüsterte Lady Helen Hedley zu, »meistens Rentner. Sie wären völlig ruiniert.«
      »Ich weiß.« Hedley

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