An und für dich
Augen verdunkelten sich und fielen zu. Sie begann leise zu schnarchen.
Eine Schwester steckte den Kopf herein. Sie sah Saffys Gesicht. »Keine Sorge. Es ist völlig normal, dass sie ein wenig verwirrt ist. Das geht ganz schnell vorbei.«
Saffy schluckte. »Soll ich lieber gehen? Störe ich sie vielleicht, wenn ich hier sitze?«
Die Schwester trat heran und strich die Bettdecke glatt.
»Überhaupt nicht. Es ist total viel wert, jemanden am Bett sitzen zu haben. Bei den Leuten, um die sich niemand kümmert, dauert es viel länger, bis sie wieder gesund sind. Ich erlebe das hier jeden Tag.«
Später lag Saffy in ihrem unbequemen Einzelbett, lauschte auf Kevin Costner, der an der Tür kratzte und miaute, und dachte wieder und wieder über alles nach.
Bis heute war ihr Jills Operation immer wie das eigentliche Ende vorgekommen. Dabei war es erst der Anfang. Es würde Wochen dauern, bis sich ihre Mutter von der Mastektomie erholt hatte, und danach kam die Chemo und vielleicht sogar Bestrahlung.
Greg würde in einer Woche aus Antigua zurückkommen, und sie wurde bei Komodo gebraucht. Sie hatte vorgehabt, sofort wieder in ihre Wohnung zu ziehen, aber sie konnte ihre Mutter nicht einfach sich selbst überlassen, wenn sie aus dem Krankenhaus kam. Das ging einfach nicht. Sie musste erst mal bei ihr bleiben, zumindest für ein paar Wochen. Sie musste es irgendwie schaffen, ihren Job, Jill und – zum ersten Mal traute sie sich, diesen Gedanken zu Ende zu denken – die Scheidung unter einen Hut zu bekommen.
Sie stand auf und ließ die Katze herein. Schließlich schlief sie ein, eng an Kevin Costner gekuschelt.
Saffy hatte die Duftkerzen, die hübsche rosa Schmuckschatulle aus Marokko und die hohe Vase abgeräumt, und nun war der elegante Nachttisch ihrer Mutter mit Medikamenten und anderen Dingen bedeckt. Tablettenröhrchen. Rezepte. Taschentücher. Mullbinden. Feuchttücher. Desinfektionsmittel. Jill saß im Bett, ein paar Kissen im Rücken, ein Thermometer hing schlaff aus ihrem Mund wie eine Zigarette.
Saffy faltete die Bedienungsanleitung auseinander und las den Abschnitt, wie man die Drainage leert.
Bereitzuhalten sind: frische Gummihandschuhe, sauberer Auffangbecher zum Messen der Ausflussmenge, warmes Wasser, Seife, Waschlappen und Handtuch. Papier und Stift, um Ausflussmenge und weitere Daten zu notieren.
Ein Ende des Drainageschlauchs verschwand unter Jills Verband. Das andere war an einem Pumpball von der Größe einer Zitrone befestigt. Saffy zog sich das einzige Paar Gummihandschuhe über, das sie in der Küche hatte finden können, sie waren pink und die Bündchen im Leopardenmuster.
Lösen Sie die Befestigung der Drainage von der Kleidung des
Patienten.
Sie löste den Schlauch vom Pyjama ihrer Mutter. Sie hatte ihn noch auf dem Weg zum Krankenhaus gekauft. Jill hatte ein ganzes Fach voller sexy Nachthemdchen gehabt, aber nichts, was sich vorne aufknöpfen ließ.
»Das tut jetzt vielleicht ein bisschen weh, Mum. Ich bin ganz vorsichtig, ja?«
Jill sah sie aus großen, blauen Augen an.
Entfernen Sie den Verschluss der Drainagetülle. Halten Sie den Pumpball mit der Öffnung nach unten, um den Inhalt abzusaugen.
Saffy hielt die Luft an. Die Flüssigkeit tropfte langsam in den Auffangbecher. Sie drückte den Schlauch vorsichtig zusammen, damit die Luft entwich, und verschloss die Tülle wieder.
Notieren Sie Menge, Farbe und Geruch der Flüssigkeit.
Sie hatte gedacht, das würde schon alles zu schaffen sein. Als Saffy am Vorabend zum Krankenhaus gekommen war, war ihre Mutter bereits angezogen und fertig zur Abfahrt gewesen. Sie trug sogar Lippenstift, auch wenn sich davon mehr auf den Zähnen als auf den Lippen befand. Sie war ziemlich erschöpft, aber Saffy bugsierte sie ohne größere Probleme ins Auto, wieder heraus, in die Wohnung und ins Bett.
Worauf sie nicht vorbereitet war, obwohl Mr. Kenny sie gewarnt hatte, war die Müdigkeit. Nicht bei Jill, die allen Grund dazu hatte, sondern bei ihr selbst. Nachdem sie Jill hingelegt hatte, ging sie hinunter, warf den alten Verband in den Müll, spülte Auffangbecher und Schlauch aus und desinfizierte beides. Dann befahl sie ihren Füßen, sie zum Kühlschrank zu tragen, ein Huhn herauszunehmen und eine Suppe zu kochen, aber ihre Füße gehorchten nicht. Sie liefen einfach hoch in ihr Zimmer und an ihr Bett. Sie seufzte und legte sich hin, nur für zehn Minuten.
Saffy träumte, sie hätte einen Schwan überfahren. Sie saß im Auto und hatte Angst,
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