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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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grübelte. Daran, wie er sein
Kinn auf die Hand stützte und mit dem Zeigefinger die Barthaare kräuselte,
konnte Vitória erkennen, dass er ernsthaft über ihren Vorschlag nachdachte.
Gleich würde er sich am Ohrläppchen zupfen.
    »Vita, ich bin mir ganz sicher, dass du ein
gutes Händchen für Geld hast. Ich bin ebenfalls der Überzeugung, dass du nicht
aus persönlicher Gier handelst, sondern aus redlichen Gründen. Aber ich kann
nicht. Ich kann dir kein Geld geben, egal ob leihweise oder geschenkt oder als > Spielgeld < , wie du es nennst. Es ziemt sich nun einmal nicht für eine
Sinhazinha, dass sie sich so enthusiastisch mit Geld beschäftigt. Eine
verheiratete Senhora, ja, die darf das, aber ein lediges Mädchen untersteht
noch immer seinen Eltern.« Senhor Eduardo zupfte sich am Ohrläppchen und räusperte
sich. »Ich verstehe, dass du enttäuscht bist. Aber ich kann es nun einmal nicht
zulassen – deine Mutter würde kein Wort mehr mit mir sprechen.«
    Vitória war wütend. »Das ist es also? Sie haben
Angst vor Mamães Reaktion? Nun, vielleicht halten Sie sich einmal vor Augen,
dass ich es war, die in den vergangenen Jahren die Rolle der Senhora in diesem
Haus gespielt hat, während Dona Alma geruhte zu simulieren.«
    »Vita!«
    »Jawohl. Und vielleicht spreche ich ja auch kein
Wort mehr mit Ihnen, weil ich das Gefühl nicht loswerde, dass meine Stimme in
diesem Haus ohnehin kein Gewicht hat. Ich bin nur eine dumme Sinhazinha, nicht
wahr? Also, in Wahrheit, Papaizinho, ist es so, dass mich Ihre Geschäfte und
auch die Haushaltsführung schon lange überfordern. Ich sollte jetzt vielleicht
ein wenig ruhen, ich fühle mich plötzlich ganz schwach.« Vitória stand auf und
rannte in ihr Zimmer.
    Sie warf sich auf ihr Bett und stieß einen
trockenen Schluchzer aus. Aber Tränen wollten keine kommen. Nicht einmal heulen
konnte sie wie andere Mädchen, hemmungslos ins Kissen weinen, erbarmungswürdig
schluchzen und dabei klingen, als drohte ein Erstickungsanfall. Vitória schlug
mit der geballten Faust aufs Kopfkissen. Sie würden ja sehen, was sie davon
hatten! Die Abschaffung der Sklaverei, das war Vitória klar, würde den
Kaffeebaronen mit einem Schlag den Garaus machen. Sie hatte alle Zeitungen
verschlungen, mit Nachbarn, Händlern und Handwerkern gesprochen, und immer
hatte sie zwischen den Zeilen dasselbe gelesen, was sie bereits jetzt im
forscheren Verhalten der Schwarzen spürte: Bald wären die Sklaven frei. Wenn
die Ernte ausschließlich von Lohnarbeitern eingeholt werden musste, würde für
sie, die Familie da Silva, kein Gewinn mehr abfallen. Die Fazenda verlöre von
einem Tag auf den anderen ihren Wert. Ihr luxuriöses Leben würden sie dann
aufgeben müssen, und um sich ein Minimum an Lebensqualität zu bewahren, würden
sie alle Wertgegenstände veräußern müssen. Die alten Meister, das kostbare
Porzellan, die venezianischen Lüster, die chinesischen und persischen Teppiche –
es sähe auf Boavista dann bald so aus wie auf Florenca, bevor Eufrásia Arnaldo
geheiratet hatte. Wobei es auf Florenca dann ebenfalls wieder so aussähe,
desgleichen auf allen anderen Fazendas im Vale. Ihnen allen drohte dasselbe
Schicksal.
    Warum nur glaubte ihr niemand? Waren denn alle
blind? Sie, Vitória, wollte doch nichts weiter, als das Schlimmste abzuwenden.
Noch waren sie reich, noch hatten sie die Gelegenheit, ihr Geld so zu
investieren, dass es auch nach der Abolition noch schöne Gewinne abwerfen würde.
Musste sie, um ihre Familie zu retten, tatsächlich Edmundo heiraten? Nein, das
war es nicht wert. Lieber wollte sie für den Rest ihres Lebens in Lumpen gehen
und in einer Hütte hausen, als diesen unerträglichen Versager zu ehelichen.
Himmel, ihre Eltern konnten doch unmöglich einen solchen Schwiegersohn wollen?
Oder gar Enkel, die dessen Züge trugen, die dessen Schwächen hatten, die dessen
Dummheit erbten? Niemals!
    Nun gut, dann würde sie eben tatenlos zusehen, wie
sich ihr Vater ruinierte, wie er die Familie ins Unglück riss, nur weil er so
vor Dona Alma kuschte. Bitte sehr. Diejenige, die darunter am meisten leiden würde,
war schließlich Dona Alma selber. Vitória erwischte sich bei der boshaften
Vorstellung, wie ihre Mutter, ohne Hilfe von Personal, ohne die teure »Medizin«
und ohne jeden Komfort in einem bescheidenen Häuschen vor sich hin siechte –
sie hätte es nicht besser verdient.
    Plötzlich hatte Vitória eine Idee. Wenn sie
Teile ihres Schmucks versetzte, könnte sie ein

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