Ana Veloso
das alle Damen im Bekanntenkreis hinter vorgehaltener
Hand diskutierten.
»Oh, darüber weiß ich nichts. Aber da Rubem ein
unverbesserlicher Frauenheld und Isabel ja mit dem zweiten Kind schwanger ist,
nun ja, könnte man gewisse Rückschlüsse ziehen ...«
»Isabel bekommt schon wieder ein Kind?!«
»Ja, die Ärmste. Womöglich ist sogar sie es, die
ihren Mann in diese Häuser schickt, damit er ...«
»Um Gottes willen, Vitória, Eufrásia! Das geht
jetzt aber zu weit. Solchen unappetitlichen Spekulationen wollen wir uns nicht
hingeben.«
Natürlich wollten sie – die Blicke, die die
beiden Freundinnen austauschten, waren unmissverständlich. Eufrásia und Vitória
brachen gleichzeitig in Lachen aus.
»Sie haben vollkommen Recht, Dona Iolanda.« Vitória
hatte sich als Erste wieder gefangen. »Die sonderbaren Bedürfnisse der Männer
sind kein Thema für so einen beschaulichen Nachmittag unter Damen. Nicht, dass
ich viel davon verstünde ...« Vitória zwinkerte Eufrásia zu. »Weniger
wahrscheinlich als die arme Florinda, die, wenn man dem Gerede der Leute
Glauben schenken darf, in Kürze heiraten muss.«
»Nein!«, riefen Eufrásia und ihre
Schwiegermutter wie aus einem Mund. »Und wer ist der Glückliche?«
»Der Mann heißt Miguel Coelho. Er ist Florindas
Klavierlehrer, arm wie eine Kirchenmaus und so hässlich, dass Florinda neben
ihm wie eine strahlende Schönheit wirkt.«
»Mein Gott!« Eufrásia stand die Schadenfreude
ins Gesicht geschrieben. Mit einer so skandalösen Neuigkeit hatte sie nicht
gerechnet.
»Vielleicht«, warf Dona Iolanda ein, nachdem sie
Vitória mit ihren penetranten Fragen sämtliche Details entlockt hatte, »ist das
alles gar nicht so schlimm. Trotz des Reichtums ihrer Familie war ja, wenn mich
nicht alles täuscht, kein Verehrer weit und breit in Sicht. In zehn Jahren,
ach, was rede ich da, in nicht einmal drei Jahren ist Gras über die Sache
gewachsen. Der Klavierlehrer wird lernen, sich wie ein Senhor zu benehmen, es
werden weitere Kinder kommen, und Florinda wird in ihrer Mutterrolle aufblühen.
Ja, so gesehen ist es wahrscheinlich sogar das Beste, was dem armen Mädchen
passieren konnte. Nichts ist schrecklicher für eine Frau, als alte Jungfer zu
enden.« Bei den letzten Worten sah Dona Iolanda Vitória mitleidig an.
»Ja, ein tragisches Los. Noch furchtbarer finde
ich persönlich es allerdings für eine junge Frau, in eine Familie
einzuheiraten, die sie aller Freiheiten, Rechte und Privilegien einer Ehefrau
beraubt. Ich weiß natürlich«, fügte Vitória beschwichtigend hinzu, nachdem sie
Eufrásias entsetzte Miene wahrgenommen hatte, »dass diese Fälle äußerst selten
sind.«
Dona Iolanda ließ sich nicht anmerken, wie empört
sie angesichts dieses unverhohlenen Affronts war, doch wenig später zog sie
sich zurück. »Leider muss ich mich jetzt weniger vergnüglichen Angelegenheiten
widmen. Aber heute Abend werden wir ja noch ausreichend Gelegenheit haben,
weiter zu plaudern.«
Als Dona Iolanda den Salon verlassen hatte, sah
Vitória fragend ihre Freundin an.
»Sag nichts. Davon wird es auch nicht besser.«
Eufrásia nahm einen Schluck Tee und drehte sich zu dem Mädchen um. »Zuca, was
stehst du da und machst große Ohren? Lass uns gefälligst allein.« Zuca schaute
beleidigt, knickste und knallte die Tür hinter sich zu. »Himmel, wie hältst du
das aus? Warum lässt du dir das bieten?«
»Die Neger haben sich alle gegen mich
verschworen. Sie sind faul und frech und spionieren mir hinterher.«
»Ich meinte nicht das Mädchen. Ich meine Dona
Iolanda. Wie kannst du es ertragen, dass sie dich so bevormundet?«
»Gegen diese Frau ist kein Kraut gewachsen.
Glaub mir, Vita, ich habe es mit Frechheit und mit Sanftmut, mit offener
Rebellion und kleinen gemeinen Intrigen versucht. Aber Dona Iolanda ist mir in
dieser Hinsicht haushoch überlegen. Sie kennt Mittel und Wege, die Menschen zu
demütigen, dagegen bin ich machtlos. Und seit ich mich ihr unterworfen habe,
ist mein Leben auf São Luiz weitaus angenehmer, als es zu Beginn war.«
»Aber unternimmt denn Arnaldo gar nichts?«
»Arnaldo? Ha, der denkt doch, seine Mutter sei
eine Heilige. Wenn ich ihm erzähle, wie übel sie mir mitspielt, glaubt er mir
einfach nicht. Er hält mich für eine Lügnerin und Dona Iolanda für ein Opfer
meiner Boshaftigkeit. Weißt du, Vita, irgendwann habe ich begriffen, dass es überhaupt
nichts nützt, mich über diese Schlange zu beschweren, sondern mir im Gegenteil
nur noch
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