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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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schöner.«
Er bewunderte seine Schwester, die, in einer ganz und gar uncharakteristischen
Anwandlung von Koketterie, vor ihm eine Pirouette drehte. Es lag sicher an der
Aufregung.
    »Gefällt dir mein Kleid, ja? Ich wollte dir ja
vor deinen Freunden keine Schande machen.«
    »Was plapperst du für einen Unsinn, Vita? Du würdest
selbst in Lumpen noch aussehen wie eine Königin. So, aber nun lerne erst einmal
unsere Gäste kennen. Das hier ist mein Studienkollege João Henrique de Barros,
der vielversprechendste Mediziner unter unserer tropischen Sonne.«
    Der Mann ergriff die Hand, die Vitória ihm
darbot, und hauchte mit einer eleganten Verbeugung einen Kuss darauf.
    »Meine Verehrung, Senhorita Vitória. Ihr Bruder
hat uns schon viel von Ihnen erzählt. Nur Ihre atemberaubende Schönheit vergaß
er zu erwähnen.« Vitória schätzte ihn auf Mitte zwanzig, ein klein wenig älter
als ihren Bruder. João Henrique de Barros trug einen Backenbart und war äußerst
modisch gekleidet. Ein Schmeichler und Geck. Vitória fand ihn auf Anhieb unsympathisch.
Seine Stimme hatte einen quengelnden Unterton, und obwohl er nicht als hässlich
zu bezeichnen war, gefiel Vitória auch sein Aussehen nicht. Er hatte eine
leicht fliehende Stirn, und seine kleinen Augen lagen in tiefen, faltigen Höhlen.
Dieser grässliche Engländer, Charles Darwin, schien vielleicht doch Recht zu
haben mit seiner schockierenden Theorie. João Henrique de Barros jedenfalls
stammte definitiv vom Affen ab.
    »Und das hier«, fuhr Pedro fort und schob dabei
einen kleinen Rothaarigen nach vorn, »ist Aaron Nogueira, der just seinen
Magister der Jurisprudenz erwarb. Ein Winkeladvokat also, aber einer der ganz
listigen Sorte.«
    »Senhorita!« Aaron Nogueira gab Vitória einen
Handkuss. Vor Aufregung brachte er kein weiteres Wort heraus. Tausend Dinge hätte
er sagen mögen, unzählige Komplimente und Artigkeiten schwirrten in seinem Kopf
herum – doch im entscheidenden Augenblick fiel ihm nichts Passenderes als
Schweigen ein.
    »Was ist los mit dir, Aaron? Hat es dir die
Sprache verschlagen?« Und zu Vitória gewandt erklärte Pedro: »Vor Gericht ist
er nicht so schüchtern. Im Gegenteil, da kann er reden, dass einem davon ganz
schwindlig wird.«
    Auf Aaron Nogueiras Gesicht legte sich ein
schiefes Lächeln, das seine Grübchen betonte und ihm einen schelmischen
Ausdruck verlieh. Er hatte sich langsam wieder in der Gewalt. »Eben drum. Ihr könnt
doch nicht ernsthaft wollen, dass die bezaubernde Dame einen Schwindelanfall
erleidet!«
    Vitória mochte den Mann. »Da seien Sie ganz
beruhigt. Ich pflege Männer nicht mit Ohnmachten aus der Fassung zu bringen,
sondern mit meiner Geistesgegenwart.«
    »Wie erfrischend – eine Sinhazinha, die denken
kann!«, warf João Henrique ein.
    »Fast so erfrischend wie ein Arzt, der ehrlich
ist«, erwiderte Vitória ungerührt. »Oder«, sagte sie zu Aaron, »wie ein
Advokat, der schüchtern ist.« Sie lächelte ihn dabei freundlich an, und Aaron
war hingerissen.
    Pedro schien das alles nichts anzugehen. Munter
plauderte er weiter: »Tja, und unseren Helden der Unterdrückten und
Geknechteten müsstest du ja schon kennen gelernt haben. Er wollte vor uns hier
eintreffen. Wo steckt er überhaupt?«
    »Wer?« Vitória sah ihren Bruder entgeistert an.
    »Na, León Castro.«
    »Hier ist kein León Castro angekommen.«
    »Das gibt's doch nicht. Er ist einen Tag vor uns
abgereist. Ob er sich verirrt hat?«
    »Bevor wir diese Frage klären: Kommt erst mal
herein und nehmt eine Erfrischung. Dann«, und damit wandte sich Vitória an
Aaron Nogueira und João Henrique de Barros, »werde ich Ihnen Ihre Zimmer
zeigen. Felix wird Ihr Gepäck hinauftragen. Nehmen Sie sich zum Umziehen so
viel Zeit, wie Sie möchten – gegessen wird erst, sobald Sie dazu bereit sind.«
    Die drei Männer stellten ihre Taschen in der
Halle ab und folgten Vitória zur Veranda. Pedro nahm Platz in dem Schaukelstuhl,
João Henrique de Barros und Aaron Nogueira setzten sich nebeneinander auf die
Holzbank, auf die Vitória die bestickten Samtkissen aus dem Salon gelegt hatte.
Sie selber rückte sich einen Korbstuhl heran. Kaum dass alle saßen, kam Miranda
mit einem riesigen Tablett und brachte Kaffee, Limonade, salziges Gebäck sowie
Konfekt. Vitória half ihr, Tassen, Gläser und Schalen auf dem Tisch zu
verteilen. Die Sonne stand tief am Himmel und tauchte alles in ein warmes
Licht. Aaron konnte die Augen kaum von Vitória abwenden. In ihrem Haar, das

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