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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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seinen neuen Freund an, als sei der
von allen guten Geistern verlassen. »Es war doch nur ein kleines Missgeschick.
Kein Grund, sich so aufzuregen.«
    »Ich habe genug von hier. Lass uns gehen.«
    Im Flur kamen sie an einem Raum vorbei, dessen Tür
halb geöffnet war und in dem mehrere Männer und Frauen ausgestreckt auf Matten
lagen, als warteten sie auf ihren baldigen Tod. Der Geruch, der aus dem Raum
drang, war Pedro nicht bekannt, doch er vermutete, dass es sich um Opium
handelte. Mein Gott, nichts wie weg hier!, dachte er.
    Als sie durch die Schwingtür ins Freie traten,
schlug ihnen feuchtkalte Luft entgegen. Es regnete.

XXXI
    Félix war schon nicht mehr so sicher, ob er
nicht lieber ein stummes Kind gehabt hätte. Das Baby schrie ununterbrochen. Es
schrie, wenn es Hunger hatte, und es schrie, wenn es gesättigt war. Es schrie
den ganzen Tag und die halbe Nacht. Félix hatte keine Ahnung, was Fernanda
falsch machte, und noch viel weniger begriff er, warum sie ihn so anfuhr, wenn
er sie danach fragte. Eines aber wusste er mit Bestimmtheit: So konnte es nicht
weitergehen. Sie würden beide durchdrehen, würden sich in brüllende Wüteriche
verwandeln, wie das Kind einer war. Sie mussten sofort etwas unternehmen. Könnten
sie nicht zum Beispiel eine Amme beschäftigen? Fernanda hätte wieder mehr Zeit
für andere Dinge, würde ihm im Laden helfen können, wo er weiß Gott Unterstützung
gebrauchen konnte, sie würde wieder einen klaren Kopf bekommen. Ja, eine Amme wäre
die Lösung.
    Félix kritzelte seinen Geistesblitz auf den
Notizblock, der die sperrige Tafel ersetzt hatte, seit er in einem
Schreibwarenladen arbeitete.
    »Du bist ja total übergeschnappt«, sagte
Fernanda. »Hältst du dich jetzt schon für einen weißen Senhor?«
    Nein, aber für einen Mann, der gern bereit war,
diese Zusatzausgabe zu tragen, wenn er dafür eine frohere Frau hätte.
    »Bitte, schlag in dieselbe Kerbe wie die
Nachbarn! Sag du mir jetzt auch noch, was ich für eine unfähige Mutter bin.«
    Keine unfähige, nur eine überforderte Mutter sei
sie, antwortete Félix, nicht ganz aufrichtig. So klug seine Fernanda auch war –
als Mutter war sie ein Reinfall.
    »Wir können uns das nicht leisten, Félix. Hier
im Viertel würde niemand ihn nehmen. Sie alle wissen, was Felipe für ein
Schreikind ist. Und wenn wir ihn woanders abgeben müssten, dann würde uns das
viel Zeit und Geld kosten.«
    Na und? Félix fand, dass es das wert war.
    Fernanda wischte sich verstohlen eine Träne weg.
Wie oft hatte sie davon geträumt, Felipe einfach irgendwo abliefern zu können
und für ein paar Stunden täglich Ruhe zu haben, ein wenig schlafen zu können
und zur Besinnung zu kommen. Niemals hätte sie es gewagt, Félix diesen
Vorschlag zu unterbreiten. Für eine kleinbürgerliche Familie, wie sie jetzt
eine waren, gehörte aufopfernde Mütterlichkeit zum guten Ton. Nur sehr reiche
Weiße gaben ihre Kinder ab – oder sehr arme Menschen, ledige Frauen, die schon
ein paar Tage nach der Geburt wieder arbeiten gehen mussten, um ihre Anstellung
nicht zu verlieren. Aber eine gesunde Frau wie sie, die genügend Milch hatte,
einen Mann, der sie versorgte, und ein eigenes schmuckes Haus, durfte ihr Kind
nicht aus purem Egoismus in andere Hände geben.
    Félix küsste Fernanda sanft auf die Lippen. Außerdem,
erklärte er ihr, brauche er sie im Geschäft. Die Verkäufer taugten alle nichts,
seien unfreundlich, unehrlich oder beides. Sie müsse diese ganze Bande
beaufsichtigen, weil er allein es nicht schaffe.
    Fernanda lächelte.
    »Du meinst, ich soll lieber auf diese Bande
aufpassen als auf mein eigenes Kind? Eine sehr verworrene Logik hast du. Aber
weißt du was? Im Augenblick erscheint mir die wildeste Horde einfacher zu bändigen
als Felipe. Aber – glaubst du denn, ich könnte das?«
    Fernanda hatte zu viel Zeit allein mit einem
Wesen verbracht, das ihre ganze Aufmerksamkeit beanspruchte, ihr dafür aber nichts
als Undank entgegenbrachte. Sie fühlte sich nutzlos, dumm und nicht in der
Lage, irgendeiner anderen als der Hausarbeit nachzugehen. Sie hatte jedes
Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten verloren. Die Zeiten, da sie als Lehrerin
gearbeitet hatte, von Schülern wie Kollegen gleichermaßen geschätzt, gehörten
einer anderen Ara an. Ihre Arbeit im Laden, bei der sie großen Elan und noch
mehr Geschick gezeigt hatte, schien ihr eine Ewigkeit her zu sein. Das war eine
andere Fernanda gewesen, eine junge, starke, entschlossene Frau und nicht

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