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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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schöne, feige, stolze, kluge Vita. Ich
werde kommen – als Ihr Sklave. Verlassen Sie sich drauf.« Wie zufällig berührten
seine Lippen ihren Hals.
    Noch Stunden, nachdem Vitória wieder zu Hause
war, glaubte sie, jeder müsse die Stelle an ihrem Hals rot glühen sehen, so
sehr brannte der Kuss auf ihrer Haut. Aber das war nichts im Vergleich zu dem
lichterlohen Feuer, das in ihrem Herzen brannte.

IX
    Wie die Zeit raste! Hatte Vitória zunächst
geglaubt, die knapp drei Monate bis zu dem großen Fest seien eine unerträglich
lange Zeit, so stellte sie jetzt fest, dass sie wie im Fluge vergangen waren.
Die Weihnachtstage hatte die Familie in großer Harmonie verbracht, an Silvester
waren sie gemeinsam nach Valença gefahren, um sich das Feuerwerk anzusehen und
am Ball im Hotel Lisboa teilzunehmen, wo sie auch übernachteten. Im Januar
hatten sie auf die übliche Reise nach Petrópolis verzichtet, um sich den
Vorbereitungen für das große Fest widmen zu können. Vitória hatte diese Zeit
genossen. Von ihren Freunden und Bekannten war kaum jemand im Vale, fast alle
machten Urlaub in den Bergen. Da sich dank der Ferienzeit auch ihr
Arbeitspensum verringert hatte, blieb Vitória viel Zeit und Muße, um
auszureiten oder schwimmen zu gehen. Dona Alma und Luiza hatten sich zwar verbündet,
um ihr diese Stunden in der Natur auszureden – »du wirst noch braun wie ein
Mischlingskind!« –, aber Vitória pfiff auf die Meinung der beiden ebenso wie
auf ihren zarten Teint. Als einziges Zugeständnis trug sie Hüte mit großer
Krempe, die ihr Gesicht schützten, sowie langärmlige Kleider. Außerdem hielt
sie sich weitestgehend im Schatten auf und bevorzugte die frühen Morgen- und
die späten Nachmittagsstunden für ihre Ausflüge. Tatsächlich hatte sie Anfang
Februar, nachdem sie vier Wochen lang das schöne Sommerwetter genossen hatte,
nur einen Hauch von Farbe. Genug, um sie frisch und erholt aussehen zu lassen,
aber nicht genug, um unfein zu wirken.
    Und jetzt war es endlich so weit. Über hundertfünfzig
Gäste wurden übermorgen erwartet, Nachbarn und Bekannte aus dem Vale do Paraíba
größtenteils, aber auch viele Freunde von Pedro aus Rio und Geschäftsfreunde
ihres Vaters aus anderen Teilen des Landes. Einige von ihnen würden hier auf
Boavista schlafen, andere hatten sie in den Nachbar-Fazendas sowie in Hotels in
Valença oder Vassouras untergebracht. Vitória würde ihr Zimmer mit Joana teilen
müssen. Unter anderen Umständen hätte sie das als lästig empfunden, jetzt aber
trug es nur zu ihrer aufgeregten Stimmung und der allgemeinen Erregung, die sie
erfasst hatte, bei. Sie freute sich darauf, sich gemeinsam mit ihrer zukünftigen
Schwägerin zurechtzumachen und sich mit ihr auszutauschen.
    Boavista war nicht mehr wiederzuerkennen. Im
gesamten Erdgeschoss hatte man die Möbel an die Wände gestellt, um der vielen Gäste
Herr zu werden. Die Flügeltüren zwischen Salon und Esszimmer standen weit auf,
ebenso die Türen zu dem angrenzenden Arbeitszimmer, das beinahe vollständig
ausgeräumt worden war. Insgesamt verfügten sie so über eine Raumflucht von fast
einhundert Quadratmetern. Hinter der Veranda war außerdem ein Zelt errichtet
worden, zu dem ein ebenfalls mit Zelttuch überdachter Gang führte. Die Gäste,
die sich abseits der Tanzfläche und unbehelligt von dem Lärm der Kapelle
unterhalten wollten, und das waren erfahrungsgemäß die meisten, würden selbst
bei Regen trockenen Fußes zu dem Zelt gelangen, in dem eine Bar sowie ein
weiterer Tisch mit Speisen aufgebaut wurden. Einzig einem schweren
Gewittersturm wäre das Zelt nicht gewachsen.
    Vitória hatte sich eine Kostümierung ausgedacht,
die nicht so leicht umzusetzen war, die aber, wenn sie gelang, Furore machen würde.
Vitória wollte einen Kaffeestrauch darstellen.
    »Was für eine verrückte Idee«, hatte Dona Alma
sich anfangs aufgeregt, »warum kannst du dich nicht, wie andere junge Damen
auch, als Madame Pompadour verkleiden?«
    »Wir werden sehr viele Madame Pompadours hier
haben, aber sicherlich nur einen Kaffeestrauch.« Dann erklärte Vitória ihrer
Mutter, wie sie sich ihr Kostüm vorstellte, und schließlich hatte Dona Alma ein
Einsehen. »Also von mir aus. Das klingt ja immerhin danach, als wolltest du
dich nicht gar zu sehr entstellen.«
    Nichts lag Vitória ferner. Sie wollte an ihrem
Geburtstag nicht nur schön sein, sondern einen überwältigenden Auftritt
hinlegen. Und das würde ihr mit ihrem Kostüm auch gelingen. Das

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