Analog 08
der Waffe des Captains von den Asbeststreifen reflektiert wird, mit dem Erfolg, daß sie ihn brät?“ fragte Ulysses skeptisch.
„Nein, ich vermute, es war ein Reflex, um sich gegen kleinere, schnellere Eindringlinge zur Wehr zu setzen. Daß sich der Pirat selbst gebraten hat – falls dies tatsächlich passiert ist –, war ein unerwartetes Nebenprodukt. Nein, halt, mal überlegen. Mostrichs Hügel sind ungefähr zweimal so lang wie er selbst. Sie können eine Kugel von, hmmm, ungefähr dreißig Metern Umfang bilden. Wenn er diese Kugel verkleinert, den Innenraum luftdicht hält, so daß die entstehende Hitze nicht entweichen kann …“
„Hmmmm.“ Menny dachte darüber nach. „Temperatur und Druck würden so hoch ansteigen …“
„Ein kleineres Tier würde dadurch lange genug kampfunfähig gemacht, um Mostrich Gelegenheit zu geben, es zu zerstampfen. Wir haben uns doch über diesen zusätzlichen Nervenknoten am Schwanzende gewundert. Jetzt wissen wir, wofür er gut ist.“ Pause. „Was ich allerdings nicht verstehe ist, warum der Schwarm verschwunden ist …“
Johntrude nahm seinen/ihren Daumen aus dem Mund. „Menscheneltern essen doch nicht ihre Kinder, oder? Kinder ihre Eltern auch nicht.“
Sie alle drehten sich um und starrten ihn/sie an.
„Habt ihr sie nicht gehört? Ich ja. Sie sind irgendwie so wie ihr, auseinandergetrennt. Aber wenn sie groß genug sind, werden sie ein Ganzes, so wie ich. Mostrich ist noch zu jung, aber später …“
„Wie meinst du das“, fragte Gina, „du hörtest sie?“ (Aber Copper blickte zu Menny – er nickte.)
„Nein, nicht gehört. Sie … sie versuchten, sich mit Mostrich zu vereinigen, vollständig zu werden, zu ihrem eigentlichen Ganzen. Aber das können sie noch nicht, weil Mostrich noch zu jung ist. Irgendwie war ich mit ihnen vereinigt, vielleicht, weil ich vollständig bin. Und während sie versuchten, sich zu vereinigen, wußten sie. Und ich wußte auch. Jetzt haben sie alles wieder vergessen, Mostrich auch, das meiste zumindest, aber wenn die richtige Zeit gekommen ist, erinnern sie sich wieder. Natürlich werden sie dann das Getreide nicht fressen. Mostrich braucht sie. Sie gehören ihm – nein, noch nicht, er ist zu jung. Aber sie sind seine Kinder, wenn er vollständig ist. Dann sind sie seine Frau und sein Verstand.“
Langsam versuchte das Kind, mit seinem beschränkten Wortschatz zu erklären, während die anderen ins Haus gingen, um zu sehen, was sie für Jomo tun konnten. Leider nicht viel, denn er zuckte immer noch in Krämpfen hin und her.
„Was wir Dracheneier nennen, sind wirklich Eier. Nur Mostrich ist nicht alt genug, noch nicht vollständig. Deshalb können die Eier nicht … sie sind nicht …“
„Fruchtbar“, ergänzte einer der Erwachsenen.
„Sie können noch nicht Lokes werden. Wenn Mostrich fertig ist, schlüpfen sie aus, ein ganzer Schwarm. Seht ihr, wenn Mostrich fertig ist, viel größer ist, entwickeln sich kleine Taschen, überall auf seiner Haut. Viele Lokes gehen dann da hinein und leben. Sie sind dann ein Teil von Mostrich. Er ist nur so vollständig. Sie machen auch, daß er mehr Verstand hat …“
„Diese unvollständigen Nervengewebe!“
„Ja. Und wenn er vollständig ist, geht er mit einem anderen Drachen und wird Vati von anderen Dracheneiern sein. Und der andere Drache wird Vati von seinen Dracheneiern. Die sind dann … tja. Sie schlüpfen und werden Lokes.“
„Du meinst, die Lokes wachsen, um Drachen zu werden?“ fragte Ulysses.
„Nicht direkt. Einige vereinigen sich mit fertigen Drachen. So werden sie zu einer Drachenfrau mit Eigenhirn. Der Rest vereinigt sich in einer … in einer riesigen Schale, im Süden, wo es warm ist. Da schlafen sie und wachsen zusammen und verändern sich – den ganzen Winter hindurch. Und wenn der Frühling kommt, bricht die Schale auf, und ein Drache kommt heraus. Der ist wie Mostrich, unvollständig, aber er frißt und wächst und frißt …“
„Mutter, der Reproduktionskreislauf“, murmelte Gina. „Metamorphose, Wachstum, Symbiose, geschlechtliche Vereinigung, Eier, geschlechtslose Neutren …“
Durch die offene Tür hörten sie Mostrichs friedliches Kauen.
„Wir müssen uns von Mostrich verabschieden“, sagte Ulysses.
„Nein“, jammerte Deede und rannte hinaus, um ihren Liebling zu kosen.
Einige der Erwachsenen und alle Kinder liefen ihr nach. Die anderen sorgten, so gut sie konnten, für Jomo.
„Warum?“ fragte Gina.
„Zu gefährlich.
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