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Analog 08

Analog 08

Titel: Analog 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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Eindringling in die Sonne stürzen will. Gibt es bereits Vermutungen?“
    „Ich glaube, ich habe eine logische Erklärung, Herr Kanzler.“ Ein alter Mann hatte diesen Satz gesprochen. Es war Horan Roth, der Chef-Astrophysiker im Chiron Institut.
    „Fahren Sie fort, Herr Doktor“, sagte Nordli.
    Roth legte die Hände ineinander. „Die Geschwindigkeit eines Staustrahltriebwerks wird nicht von der Relativität begrenzt, sondern von der Reibung im interstellaren Medium. Ich will Ihnen die Mathematik ersparen – unter dem Strich ergibt sich, daß die Obergrenze der Schiffsgeschwindigkeit bei der Ausstoßgeschwindigkeit des Auspuffs liegt. Wenn man nun eine Magnetschaufel benutzt und mit ihr Wasserstoff aufnimmt, der zu Helium verschmolzen wird, und die frei werdende Energie benutzt, um dieses Helium durch den Auspuff wieder auszustoßen, ergibt sich, daß die so erreichte Geschwindigkeit etwa zwölf Prozent der Lichtgeschwindigkeit beträgt.“
    „Aber der Eindringling bewegt sich deutlich schneller“, protestierte Wu-Sin.
    „Das stimmt.“ Roth nickte. „Offenbar benutzen sie eine Art Nachbeschleuniger, um ihre Ausstoßgeschwindigkeit zu erhöhen. Aber dazu braucht es Energie, dazu benötigen sie zusätzlichen Brennstoff.“
    „Ich verstehe“, murmelte Nordli, „sie müssen Wasserstoff mit sich führen, den sie im interstellaren Bereich nicht ersetzen können. Daher tauchen sie gelegentlich in eine Sonne ein, um ihre Tanks aufzufüllen?“
    „So scheint es zu sein.“
    „Dr. Du Bellay, Sie sind doch ein Experte für fremde Kulturen, nicht wahr?“ fragte Nordli.
    „In gewisser Hinsicht schon, Sir“, antwortete Du Bellay. „Man muß allerdings berücksichtigen, daß wir nur tote Zivilisationen untersucht haben, eine Handvoll übrigens nur.“
    „Ja. Wie stehen Ihrer Meinung nach die Chancen, einen Kontakt zu den Fremden herzustellen? Glauben Sie, wir könnten ihre Handlungen überhaupt beeinflussen?“
    Du Bellay runzelte die Stirn. „Ich fürchte, ich kann Ihnen auf beide Fragen keine befriedigende Antwort geben.“ Er sprach sehr langsam. „Es stimmt zwar, daß verschiedene Wissenschaftler sogenannte Erstkontaktschlüssel erarbeitet haben, für den Fall, daß wir einmal einer intelligenten Spezies begegnen. Aber man muß auch berücksichtigen, daß wir einen beträchtlichen Zeitraum benötigen, um den Fremden unsere Sprache verständlich zu machen, und diese Zeit haben wir nicht … Wir besitzen kein Schiff, das neben dem Eindringling herfliegen könnte, daher müßten wir alle Mitteilungen an sie in kurze, stark verdichtete Datenblöcke zusammenfassen. Und selbst wenn wir einmal annehmen, daß sie in der Lage sind, die Wellenlänge, auf der wir senden, zu empfangen … In ihrem Zeitraum bleiben ihnen nur noch sieben oder acht Stunden, um unsere Botschaft zu entziffern.“
    „Ich stimme mit Dr. Du Bellay überein“, warf General Carey ein. „Übrigens haben wir bereits einige Tachschiffe hinauf geschickt, die genau das versuchen sollen. Wir rechnen allerdings nicht damit, daß etwas dabei herauskommt.“
    „Vielleicht könnten wir sie auf eine andere Weise von unserer Existenz in Kenntnis setzen“, schlug Evelyn Woodcock, Nordlis Beraterin, vor. „Wenn man einen Fusionsantrieb auf sie richtete, den man regelmäßig an- und abschaltet. Das würden sie sicher bemerken.“
    „Und wie geht es weiter?“ fragte Carey.
    „Wieso? Dann werden sie gewiß ihren Kurs ändern.“
    „Und ihr eigenes Unternehmen aufgeben? Wenn es sich um ein Kolonistenschiff handelt, dann ist ihre Versorgung vermutlich sehr knapp bemessen. Es kann sein, daß sie sterben müssen, wenn sie ihren Kurs ändern. Bei der Geschwindigkeit, die sie vorlegen, können wir ihnen auch nicht anbieten, sie aufzutanken.“
    „Es gibt auch noch eine besorgniserregendere Möglichkeit“, sagte Nordli ruhig. „Diese Art der Auftanktechnik könnte auch den Sinn haben, gleichzeitig das Leben in diesem System abzutöten, um eine spätere Kolonisation zu erleichtern.“
    „Ich halte es nicht für gerecht, wenn man ihnen solche Motive unterstellt, ohne Beweise vorzulegen“, sagte Du Bellay. Es war eher ein Reflex als Überzeugung, der ihn zu diesem Satz veranlaßte, schätzte Carey, denn der Archäologe wirkte ebenso beunruhigt wie alle anderen.
    „So?“ Der Kanzler sah ihn überrascht an. „Eigentlich spielt es keine Rolle. Was zählt ist nur, daß uns der Eindringling mit totaler Vernichtung droht. Wir müssen ihn aufhalten.“
    Wu-Sin

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