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Analog 3

Analog 3

Titel: Analog 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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hätte meine Meinung geändert, weil ich sie behalten wollte …
    „Ich würde jedoch meine Pflichten vernachlässigen“, fuhr Fledermaus fort, und seine Zunge umspielte seine Zähne, „erweckte ich den Anschein, ich hielte Sie für eine geeignete Stellenbewerberin, solange Sie ihr Buch nicht endlich abgeschlossen haben. Natürlich soll das kein Werturteil sein, he, he, he …“
    Du kannst dich selbst, he he he.
    „… ich vermute jedoch, daß Sie – sicherlich nur ein ganz kleen wenig – Ihre wissenschaftliche Tätigkeit vernachlässigt haben, um Ihre Lehrtätigkeit zu perfektionieren.“
    Eine Lehrverpflichtung von 24 Wochenstunden. Sprechstunden, Wachdienst und nie enden wollende Fakultätssitzungen: das konnte man schon Vernachlässigung der wissenschaftlichen Tätigkeit nennen. Zumindest die fest angestellten Professoren taten es. So sehr ich sie haßte, ihr Vorgehen haßte, eine elende Zukunft bei Katzenfutter (wozu ihre Pension gerade noch langte) durch Unterrichten solange hinauszuschieben, bis sie an Altersschwäche umsanken (längst nachdem ihre kritischen Fähigkeiten verrottet waren), beneidete ich sie jetzt auch. Ihre winzigen Gehirne mußten sie sich bewahren.
    Feldermaus nickte wohlwollend.
    „Ich bin so frei, Ihnen einen Vorschlag zu machen. Vielleicht könnten Sie bis Jahresende zu Teilzeitarbeit übergehen, natürlich mit einer entsprechenden Gehaltsverminderung, dann wären Sie vielleicht imstande, Ihr Buch fertigzuschreiben. Natürlich …“
    Das plötzliche Aufschießen von Furcht, Hoffnung und unterwürfiger Dankbarkeit ließ einen Haß auf mich selbst in mir aufsteigen. War das nicht genau das, was Mike vorhergesagt hatte? ‚Sherry, du wirst ihnen für einen verschimmelten Knochen die Stiefel lecken!‘ Er hatte recht gehabt, der Teufel hole ihn. Und mich hole der Teufel noch mehr, weil ich nicht gleich auf ihn gehört habe.
    „Es ist natürlich möglich, daß einige Lehrstuhlangehörige Einwände haben, aber natürlich werde ich mich für Ihre Bewerbung einsetzen.“
    „Danke“, intonierte ich pflichtgemäß. „Ich weiß Ihr Angebot einer möglichen Teilzeitbeschäftigung zu schätzen.“ Am selben Nachmittag noch würde ich eine Einwilligungserklärung an Fledermaus senden (mit einem Durchschlag für die Gewerkschaft, für den Fall, daß Fledermaus seine Zusage nicht einhalten wollte).
    Teilzeitbeschäftigung hieß volle Arbeit bei Teilbezahlung. Genau wie es Mike vorausgesagt hatte, hatte Struldbrugg den üblichen Trick angewandt und ohne Gegenleistung etwas erhalten. Aber was blieb mir schon anderes übrig?
    Vielleicht hatte ich Mike für seinen Plan, die ganze Seniorfakultät von Struldbrugg zum Lehren oder Vortragen unfähig zu machen, nur einen unstandesgemäß denkenden Wahnsinnigen und nicht einen Kriminellen genannt.
    Die Unkündbarkeit glitzerte in Fledermaus’ Augäpfeln, als er mich, vom eigenen Mitgefühl gerührt, anstrahlte. Es war offenkundig, daß er sich einbildete, er hätte gerade eine weitere dankbare Speichelleckerin gewonnen; Struldbrugg war voll von Leuten, die ihre feste Stellung verloren hatten, aber sich dennoch an Fetzen von Beschäftigung klammerten, um der Arbeitslosenunterstützung zu entgehen. Es handelt sich nicht gerade um Lobotomie, aber den Nullen bleibt wirklich nicht viel Gehirn übrig.
    Die übrigen Mitglieder des Lehrstuhls kamen aus dem Konklave gestolpert. Ihre Augen hefteten sich gierig lächelnd auf mich. Zungen huschten über dünne, trockene Lippen, als sie den Anblick genossen.
    „Also keine bösen Gefühle, nicht wahr?“ beharrte Fledermaus.
    Wenn ich mir die Verärgerung anmerken ließ, würde ich selbst meine Chancen auf Teilzeitunterrichten zunichte machen, daher verzog ich keine Miene und zwang meinen Mund in eine Muskelstarre, die annähernd einem Lächeln glich. Nein, Herr Professor! Keine bösen Gefühle nachtragen! Die Gesichter der Kollegen entspannten sich.
    Heil! Wir, die wir zum Hungern bestimmt sind, grüßen dich!
    Ein Anfall von Panikgefühl trieb mir das Wasser in die Augen, und mein Magen zog sich zusammen, als ob ich verfaulte Soja gegessen hätte, aber ich machte gute Miene, um die Kollegen nicht merken zu lassen, wie hart es mich traf. Ich wollte auf sie losgehen – körperlich und geistig.
    Das würde mir nur die Bu-Psych auf den Hals hetzen, und psychologische Reintegration war noch schlimmer als Mindest-Alos.
    Halb verbeugte ich mich, halb krümmte ich mich und ging durch den Saal davon. Dabei erinnerte

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