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Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen

Titel: Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Objekte einer vordringlichen Überprüfung zu bestimmen. Sie alle arbeiteten ausnahmslos als Weberschiffchen, kauften und verkauften, flogen regelmäßig in die Türkei, nach Griechenland, in die Arabischen Emirate und nach Thailand.
    »Wissen Sie, Bokr«, sagte Nastja, »ich habe Grund anzunehmen, daß Udunjan einen Mord begangen hat. Das muß am 29. September oder etwas später passiert sein. Aber es fehlt die Leiche. Entweder hat er sie irgendwo versteckt oder . . . ich weiß nicht, was. Könnten Sie ihm in dieser Hinsicht nicht einmal auf den Zahn fühlen?«
    »Ich werde alles tun, was möglich ist.« Das graue Männchen bewegte sich wie ein Uhrpendel im Zimmer hin und her. Heute trug es wieder die hellblauen Söckchen.
    »Nur vergessen Sie meine Bedingungen nicht«, bat Nastja.
    »Nein, auf keinen Fall«, grinste Bokr. »Schlagen verboten, mißhandeln verboten, lügen erlaubt. Können Sie mir den Namen des Opfers nennen?«
    »Nein, das ist es ja gerade. Ich kenne den Namen nicht. Ich weiß einfach nur aus sicherer Quelle, daß Suren Udunjan einen Mann in der Metro gesehen hat und ihm gefolgt ist. Ich weiß nicht, wer dieser Mann ist, aber mir scheint, daß Udunjan Grund hatte, ihn umzubringen. Ich kann mich allerdings täu-schen. Vielleicht gelingt es Ihnen herauszufinden, daß dieser Mann am Leben ist.«
    »Ein Mann in der Metro also«, sagte Bokr nachdenklich. »Das ist nicht gerade viel. Vielleicht irgendwelche besonderen Kennzeichen? Eine Schramme irgendwo zwischen Scheitel und Sohle, eine Glatze oder irgend etwas anderes in dieser Art? Ich muß den Mann ja irgendwie ins Gespräch bringen, und dann muß klar sein, wer gemeint ist.«
    »Ich kann Ihnen nichts sagen«, bekannte Nastja. »Denken Sie bis morgen früh darüber nach, wie Sie Udunjan aufs Korn nehmen wollen, und ich denke über mögliche äußere Kennzeichen des Mannes nach. Rufen Sie mich morgen um halb acht Uhr an.«
    Bokr verabschiedete sich, und Nastja ging zu Bett. Sie konnte nicht einschlafen. Der Gedanke an den möglichen Mord ließ ihr keine Ruhe. Warum hatte Udunjan den Psychopathen nicht umgebracht? Es lag in der Logik der Dinge, daß er es getan hatte. Aber wo war die Leiche? Manchmal wurde der gleichmäßige Fluß ihrer Gedanken durch einen kleinen Kälteschauer unterbrochen, der ihr aus der Magengrube kroch, und Nastja erinnerte sich an die Szene in Konkowo, die sie auf dem Video gesehen und die sie auf so unerklärliche Weise beunruhigt hatte. Irgend etwas stimmte da nicht.
    Gegen vier Uhr morgens fuhr sie plötzlich aus dem Schlaf und knipste das Licht an. Einen Moment lang schwankte sie zwischen dem Unwillen, das warme Bett zu verlassen und dem Wunsch, die ihr gestellte Aufgabe zu lösen, dann stand sie auf und nahm ein paar dicke Bände der Enzyklopädie aus dem Regal. Sie schleppte die Bände in die Küche, zündete das Gas an, stellte den Wasserkessel auf die Flamme und begann zu lesen. Nach einer halben Stunde, nachdem sie zwei Tassen Kaffee getrunken und ein paar Dutzend Stichwörter nachgeschlagen hatte, wünschte sie sich den Morgen herbei, damit sie endlich aktiv werden und anfangen konnte, neue Fragen zu stellen.

SIEBTES KAPITEL
    1
    »Da bist du ja, Licht meiner alten Augen, endlich besuchst du wieder einmal Opa Gurgen.« Die Stimme des massigen, schwerfälligen Gerichtsmediziners Gurgen Artaschesowitsch Ajrumjan dröhnte durch den Seziersaal. »Der Zwanzigste ist schon vorbei, sehe ich, aber mein Geißlein läßt sich nicht blicken, es ruft nicht an, steckt sein Näschen nicht zur Tür herein. Nun, denke ich, offenbar hat in der Abteilung für schwere Gewaltverbrechen ein Machtwechsel stattgefunden.«
    Zum Zwanzigsten eines jeden Monats mußte Nastja Kamenskaja Gordejew einen Monatsbericht über die in Moskau entdeckten Mordfälle und den Stand ihrer Aufklärung vorlegen. In diesen Berichten untersuchte sie die Verbrechen als solche, die Art ihrer Ausführung und der Spurenbeseitigung, sie analysierte die Ursachen und Motive der Morde, schließlich auch neue, originelle Methoden der Aufklärungsarbeit wie auch Fehler und Versäumnisse der Kripo. Bei der Erstellung dieser Berichte wurde Nastja jedes Mal lange und ausführlich von dem alten, erfahrenen Gerichtsmediziner Ajrumjan beraten. In Gurgen Artaschesowitschs Augen war Nastja eine mustergültige junge Frau mit einer glänzenden Ausbildung und ohne jegliche Dummheiten im Kopf. Er beklagte sich bei ihr ständig über seine zwei Enkelinnen, die nicht studieren wollten,

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