Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe
ging Nastja um die auf dem Fußboden liegenden Geräte, Instrumente und Reagenzien herum und folgte Korotkow in die Küche.
»Hast du etwas gefunden?«
»Nein, nichts. Wir müssen im Mülleimer nachsehen.«
Sie zogen unter der Spüle einen bis zur Hälfte gefüllten roten Plastikeimer hervor, breiteten eine Folie auf dem Fußboden aus und leerten den Eimer darauf aus.
»Ihr benehmt euch wie blutige Laien«, vernahm Nastja Subows brummige Stimme hinter sich. »Nehmt gefälligst eine Pinzette!«
Nastja und Korotkow dachten nicht daran, sich über Subows Unfreundlichkeit zu ärgern. Olegs Charakter war allen seit langem bekannt, sie hatten sich an seine Ruppigkeit gewöhnt und achteten nicht mehr darauf.
»Gute Idee«, sagte Korotkow, in der Hocke vor dem Häufchen Müll sitzend. »Mit der Pinzette schaffen wir es vielleicht bis sechs Uhr morgens. Und dann geht die erste Metro wieder. Auf dem Weg hierher bin ich mein ganzes Bares losgeworden, an den Fahrer des Privatwagens, der mich mitgenommen hat. Wo ist hier die nächste Metrostation?«
»Ich weiß es nicht«, sagt Nastja.
»Wie das? Wie bist du denn hierhergekommen?«
» Schewzow hat mich gefahren.«
»Ja? Und wo ist er jetzt? Ich habe ihn hier nicht gesehen.«
»Er ist vor eurem Eintreffen nach Hause gefahren, um nicht im Weg herumzustehen. Hier ist es ohnehin so eng, daß man sich gegenseitig ständig auf die Füße tritt. Und außerdem weiß ich, daß Sascha keine Fremden am Tatort duldet.«
»Und wie willst du jetzt wieder nach Hause kommen? Es ist ein sehr weiter Weg. Und es regnet.«
»Das macht nichts. Ich bin ja nicht aus Zucker.«
Sie zog aus dem Müll zwei Preisschilder hervor und betrachtete sie.
»Ich habe es gewußt, die Unterwäsche, die sie trägt, ist ganz neu, sie hat sie gerade gekauft. Und sie hat eine Menge Geld gekostet. Es ist nicht zu glauben, wie tief sie die Geschichte mit ihrem Liebhaber und ihrer Tochter verletzt hat. Die teure Unterwäsche, die Frisur, die Maniküre. Und alles dafür, damit man nach ihrem Tod sagen kann: Was für eine Frau!«
Sie durchsuchten aufmerksam den Müll, fanden aber nichts, was für sie von Bedeutung hätte sein können. Keine zerrissenen Briefe, keine Adressen oder Telefonnummern, keine Zigarettenkippen, die von Besuchern hätten stammen können.
Draußen wurde es bereits hell, und Nastja verspürte eine bleierne Müdigkeit. Ihr war, als hätte sie zentnerschwere Gewichte an Armen und Beinen, die sie nun bis zum Ende ihrer Tage mit sich herumschleppen würde.
Der Gedanke an den potentiellen Komplizen der Alleko ließ ihr keine Ruhe. Sicher, die Waffe, mit der die beiden Frauen erschossen worden waren, hatte man bei ihr gefunden, aber es wäre ihr kaum gelungen, in ein Fotolabor einzubrechen. Nastja wußte nicht, warum sie davon so überzeugt war, aber es schien ihr absolut sicher. Und außerdem mußte sie von irgendwoher die Adressen der angehenden Ehefrauen bekommen haben.
»Jura, wir werden alle Mitarbeiter der beiden Standesämter überprüfen müssen«, sagte sie müde. »Wir müssen eine sportliche junge Frau mit schwierigem Charakter und unausgefülltem Privatleben suchen. Swetlana Petrowna muß eine Komplizin gehabt haben. Allein hätte sie das alles nicht bewerkstelligen können.«
»Und warum muß die Frau sportlich sein?« erkundigte sich Korotkow erstaunt. »Eine Standesamtsangestellte mit schwierigem Charakter und wenig Glück in der Liebe – das verstehe ich. Aber was tut der Sport zur Sache?«
»Sie muß einen entsprechenden Charakter haben. Die Fähigkeit, klar zu denken, sich zu konzentrieren, jeden Schritt genau zu planen, in einer Streßsituation schnell und adäquat zu reagieren. Wie eine Läuferin. Man muß über ein ganz bestimmtes Nervenkostüm verfügen, um eine fremde Tür aufzubrechen, genau den Moment abzupassen, in dem man nicht gesehen wird, in einem unbekannten Raum so schnell wie möglich das Gesuchte zu finden und unbemerkt wieder zu verschwinden. Eine Aufgabe, die genau zu einer ehemaligen Sportlerin paßt.«
»Nun ja, dann müssen wir eben suchen«, sagte Korotkow, den Nastjas Gedankengänge durchaus überzeugten.
»Oleg, hast du die Spuren auf dem Kühlschrank schon gesichert?«
»Hätte ich dich vorher fragen sollen?« zischte Subow.
»Darf ich den Kühlschrank öffnen?«
»Nur zu. Aber wenn du etwas findest, faß es nicht an, sag vorher Bescheid.«
Jura öffnete den Kühlschrank und betrachtete seinen Inhalt.
»Was suchst du?« fragte Nastja, die
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