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Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Titel: Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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heiraten.«
    Tamila machte keinen Hehl aus ihrer Genugtuung. Heute war die Hochzeit ausgefallen, und womöglich würde Elja sich doch noch besinnen. Einen Schwiegersohn wie diesen konnte Tamila nicht gebrauchen. Und Elja konnte so einen Ehemann nicht gebrauchen. Der heutige Vorfall auf dem Standesamt war Tamila sehr gelegen gekommen. Kaum war die Panik ausgebrochen, hatte sie alles getan, um dem Paar die Trauung auszureden.
    »Wie kann man sich an einem Ort trauen lassen, an dem sich eine Leiche befindet!« hatte sie ihrem Mann empört zugeflüstert. »Pista, sprich du mit Valerij von Mann zu Mann. Das ist ein Wink des Schicksals, Pista, sie dürfen nicht heiraten. Du siehst, nicht nur ich bin dieser Meinung, einfach alles spricht dagegen.«
    Pista hatte Mitleid mit seiner Tochter, aber in der Tiefe seiner Seele war er sich einig mit seiner Frau. Er hatte nichts gegen Turbin, aber er konnte auch keine Argumente für ihn finden. In seinem Schwiegersohn wollte er einen tüchtigen Mitarbeiter sehen, auf den man sich verlassen und den man zu seinem Kompagnon machen konnte. Aber dieser Bücherwurm würde sein Leben in irgendeiner staatlichen Einrichtung verbringen, nur armselige Kopeken verdienen und, um das Leben mit Elja zu finanzieren, das von seinem Schwiegervater verdiente Geld ausgeben.
    Und es gab noch einen weiteren Umstand, den das Ehepaar Bartosch keinesfalls vernachlässigen durfte. Istvan und Tamila hatten bereits alle Vorbereitungen für eine Ausreise nach Kalifornien getroffen und alles in die Wege geleitet, um sich dort niederzulassen. Die entsprechenden Geschäftsverbindungen waren bereits geknüpft, zum 1. Januar begann die neu gegründete Firma offiziell mit ihrer Arbeit. Aber ohne Elja konnten sie auf keinen Fall ausreisen, sie konnten ihre Tochter nicht allein in Rußland zurücklassen. Und Elja ihrerseits würde nicht ohne ihren Ehemann ausreisen. Tamila und Istvan wußten, daß Valerij eine alte kranke Mutter hatte, so daß man schließlich auch sie würde mitschleppen müssen, da Valerij ohne sie nicht gehen würde . . . Bisher war alle Liebesmüh vergeblich gewesen, die Tochter hatte sich die Heirat mit diesem Habenichts nicht ausreden lassen, aber nun war alles wieder offen, nun mußte es gelingen, sie davon abzubringen.
    »Ich denke, du solltest jetzt nach Hause gehen«, sagte Tamila zu Turbin. »Elja geht es nicht gut, laß ihr Zeit, um sich zu beruhigen.«
    »Ich glaube, ich muß jetzt in ihrer Nähe sein«, widersprach Valerij, allerdings nicht besonders überzeugend. Er fürchtete sich ein wenig vor der strengen, herrischen Tamila.
    »Ich kenne meine Tochter besser. Wenn sie weint, erträgt sie niemanden in ihrer Nähe, das macht es nur noch schlimmer. Geh, Valerij, geh, ihr seht euch morgen wieder. Der Morgen ist klüger als der Abend.«
    »Aber jemand hat Elja doch diesen seltsamen Brief geschrieben, Tamila Schalwowna.«
    »Wieso bist du denn so sicher, daß mit diesem Brief wirklich Elja gemeint war? Er kann genausogut an Istvan oder an mich gerichtet gewesen sein. Du weißt doch, Istvan ist Geschäftsmann, er hat Konkurrenten und Neider, um nicht zu sagen Feinde. Auf dem Kuvert war kein Absender, und ich bin überzeugt davon, daß das alles mit Elja nicht das geringste zu tun hat. Geh nach Hause, Valerij, wir sind alle müde, wir müssen uns ausruhen.«
    Sie komplimentierte den Bräutigam ihrer Tochter so offensichtlich hinaus, daß Istvan sich genierte. Turbin ging wortlos zur Tür, aber der Blick, den er Tamila zum Abschied zuwarf, war so haßerfüllt, daß beiden unwohl wurde in ihrer Haut.
    Nachdem der Gast gegangen war, begann Tamila wortlos, den Tisch abzuräumen.
    »Weißt du wirklich nicht, von wem der Drohbrief stammt?« fragte Istvan seine Frau auf ungarisch. Seine Tochter befand sich im Nebenzimmer, und er wollte nicht, daß sie ihn verstand.
    »Natürlich nicht, Pista, ich habe keine Ahnung«, antwortete Tamila, ebenfalls aufs Ungarische übergehend.
    Allerdings gelang es ihr nicht, ein triumphierendes Lächeln vor ihrem Mann zu verbergen.
    »Erscheint dir das nicht sehr seltsam? Der Brief kam genau im passenden Moment, findest du nicht?«
    »Alles ist bestens, Pista, glaub mir! Alles ist bestens. Wir werden Elja nach Kalifornien mitnehmen und dort den idealen Mann für sie finden. Sie ist ein schönes, begabtes Mädchen, in Kalifornien wird sie alle Chancen haben. Was soll sie denn mit diesem Philosophen? Was hat sie von ihm? Noch dazu die alte kranke Mutter . .

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