Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe
ihre nervliche Anspannung im Zaum zu halten, aber jetzt holte die Angst sie ein. Sie fühlte sich verpflichtet, mit Ljoscha zu sprechen, denn wenn Artjuchin es wirklich auf sie abgesehen hatte, dann war auch ihr Mann in Gefahr. Aber wenn Artjuchin nun gar nichts mit dem heute begangenen Mord an Galina Kartaschowa zu tun hatte? Wenn das ein völlig verrückter Zufall war?
Endlich fiel ihr ein, daß sie Olschanskij hatte anrufen wollen.
»Ich muß dich enttäuschen, Kamenskaja«, sagte Konstantin Michailowitsch. »Ich habe Artjuchin verhaften lassen, aber die Fingerabdrücke auf dem Brief sind nicht vom ihm.«
»Von wem sind sie dann?« fragte Nastja dümmlich.
»Das wissen wir noch nicht. Vorhin hat Korotkow mich angerufen, ich weiß also Bescheid über das, was im Standesamt passiert ist. Wir werden natürlich von allen, die dort waren, Fingerabdrücke abnehmen lassen, aber das ist eine langwierige Angelegenheit.«
» Und was sagt Artjuchin?«
»Was soll er schon sagen! Er leugnet natürlich alles. Aber den werde ich schon packen, darauf kannst du dich verlassen. Ich war immer schon davon überzeugt, daß er es war, der das Mädchen vergewaltigt hat, aber gegen sein eisernes Alibi hatte ich keine Chance. Jetzt habe ich freie Bahn. Und außerdem habe ich heute erfahren, daß er auch noch in Drogengeschäfte verwickelt ist.«
»Um welche Uhrzeit haben Sie ihn verhaften lassen?«
»Gegen zwei Uhr.«
Das Telefonat mit Olschanskij hatte Nastja nicht beruhigt. Das Gefühl der Bedrohung ließ nicht nach, und sie beschloß, sich irgendwie abzulenken. Sie ging hinüber in die Küche, wo Tschistjakow bereits seine Bücher auf dem Tisch ausgebreitet und zu arbeiten begonnen hatte.
»Ljoscha, laß uns unser eigenes Fest feiern. Zu zweit. Ich möchte mich mit dir betrinken.«
Alexej sah sie verwundert an.
»Nastjenka, was ist los? Du bist völlig geschafft vom heutigen Tag, du solltest dich ausruhen, anstatt zu feiern.«
»Blödsinn. Heute ist unsere Hochzeit. Schließlich hat es Ewigkeiten gedauert, bis wir soweit waren. Räum deine Bücher weg, und hol den Sekt raus!«
»Du magst doch keinen Sekt«, bemerkte Tschistjakow mit einem Lächeln, begann aber doch, seine Bücher vom Tisch zu räumen.
»Aber wir haben nichts anderes.«
»Woher willst du das wissen? Wir haben Martini, dein Lieblingsgetränk.«
»Woher denn?«
»Woher schon! Aus einem Geschäft natürlich. Ich mache ihn schließlich nicht selbst.«
»Ljoscha, ich bete dich an.«
Sie umarmte ihn und schmiegte sich fest an ihn.
Nachdem sie den ersten Martini mit kleinen Schlucken getrunken hatte, wurde ihr besser. Ihre eisigen Finger erwärmten sich, ihr blasses Gesicht bekam wieder etwas Farbe, der Klumpen in ihrem Magen hatte sich aufgelöst, und sie konnte endlich tief Luft holen.
»Ljoscha, was machen wir morgen?« fragte sie, während sie sich entspannt im Stuhl zurücklehnte und die Beine ausstreckte.
»Schlafen, schlafen und noch mal schlafen. Und dann werden wir weitersehen.«
»Herrlich«, erwiderte Nastja begeistert. »Wir schlafen uns aus, und dann gehen wir spazieren. So lange, bis mir die Beine weh tun. Danach essen wir zu Mittag und setzen uns an die Arbeit. Ich trete dir den Computer ab.«
»Und du? Willst du wieder auf der Schreibmaschine herumhämmern?«
»Die werde ich in den nächsten zwei Tagen nicht brauchen. Ich lese zuerst immer das ganze Buch, um mich mit dem Stil vertraut zu machen und den Autor zu verstehen. Erst danach fange ich zu übersetzen an. Wenn ich ein Buch nicht vorher lese, kann ich vor Neugier nicht arbeiten. Ich möchte doch wissen, wie es endet, und wenn ich es nicht weiß, bin ich ständig in Versuchung, die Arbeit zu unterbrechen und mich mit dem Buch aufs Sofa zu legen.«
»Alles klar. Übrigens, Nastjenka, ich wollte dich daran erinnern, daß wir von nun an ein gemeinsames Budget haben. Das weißt du doch, oder?«
»Ich habe darüber noch nicht nachgedacht«, gestand Nastja.
»Das solltest du aber tun. Ich verdiene ja ganz gutes Geld, und deshalb brauchst du dich eigentlich nicht mehr mit Übersetzungen abzuplagen. Wollen wir ausmachen, daß es das letzte Mal ist?«
»Nein, Ljoscha, sei nicht böse. Erstens habe ich mich daran gewöhnt, meinen Urlaub auf diese Weise zu verbringen. Zweitens mache ich diese Arbeit gern und kann so meine Sprachkenntnisse immer wieder auffrischen. Und drittens kann ich es nicht ausstehen, jemanden um Geld zu bitten. Ich ziehe es vor, mein eigenes zu haben.«
»Dein
Weitere Kostenlose Bücher