Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers
zu betrügen und sie das ihr zustehende Geld auf jeden Fall bekommen wird. Ich hoffe, Sie zweifeln nicht daran.«
»Nicht im Geringsten«, versicherte Stassow. »Ich danke Ihnen, dass Sie das direkte Gespräch mit mir gesucht und mir dadurch unnötigen Aufwand an Zeit und Energie erspart haben. Sie haben gehandelt wie ein Mann.«
Plötzlich veränderte sich Stassows Gesichtsausdruck, es schien, als würde ihm ein neuer Gedanke durch den Kopf gehen.
»Anton Andrejewitsch«, sagte er unsicher, »nach allem, was ich gehört habe, sehe ich manches in einem anderen Licht. Könnte ich Sie kurz unter vier Augen sprechen?«
Das gefiel Minajew nun ganz und gar nicht. Was hieß unter vier Augen? Wozu? Welche Geheimnisse konnte es zwischen ihm und diesem pensionierten Oberstleutnant geben?
»Igor, hast du nachgesehen, ob er bewaffnet ist?«
»Ja, Anton Andrejewitsch. Er hat keine Waffe bei sich.«
»Gut, lasst uns allein.«
Die drei Männer wechselten einen unzufriedenen Blick, dann verließen sie das Zimmer. Minajew blieb mit seinem Gast allein.
»Was gibt es?«
Stassow schwieg, so, als würde er angestrengt nachdenken. Dann gab er sich einen Ruck.
»Sie haben sicher bemerkt, dass ich Sie bereits drei Tage lang observiert habe. Und in dieser Zeit habe ich einiges gesehen. Zuerst hatte das keine große Bedeutung für mich, da ich nicht wusste, dass Sie bei der Spionageabwehr sind. Aber jetzt, da ich es erfahren habe, kann ich damit nicht hinter dem Berg halten. Sie werden beobachtet, Anton Andrejewitsch.«
»Wie bitte?«
Minajew, der bisher mit gleichmäßigen Schritten im Zimmer auf und ab gegangen war, blieb abrupt stehen und sah Stassow fragend an.
»Wenn Sie mir erlauben, meinen Aktenkoffer zu öffnen, zeige ich Ihnen einige Fotos. Ich habe diese Leute gleich am ersten Tag bemerkt und für alle Fälle fotografiert. Aufgrund des Auftrages, den ich von Ira Weniaminowna bekommen hatte, hielt ich es für möglich, dass man Sie im Zusammenhang mit kriminellen Machenschaften beobachtete. Deshalb habe ich mich auch ein wenig um die Personen gekümmert, die Ihnen auf der Spur waren, um herauszufinden, wer sie sind.«
Stassow wollte sich aus dem Sessel erheben, aber Minajew bedeutete ihm mit einer Geste, dass er sitzen bleiben sollte. Der General griff selbst nach dem schwarzen Lederkoffer, stellte ihn auf dem Tisch ab und öffnete die Schlösser.
»Zuunterst liegt ein großes Kuvert mit den Fotos.«
Minajew fand das Kuvert sofort und zog die Fotos heraus. Er erkannte Tschinzows Leute auf den ersten Blick. Einer von ihnen, der Jüngere, hatte das Auto gefahren, in dem Tschinzow zu dem Treffen in der Umgebung von Moskau gekommen war. Der Zweite hatte Tschinzow begleitet, als er sich vor einigen Tagen zum zweiten Mal mit ihm getroffen hatte. Auf den Fotos waren beide Männer vor Minajews Haus zu sehen, außerdem auf dem Kutuzowskij-Prospekt, wo der General am Vortag zu tun gehabt hatte. Sogar sein eigenes Auto war auf den Film gekommen.
Was hatte das alles zu bedeuten? Hatte Tschinzow seine Leute auf ihn angesetzt? Was für ein Schwachkopf, was für ein Kretin! Was wollte er erreichen? Wollte er in Erfahrung bringen, mit wessen Hilfe Minajew das mit einer Million Dollar dotierte Interview arrangieren wollte, um diesen Jemand zu kaufen und die Million selbst einzustreichen? Dieser Dilettant! Dieser aufgeblasene Dummkopf!
»Ich kenne diese Leute nicht«, sagte er langsam. »Aber ich danke Ihnen, dass Sie mich gewarnt haben. Ich werde mich selbst um die Sache kümmern.«
»Das ist noch nicht alles, Anton Andrejewitsch. Schauen Sie sich bitte alle Fotos an. Diese Leute haben gestern die Hauptverwaltung des Ministeriums für Inneres aufgesucht. Da ich dort viele Jahre gearbeitet habe, konnte ich ihnen problemlos folgen und mich davon überzeugen, dass sie nicht bei der Miliz arbeiten, sondern vorgeladen wurden. Das bedeutet, dass Sie von Kriminellen verfolgt werden. Und ich bin der Meinung, dass Sie das wissen müssen.«
Minajew sah nervös die restlichen Fotos durch. In der Tat, Stassow hatte Recht. Was zum Teufel hatte das nun wieder zu bedeuten? Offenbar arbeitete Stassow mit geheimer Kamera, er hatte sogar auf den Korridoren der Petrowka fotografiert. Auf einem der Fotos war der jüngere der beiden Männer zu sehen, wie er gerade eines der Büros betrat, sogar die Zimmernummer war zu erkennen. Der ältere saß auf einem Stuhl neben dieser Tür und wartete darauf, aufgerufen zu werden.
»Sie sind offensichtlich ein
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