Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers
Miliz arbeiten, aus welchem Grund beobachten Sie mich dann?«
»Das mache ich ganz nach Lust und Laune.« Stassow erlaubte sich ein unverhohlenes Lächeln. »Ich weiß nicht, wer Sie sind, und ich wiederhole noch einmal: Ich beschatte keine Mitarbeiter der Spionageabwehr.«
»Und wie nennen Sie das, was Sie tun? Würden Sie mir das erklären? Ich bin General der Spionageabwehr. Sie folgen mir auf Schritt und Tritt und bestreiten das nicht einmal. Was also tun Sie nach Ihrer Meinung?«
Wladislaw lachte laut auf.
»Ist das Ihr Ernst? Sie sind General des Spionageabwehrdienstes?«
»Hören Sie auf, den Hanswurst zu spielen«, sagte Minajew verärgert. »Tun Sie nicht so, als wüssten Sie das nicht, und sagen Sie mir endlich, warum Sie mich beschatten.«
»Ich bin Privatdetektiv, und ich habe einen entsprechenden Auftrag bekommen. Haben Sie etwas dagegen?«
»Haben Sie eine Lizenz als Privatdetektiv?«
»Natürlich. Sie befindet sich in meiner Brieftasche. Sagen Sie Ihrem Igor, dass er nachsehen soll.«
Minajew gab Igor, der hinter Stassows Rücken stand, ein Zeichen, und Igor begann erneut, in Wladislaws Brieftasche zu wühlen.
»Ja, Anton Andrejewitsch«, sagte er schließlich, »hier ist die Lizenz. Sie wurde im August 1995 ausgestellt.«
»Wer ist Ihr Auftraggeber?«
»Glauben Sie im Ernst, Anton Andrejewitsch, dass ich Ihnen das sagen werde?«, lächelte Stassow. »Ich habe nicht das Recht, meinen Auftraggeber preiszugeben.«
»Hören Sie, ich glaube, Sie verstehen den Ernst der Lage nicht ganz.« Minajews Stimme klang wieder ruhig und gelassen. »Falls Sie es nicht verstanden haben, wiederhole ich: Ich bin General des Spionageabwehrdienstes. Und wenn ich beschattet werde, dann habe ich allen Grund zu der Annahme, dass das etwas mit meiner beruflichen Tätigkeit zu tun hat. Entweder können Sie mir beweisen, dass ich mit meiner Annahme falsch liege, oder die Fortsetzung dieses Gesprächs findet nicht hier, sondern in einem offiziellen Rahmen statt. Deshalb werden Sie mir den Namen Ihres Auftraggebers nennen müssen.«
»Ich kann nicht«, seufzte Stassow. »Ich täte es gern, aber das Gesetz erlaubt es nicht. Versetzen Sie sich bitte in meine Lage.«
Minajew schwieg mit einem unguten Lächeln und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Bisher hatte er gestanden, hoch aufgerichtet über dem in dem tiefen Sessel versinkenden Stassow. Ein altbekannter psychologischer Trick, der den Gesprächspartner einschüchtern sollte, aber auf Stassow machte das keinen Eindruck.
»Soll ich vielleicht in seinem Aktenkoffer nachsehen, Anton Andrejewitsch?«, meldete sich Igor wieder zu Wort.
»Sieh nach«, befahl der General.
Stassow hörte hinter seinem Rücken das Klicken von Schlössern und erneut das Rascheln von Papier. Er hatte vorgesorgt und den Vertrag nach ganz oben gelegt. Denn hätten sie sämtliche Papiere durchwühlt, hätten sie auf dem Grund des Koffers ein Kuvert gefunden, das in diesem Moment noch nicht für die Augen des Generals bestimmt war. Minajew griff nach dem Blatt Papier, das Igor ihm reichte, überflog es und begann laut zu lachen.
»Du lieber Gott! Ira! Wer hätte das gedacht! Ira!«
Stassow atmete erleichtert auf. Bis jetzt lief alles glatt. Mit genau dieser Reaktion des Generals hatte er gerechnet.
* * *
Die bezaubernde Nachbarin, die ihre Wohnung mit den Minajews tauschen wollte, hatte also einen Privatdetektiv engagiert! Nicht zu fassen!
»Was will Ihre Auftraggeberin eigentlich über mich erfahren?«, fragte Minajew heiter und warf den Vertrag achtlos auf den Tisch.
»Soweit mir bekannt ist, beunruhigt sie die Frage des Wohnungstausches mit Ihnen. Ira Weniaminowna hat mir gesagt, dass ihre Wohnung einen viel höheren Wert hat als die Ihre und dass Sie eine bestimmte Ablösesumme mit ihr vereinbart haben. Da es sich dabei aber um ein inoffizielles Geschäft handelt und da sie nichts über Sie weiß, möchte sie sich davon überzeugen, dass Sie ein anständiger Mensch sind.«
»Und was haben Sie herausgefunden?«
»Nachdem ich jetzt weiß, wer Sie sind und wo Sie arbeiten, entfällt die Frage ganz von selbst, Anton Andrejewitsch. Ich denke, wenn Sie Ira Weniaminowna gesagt hätten, wer Sie sind, wäre sie nicht auf die Idee gekommen, Geld für meine Dienste auszugeben.«
»Nun«, sagte Minajew großmütig, »ich freue mich, dass das Missverständnis sich in Wohlgefallen aufgelöst hat. Ich vermute, Sie können Ira jetzt mit reinem Gewissen versichern, dass ich nicht vorhabe, sie
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