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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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verschwunden.«
    Sie verstrubbelte zärtlich sein Haar.
    »Mach dich nicht verrückt, mein Freund. Irina hat sich leicht verliebt, aber sie war sehr, ich wiederhole, sehr wählerisch.«
    Korotkow hielt ihre Hand fest und drückte sie an seine Wange.
    »Und wer war die Schnalle? Aus dem Ministerium?«
    »Die beiden kamen mit einem ganzen Pulk aus dem Saal, wo gerade eine Pressekonferenz stattgefunden hatte, also nehme ich an, sie ist Journalistin. Sehr auffällig, sehr extravagant. Wenn sie im Ministerium arbeiten würde, hätten unsere Männer sie schon längst bemerkt und unsere Damen sie schon gründlich durchgehechelt. Willst du was essen?«
    »Ja, gern«, antwortete Korotkow dankbar. Wer um ein Uhr nachts nach Hause kam, sollte sich leise ausziehen und schlafen gehen und nicht in der Küche mit Geschirr klappern und seine ohnehin gereizte Frau aufwecken.
    Schon im Flur, sagte Korotkow:
    »Weißt du was, Ljuda, wir warten, bis die Kinder groß sind, und dann heiraten wir.«
    »So lange reicht deine Geduld nicht.« Sie lachte. »Aber ich werde drüber nachdenken.«
    Der Auftraggeber und der Organisator aßen in einem nur für harte Devisen zugänglichen Restaurant. Der Auftraggeber war geschäftig und voller Energie, der Organisator dagegen zerstreut und matt.
    »Dein Bursche hat keine besonders saubere Arbeit geleistet.«
    So war der Auftraggeber: Selbst wenn er jemanden lobte oder sich bedankte, fand er immer einen Anlass für eine kleine Krittelei.
    »Ist nicht meiner. Ich habe ihn nie gesehen. Alles über Vermittler.«
    »Jetzt sind genau zwei Wochen um, und bisher ist alles ruhig. Mehr oder weniger. Wollen wir also hoffen, dass es ausgestanden ist.«
    Der Auftraggeber kaute seine heiße Pizza.
    Der Organisator hob den Kopf. »Und die Karteikarten?«, fragte er. Seine Augen wirkten krank und hoffnungslos. Natürlich, für den Auftraggeber war das Manuskript das Wichtigste, er konnte beruhigt sein, denn das Manuskript hatten sie. Aber für ihn, den Organisator, waren nur die Karteikarten von Belang, nicht alle, nein, nur die eine, auf der in großen Druckbuchstaben sein Name stand. Mein Gott, was für eine Schande, was für eine Schande, wenn das rauskam! Wenn es wenigstens noch ein Wirtschaftsvergehen gewesen wäre, da könnte man sich irgendwie rausschwindeln, Wirtschaftsverbrecher wurden heutzutage dauernd rehabilitiert: Sie hätten ja nichts Schlimmes getan, seien nur ihrer Zeit voraus gewesen. Starodubzew zum Beispiel.
    »Und die Karteikarten?«, fragte er noch einmal.
    Die Frage missfiel dem Auftraggeber. Er wusste: Das mit den Karteikarten, das war ein Schnitzer. Wie hatte er so eine Lappalie vergessen können! Die Akten hatte er aus dem Archiv geholt, aber die Karteikarten waren ihm erst nach ein paar Monaten eingefallen. Dieses Miststück hatte ihm was von Fotokopien erzählt, um ihn einzuschüchtern, aber wie sollte er nachprüfen, ob sie log? Vielleicht gab es ja keine Fotokopien. Um welche zu machen, hätte man alle Karteikarten durchsehen müssen, den ganzen Berg von mehreren Jahren. Und dann noch dafür sorgen, dass man dort allein war, ohne Zeugen. Viel zu schwierig. Sie hatte wohl doch nur geblufft. Aber selbst wenn nicht, ihm, dem Auftraggeber, war das jetzt egal. Sollten sie doch die Kopien finden, sollte es doch zum Skandal kommen. Was konnte ihm schon passieren? Hauptsache, nicht er lieferte den Anlass für den Skandal, nicht das Manuskript. Also war er aus dem Schneider. Und diese voll gefressenen Politiker sollten ruhig selbst für ihre früheren Sünden zahlen. Also zum Teufel mit den Karteikarten. Bei der Filatowa zu Hause hatte der Vollstrecker sie nicht gefunden. Auch der, den sie bestochen hatten, damit er ihren Safe und ihren Schreibtisch durchsuchte, war mit leeren Händen zurückgekommen. Na ja, nicht ganz, er hatte das Manuskript gebracht. Aber nicht die bewussten Fotokopien. Höchstwahrscheinlich existierten sie gar nicht.
    »Mach dir keine Sorgen«, beruhigte er den Organisator. »Niemand wird danach suchen. Solange die Gefahr bestand, dass das Buch erscheinen würde, so lange bestand auch die Gefahr, dass jemand nachbohren würde. Aber das Buch wird ja nicht erscheinen. Also kannst du ruhig schlafen, alter Schwerenöter.« Der Auftraggeber lachte herzhaft.
    »Von wegen Schlaf«, murmelte der Organisator, stellte angewidert seinen Teller beiseite und goss sich französischen Weißwein ein. »Kowaljow und seine Bande gönnen mir keine Atempause. Die Hälfte der Abgeordneten hat er

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