Anastasija 06 - Widrige Umstände
ist deine Wohnung vielleicht voller Wanzen. Und wenn du wirklich Journalistin bist und eine richtige Erpresserin, dann hast du immer ein Diktiergerät parat, um Interessantes aufzunehmen. Stimmt doch, oder?«
»Stimmt. Und weiter?« Nastja gab sich Mühe, ihre Stimme herausfordernd klingen zu lassen.
»Darum werden wir beide uns hier unterhalten.«
Gordejew wischte sich die vor Anspannung schweißnassen Hände an der Hose ab.
»Nun, was tut sich dort?«, fragte er ungeduldig.
»Im Bad läuft Wasser. Man hört nur, dass es zwei Stimmen sind, die Worte sind nicht zu verstehen.«
»Sind die Jungs bereit?«
»Ja.«
»Ihr wartet auf mein Kommando.«
»Na schön, dann lass uns reden.« Sie wechselte mühelos zum Du. »Hat dich wirklich Pawlow geschickt?«
»Wer denn sonst?«
»Woher soll ich das wissen? Vielleicht bist du von der Miliz. Vielleicht hat unser braver Oberst ja gar keinen Dreck am Stecken und hat mich angezeigt.«
»Was für Dreck hat er denn am Stecken? Erzähl mal.«
»Du kannst mich mal!«, flüsterte Nastja wütend und setzte lauter hinzu: »Dauernd versucht ihr, alles umsonst zu kriegen. Merk dir, du fixer Bursche, ich mache den Mund nur für Geld auf. Sag schnell, warum du hier bist, ich hab keine Lust, hier länger rumzustehen. Aber erst mal beweise mir, dass du nicht von der Miliz bist. Dann reden wir weiter.«
»Und wenn ich von der Miliz bin, was machst du dann?«
»Gar nichts. Aber dann kommen wir nicht ins Gespräch. Dann schreibe ich morgen eine Meldung an deinen Chef, dass du dich als Angehöriger der Miliz vorgestellt hast, in meine Wohnung eingedrungen bist und versucht hast, mich zu vergewaltigen. Oder zu berauben. Das weiß ich noch nicht genau. Bis du das widerlegt hast, bist du alt und grau.«
»Du willst mich erpressen?«
»Was sonst? Ich kann nichts anderes.«
»Okay, Schluss jetzt mit den Mätzchen. Pawlow hat das Geld, aber er traut dir nicht. Darum fahren wir beide morgen zu ihm. Du lieferst ihm das Manuskript und die Information, er gibt dir hundertvierzigtausend, und ihr seid quitt.«
»Und was sollst du dabei? Das Geld zählen? Als ehrenamtlicher Kassierer?«, prustete Nastja.
»Lach nur«, sagte der Gallier drohend und presste erneut ihre Hand. »Das wird dir noch vergehen. Ich bleibe bis morgen früh hier. Bis dahin muss ich mich überzeugen, dass man dir trauen kann.«
»Alles Lüge«, sagte sie plötzlich laut. »Davon kannst du dich nicht überzeugen.«
»Leise!«
»Davon kannst du dich nicht überzeugen«, sagte Nastja mit gesenkter Stimme. »Man muss ein Vollidiot sein, um deshalb herzukommen. Sag, was willst du hier?«
»Dich töten.«
»Es sind keine Stimmen mehr zu hören«, rief Leutnant Schestak besorgt per Funk. »Nur Wasserrauschen.«
»Fertig machen«, kommandierte Gordejew. Am liebsten wäre er aus dem Auto gesprungen und vorausgelaufen.
In der Wohnung neunundvierzig wurde lautlos die Tür geöffnet. Zwei weitere Männer postierten sich auf dem Treppenabsatz.
Die Frau erschlaffte in den Armen des Galliers. Ihr Gesicht spiegelte echte Angst.
»Warum?«, flüsterte sie kaum hörbar.
»Darum. Du hast dich in ein fremdes Spiel eingemischt. Ich wurde engagiert, um dich umzubringen. Ich habe persönlich nichts gegen dich. Wenn du ein kluges Mädchen bist, bleibst du am Leben. Klar?«
»Mir ist schlecht«, stöhnte sie; die Lippen gehorchten ihr kaum. »Ich muss mich hinsetzen.«
Der Gallier trat beiseite und setzte sie auf den Wannenrand, wobei er sie weiter festhielt.
»Jetzt hör zu«, sagte er. »Ich hab mit Pawlow eine eigene Rechnung offen. Ich brauche dieses Manuskript, aber ich kann im Moment nicht zahlen, ich habe das Geld nicht. Du kommst morgen mit, ich kassiere das Geld für deine Ermordung, und davon bezahle ich dich. Wenn du brav auf mich hörst, passiert dir nichts.«
Nastja nickte schweigend.
»Wir werden jetzt hier rausgehen und uns verhalten wie vernünftige Menschen. Halt deine Zunge im Zaum. Ein unvorsichtiges Wort, und ich könnte vermuten, dass die Wohnung von den Bullen abgehört wird. Ich bin nämlich äußerst misstrauisch, musst du wissen, und verstehe keinen Spaß. Du bist tot, lange bevor deine Freunde hier sind, selbst wenn sie in der Nachbarwohnung sitzen. Na, sag schon, sitzen sie da auf der Lauer?«
»Ich höre eine Stimme«, meldete Schestak. »Aber nur eine, den Mann. Sie sind noch im Bad.«
»Keine anderen Geräusche? Ein Kampf?«
»Nein, nichts zu hören.«
»Wir warten noch dreißig Sekunden. Wenn
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