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Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Titel: Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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ein Vierundzwanzigstundendienst; den hatte er am Freitagabend um sechs angetreten und war am Samstag um sechs abgelöst worden. Inga und Imant waren allein zu Hause. Ein tolles Alibi, der Traum jedes Detektivs! Einfach klassisch, verdammt!
    Von einer Telefonzelle aus rief Korotkow Nastja an.
    »Nastja, erschlag mich bitte nicht gleich, aber ich habe noch zwei Verdächtige für dich.«
    »Haben sie ein Motiv?«
    »Sie haben ein Motiv, hatten die Gelegenheit und haben kein richtiges Alibi. Sie geben sich gegenseitig eins, aber beide sind befangen. Soll ich zurückkommen, oder soll ich mich um die Semenzowa kümmern?«
    »Wenn du kannst, komm erst mal her und erzähl mir alles genauer. Dann kümmerst du dich um die Semenzowa, während ich nachdenke.«
    Erst als Korotkow die Telefonzelle verließ, merkte er, wie hungrig er war. Er sah sich um und bemerkte in der Nähe einen kleinen Kiosk, an dem heiße Würstchen verkauft wurden. Er nahm drei Würstchen und einen zweifelhaft aussehenden Salat aus Gurken und Tomaten, spülte diesen kulinarischen Leckerbissen mit einer Flasche Cola hinunter, stieg ins Auto und fuhr in die Petrowka.
    Alina Wasnis
Drei Jahre vor ihrem Tod
    Endlich zeigte das Leben ihr ein Lächeln. Endlich gab es einen Menschen, dem sie nicht gleichgültig war, der sich nicht nur für ihr Aussehen interessierte, sondern auch für ihr Innenleben. Andrej Smulow.
    Sie hatte sofort, vom ersten Augenblick an, gemerkt, dass der Regisseur in sie verliebt war, aber das war nicht ungewöhnlich. Auch andere hatten sich schon so in sie verliebt, auf den ersten Blick. Ungewöhnlich war etwas anderes: Er führte lange Gespräche mit ihr, hörte ihr aufmerksam zu, stellte immer wieder Fragen, wollte alles über sie wissen.
    »Wie denkst du über . . .?«
    »Warum gefällt dir . . .?«
    »Bist du traurig, wenn . . .?«
    »Träumst du in Farbe?«
    Und so weiter, endlos.
    Alina war Smulow dankbar. Er hatte Geduld mit ihr; wenn am Set etwas nicht gleich klappte, schimpfte er nie mit ihr, wurde nicht böse, sondern machte eine Pause, nahm sie beiseite, sah ihr in die Augen und fragte: »Warum? Warum kannst du es nicht so machen wie verlangt? Stört dich etwas? Erinnert dich das an etwas? An etwas Unangenehmes? Erzähl es mir, dann versuchen wir, gemeinsam damit fertig zu werden. Verschließ es nicht in dir, versteck dich nicht, verstecktes Leid zerfrisst deine Seele und hemmt dein Spiel, lass alles raus, öffne dich.«
    Sie war zweiundzwanzig und inzwischen eine richtige Neurotikerin. Der Irre tauchte seit nun bereits sechzehn Jahren mit schrecklicher Regelmäßigkeit auf. Er war ein Teil ihres Lebens geworden, und dieses Leben war ein Albtraum. Manchmal wollte sie sich zwingen, zur Miliz zu gehen und ihn anzuzeigen, doch der Gedanke, dass sie fremden, nicht besonders taktvollen Männern alles von A bis Z würde erzählen müssen, die ekelhaften Wörter wiederholen, die der Irre zu ihr sagte, machte ihr Angst. Alina war überzeugt, dass sie selbst an allem schuld sei und man ihr bei der Miliz genau das sagen würde. Sie war unsauber. Sie war schmutzig und verdorben. Sie hatte das sechzehn Jahre geduldet? Dann hatte sie auch nichts anderes verdient. Wie sollte sie erzählen, dass sie, wenn sie das bedrückende Warten auf die unausweichliche nächste Begegnung nicht aushielt, selbst in den Park ging, damit ES möglichst bald geschah? Würden sie das etwa verstehen? Sie würden sie dem Gespött und der Schande preisgeben.
    Übrigens hatte sich in letzter Zeit alles verändert. Der Irre tauchte zwar auf, kam ihr aber nicht nahe. Sie war inzwischen erwachsen, und zu ihr zu gehen und ihre Hand zu nehmen war gefährlich. Er lief ihr entgegen und sah ihr in die Augen. Wenn er sie erreicht hatte, entblößte er grinsend seine faulen Zähne, flüsterte ihr ein paar Worte zu und lief weiter. Doch Alina genügte auch das, um erneut Angst und Ekel zu empfinden. Manchmal erwartete er sie im dunklen Hauseingang, wenn sie nach Hause kam. Wenn sie allein war und sonst niemand in der Nähe, streckte er die Hand aus, berührte ihr Haar und stöhnte:
    »Meine Süße, meine kleine Süße . . .«
    Alina rannte zum Lift, bemüht, den Irren nicht anzusehen, registrierte aber noch das bekannte Bild: Seine Hand zwischen den Beinen.
    Nach jeder Begegnung atmete sie erleichtert auf: Wieder zwei Monate Ruhe. Doch nach sechs, sieben Wochen begann erneut das Warten. Sie schlief schlecht, konnte nicht arbeiten und bekam beim Studium schlechte Prüfungsnoten,

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