Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen
bekümmert gewesen. Was noch? Wir wissen, dass sie lieber im Verborgenen handelte – statt sofort auf die Beleidigung von Xenija Masurkewitsch zu reagieren, hat sie einen Kontakt zu deren Vater gesucht, dem Bankier Kosyrjew, der seine finanziellen Zuwendungen für Sirius davon abhängig macht, dass Masurkewitsch seine lasterhafte Frau zügelt und zur Ordnung ruft. Das heißt, ihr Anstand beibringt. Bis hierher alles richtig?«
»Mach weiter.« Korotkow nickte und verzehrte genüsslich Rührei und überbackenen Toast.
»Wir wissen, dass Alina sich nicht durch besondere Sensibilität und Herzenswärme auszeichnete, darüber hat Smulow geklagt. Wir wissen, dass sie starke Nerven hatte und nie Tranquilizer oder andere Psychopharmaka nahm. Das hat ebenfalls Smulow gesagt. Außerdem wissen wir, dass sie Nikolai Charitonow aufforderte, umgehend seine Schulden zu begleichen, eine ziemlich große Summe. Habe ich etwas ausgelassen?«
»Ich glaube nicht«, meldete sich Stassow, der den Sinn ihrer Zusammenkunft nicht begriff. Warum mussten sie so früh aufstehen und Hals über Kopf losrennen, wenn die Kamenskaja nur alle Informationen zusammenfassen wollte? Was war daran so eilig? Sie hatte gesagt, sie wolle »totalen Schwachsinn« erzählen. Bislang zählte sie lediglich Fakten auf.
»Und nun sehen wir uns diese Fakten mal von einer anderen Seite an«, fuhr Nastja fort, als hätte sie Stassows Gedanken gelesen. »Woher wissen wir, dass Alina sich nach Kosyrews Telefonnummer erkundigt hat? Von Smulow. Woher wissen wir, dass Alina eine Szene gemacht hat, weil die Semenzowa engagiert worden war? Auch von Smulow. Niemand war dabei, alle erinnern sich lediglich, dass Smulow bekümmert rumgelaufen ist und allen erzählt hat, wie herzlos Alina doch sei, er habe die Semenzowa engagieren wollen, aber Alina habe geschrien, das komme nicht infrage, die Semenzowa sei eine Säuferin und Diebin. Danach ging das Gerede los, erreichte einen gewissen Sarubin, und der verbot, Geld auszugeben für die unzuverlässige Semenzowa. Die ursprüngliche Quelle der Information war Smulow. Er hat dafür gesorgt, dass sich eine bestimmte öffentliche Meinung bildete, die schließlich Soja zu Ohren kam, und als wir auf der Bildfläche erschienen, hatte ihr Hass auf Alina seinen Höhepunkt erreicht. Was sie für uns verdächtig machte. Weiter. Wer hat Charitonow angerufen und verlangt, dass er noch am selben Tag seine Schulden zurückzahlt? Wieder Smulow. Er erklärt, Alina habe ihn darum gebeten, weil sie angeblich nicht hart genug sei, um das Geld zurückzufordern. Erinnert ihr euch, was Charitonow erzählt hat? Als er Alina das Kuvert mit dem Geld gab, hat er ihr die Summe genannt: seine ursprünglichen Schulden, dreitausend Dollar, plus hundertzwanzig Prozent Zinsen. Und Alina war erstaunt. Versteht ihr? Sie war erstaunt! Erst nachdem Charitonow ihr laut vorgerechnet hatte, dass das insgesamt genau sechstausendsechshundert Dollar machte, hat sie das Geld genommen. Und nun überlegt mal. Wenn jemand sich darüber ärgert, dass er sein verborgtes Geld so lange nicht zurückbekommt, dann rechnet er doch nach, wie viel man ihm schuldet. Auf jeden Fall. Dann denkt er nicht: Derjenige schuldet mir dreitausend plus Zinsen. Bevor Alina also Smulow bat, mit Charitonow zu reden, hätte sie doch wenigstens nachrechnen müssen, auf welchen Betrag sich die Schulden inzwischen beliefen. Warum war sie dann so erstaunt, als Charitonow ihr die Summe nannte? Ganz einfach: Weil sie gar nicht daran gedacht hatte nachzurechnen. Weil sie Smulow überhaupt nicht gebeten hatte, Charitonow anzurufen, das war seine eigene Initiative. Gut – dass er Charitonow angelogen hat, verstehe ich ja noch. Aber warum hat er auch uns angelogen?«
»Verdammt, wieso ist mir das nicht aufgefallen«, murmelte Korotkow. »Du hast ja Recht, Mutter. Mach weiter.«
»Jura, Smulow hat dir doch die herzzerreißende Geschichte erzählt, wie er in einem schwierigen Moment Alina angerufen und sie gefragt hat: ›Liebst du mich?‹, und sie ihn daraufhin beschimpfte, er solle sie in Ruhe lassen mit solchem Quatsch, und ärgerlich war, weil er sie geweckt hat? Hat er dir so etwas erzählt?«
»Ja, schon.«
»Ich habe den starken Verdacht, dass er dich belogen hat. Das hat gar nicht stattgefunden. Jedenfalls nicht mit Alina Wasnis. Sondern sehr viel früher, mit einer anderen. Und das hat ihn so verletzt, dass er eine ähnliche Szene in alle seine Filme eingebaut hat. Wenn ihr mir das nicht
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