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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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habe es ausprobiert, es geht ganz einfach. Weißt du, wie man das macht? Du wirst einen Lachanfall bekommen. Kein Mensch wird dreihundert Postfächer mit dreihundert verschiedenen Schlössern ausstatten. Gewöhnlich gibt es fünf, sechs verschiedene Schlösser, von denen je fünfzig bestellt und an den Postfächern angebracht werden. Um an den Schlüssel für ein bestimmtes Postfach zu kommen, braucht man sich nur zehn Postfächer einzurichten und die Schlüssel dafür zu bekommen, einer von ihnen passt auf jeden Fall. Sascha und Natascha besitzen nun also einen Schlüssel zu Derbyschews Postfach, dessen Nummer sie ja von der reizenden Tamara Nikolajewna erfahren haben, und nun brauchen sie nur noch auf Post von Mila zu warten. Die Post kommt. Sie nehmen den Brief aus dem Postfach und gehen. Demzufolge hat Derbyschew tatsächlich nie einen Brief von Mila erhalten und ihr Foto nie gesehen, und erst recht hat er selbst ihr nie geschrieben. Danach oder auch schon vorher erscheint Natascha unter einem geschäftlichen Vorwand in Derbyschews Büro und stiehlt dort ein paar Bogen Papier für den Tintenstrahldrucker. Vorher überzeugt sie sich davon, dass Derbyschew dieses Papier in der Hand gehabt und seine Fingerabdrücke darauf hinterlassen hat. Es gelingt ihr auch, eine handschriftliche Unterlage von Derbyschew an sich zu nehmen, diese benutzen sie später, um Derbyschews Handschrift zu fälschen. Ungefähr zur gleichen Zeit folgt Sascha Derbyschew in den Reitclub, gibt sich als Fotograf aus und macht dort Aufnahmen. Schließlich müssen sie ihrem Antwortbrief an Mila ein Foto von Derbyschew beilegen. Sie können nicht das Bild eines beliebigen attraktiven Mannes schicken, weil sich in Tamara Nikolajewnas Kartei ein Foto von Derbyschew befindet und Mila es gesehen hat. Der Rest ist denkbar einfach. Die Kinder schreiben Mila einen Brief in Derbyschews Namen, verabreden sich mit ihr an der Akademicheskaja, von dort locken sie sie auf die Müllhalde am Stadtrand und bringen sie um. Ich weiß nur noch nicht, wie sie das angestellt haben. Und welchen schweren Gegenstand Mila auf ihren Armen trug.«
    »Wenn man dir zuhört, könnte man meinen, es gibt überhaupt keine Unklarheiten mehr«, brummte Korotkow ungläubig. »Hier ist ein gutes Lokal, lass uns hineingehen. Zumindest vergiftet man sich hier nicht.«
    Sie parkten das Auto vor einem unscheinbaren Gebäude und stiegen aus. In dem Lokal war es still und dämmerig, es roch nach Piroggen und schlechtem Kaffee. Nastja war nicht anspruchsvoll, deshalb setzte sie sich einfach in eine Ecke, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Sie war sehr müde, der Tag war schon so lang, dass sie seinen Anfang vergessen hatte, und wenn sie nicht alle zwei Stunden einen starken Kaffee bekam, fühlte sie sich völlig zerschlagen.
    »Was soll ich dir bringen?«, fragte Jura.
    »Egal«, murmelte sie, ohne die Augen zu öffnen. »Hauptsache, der Kaffee ist stark.«
    Nach einigen Minuten stand eine Tasse Kaffee vor ihr und ein Teller mit belegten Broten. Sie nahm einen Schluck und sah Korotkow erstaunt an.
    »Wie ist es möglich, dass man in solch einem Loch einen so guten Kaffee bekommt? Man könnte meinen, er wäre hausgemacht oder für den Direktor persönlich.«
    »Du beleidigst mich«, lachte Jura. »Da ich mich nicht vergiften will, gehe ich nur in Lokale, aus denen man lebend wieder herauskommt. Und das ist nur garantiert, wenn man den Lokalbesitzer persönlich kennt.«
    »Du bist ein kleiner Mafioso«, lachte Nastja. »Trotzdem danke.«
    »Mit einem Danke kommst du mir nicht davon. Wenn du so gescheit bist, dann sag mir lieber, warum Sascha Strelnikow eng anliegende Lederhosen und plissierte Hemden mit Rüschen trägt. Du hast gesagt, dass er eine Freundin hat, also ist er nicht homosexuell. Wozu die Maskerade?«
    »Weil es genau darum geht. Er maskiert sich, damit ihn später niemand erkennt.«
    »Ich bewundere deine Logik. Man erinnert sich genau deshalb an ihn, weil er einen Schwulen gespielt hat. Er ist doch genau deshalb allen aufgefallen.«
    »Richtig. Und was ist außer seinen Lederhosen, seinem Rüschenhemd und seinen langen Haaren noch aufgefallen? Gar nichts. Er zieht Hemd und Hose aus, nimmt die Perücke ab, und die Sache hat sich. Hat sich jemand sein Gesicht gemerkt, seine Stimme, seine Gestik und Mimik? Kennst du die Grundregeln der Kriminalistik nicht? Die Leute merken sich immer nur das, was zuerst ins Auge fällt. Die Frisur, die Kleidung. Die Nase, die Augen sehen

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