Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes
sie ganz zuletzt. Erinnerst du dich, welche Augenfarbe unser Chef hat?«
»Du meinst Knüppelchen? Der hat blaue Augen.«
»Bist du dir sicher?«
»Absolut. Himmelblaue Augen. Darauf wette ich meinen Kopf.«
»Dann hast du ihn verloren, Jura. Knüppelchen hat grünbraune Augen. Ich habe absichtlich hingesehen, als mir eines Tages klar wurde, dass ich es nicht weiß.«
»Das kann nicht sein. Du hältst mich zum Narren. Er hat blaue Augen.«
»Nein, mein Freund, grünbraune. Wie lange arbeitest du eigentlich schon mit ihm zusammen?«
»Dreizehn Jahre«, sagte Jura konsterniert. »Du hast mich ganz schön aufs Glatteis geführt. Aber jetzt werde ich dich aufs Glatteis führen. Nehmen wir an, mit dem Mord an Ljudmila Schirokowa verhält sich alles tatsächlich so, wie du annimmst. Aber was ist dann mit Larissa Tomtschak? Haben die beiden sie auch umgebracht? Warum hätten sie das tun sollen? Strelnikow hatte schließlich nicht vor, sie zu heiraten. Und warum hätten sie die Briefe auf Tomtschaks Datscha verstecken sollen? Was hätte das für einen Sinn?«
»Überhaupt keinen. Sie haben sich einfach abgesichert. Nach ihrer genialen Idee sollte Derbyschew des Mordes überführt werden. Er ist für sie nur ein zufälliges Opfer. Er war einfach derjenige, den die Agentur zu diesem Zeitpunkt Ljudmila empfohlen und dem sie geschrieben hatte. An seiner Stelle hätte auch jeder x-beliebige andere sein können. Aber für alle Fälle sollte Papachen im Zusammenhang mit dem Mord an Mila jede Menge Schwierigkeiten bekommen, damit ihm die Lust aufs Heiraten für lange Zeit vergeht. Und da ist noch ein wichtiger Aspekt, vielleicht der wichtigste überhaupt. Um den Verdacht auf Derbyschew zu lenken, musste man es so einrichten, dass die Miliz seinen vermeintlichen Brief an Mila findet. Wäre Milas Liebeskorrespondenz in Strelnikows Hände gelangt, hätte er sie mit Sicherheit vernichtet. Und dann wäre die Miliz niemals auf Derbyschew gekommen, sondern hätte nach einem anderen Mörder gesucht und wäre womöglich Sascha und Natascha auf die Schliche gekommen. Die andere Frage ist natürlich, wie sie an diese Briefe herangekommen sind. Vielleicht haben sie sie in Milas Handtasche gefunden, vielleicht in Strelnikows Wohnung, zu der Sascha natürlich freien Zutritt hat. Aber das werden wir die beiden selbst fragen, auf jeden Fall wollten sie, dass die Miliz die Briefe findet und Strelnikow des Mordes verdächtigt. Aber ausgerechnet in diesem Moment fährt Papachen zu Tomtschak auf die Datscha. Warum er das tut, ist nicht von Belang, aber man kann davon ausgehen, dass die Miliz früher oder später davon erfahren wird. Und wenn sie es nicht erfährt, kann man ein wenig nachhelfen. Sie wird die Briefe auf der Datscha finden, und Strelnikow gerät in den Verdacht des Mordes aus Eifersucht. Natürlich hat Papachen Mila nicht umgebracht und kann das beweisen, aber die Miliz wird ihn ganz schön in die Mangel nehmen, und das wird ihm eine Lehre sein. Die Lust auf junge Mädchen wird ihm gehörig vergehen.«
»Gut. Angenommen, es ist so, wie du sagst. Aber was ist mit Larissa? Welche Rolle spielt sie?«
»Vielleicht hat sie etwas geahnt. Vielleicht hat sie von der Geschichte zwischen Alla und ihrem Sohn Sascha gewusst und war deshalb auf den Gedanken gekommen, dass er etwas mit dem Mord zu tun hat. Sie hat einen Brief an Derbyschew geschrieben, um zu sehen, was passiert.«
»Nein, Nastja, etwas stimmt hier nicht«, sagte Korotkow. »Das alles hat doch weder Hand noch Fuß. Welchen Grund hätte Larissa gehabt, sich in diese Sache einzumischen? Und woher soll sie Derbyschews Namen und seine Postfachnummer gekannt haben?«
»Ich weiß es nicht, Jura.« Nastja verzog schmerzhaft das Gesicht und rieb sich die Stirn. Der tückische Kopfschmerz, der schon den ganzen Tag in ihr gesessen hatte, war nun doch ausgebrochen. »Ich weiß überhaupt nichts. Da sind noch so viele Fragen, die wir klären müssen. Lass uns zu Tamara Nikolajewna fahren. Mit ihr fangen wir an. Sascha und Natascha, unsere zwei Turteltäubchen, lassen wir erst einmal in Ruhe. Wir wollen sie nicht unnötig aufschrecken.«
Zwölftes Kapitel
Tamara Nikolajewna, die Besitzerin der Heiratsagentur Amor, erkannte Nastja sofort, aber Korotkow sah sie mit einem erstaunten Blick an.
»Haben Sie noch irgendwelche Fragen?«
»Ja«, sagte Korotkow. »Aber bevor wir anfangen, Fragen zu stellen, möchte ich etwas sagen.«
Heute sah Tamara Nikolajewna sehr viel imposanter aus als
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