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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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gesehen hatten, und anderes. Und als Nastja aus ihrer Ecke einwarf, dass die Zukanowa Milas Schuhe getragen hatte, war der Bann endgültig gebrochen. Lässig im Stuhl zurückgelehnt, begann Natascha zu erzählen, wie sie Alla Strelnikowa angerufen hatte, wie sie nachts in die Wohnung ihres Mannes eingedrungen war. Sie erzählte lange und genüsslich.
    »Nun reicht es, meine Herren«, sagte sie zum Schluss, »ich habe euch lange genug unterhalten. Das Gefängnis ist mir sicher. Nun seid ihr dran, ihr alten Böcke. Wer von euch ist mein Vater?«
    Die drei Männer erstarrten wie Karnickel vor der Schlange. Man hätte natürlich eingreifen und dafür sorgen können, dass den Anwesenden das qualvolle Ende der Szene erspart blieb, doch der Untersuchungsführer tat nichts dergleichen. Er schwieg, trommelte mit einem Bleistift lautlos auf einem Aktenordner herum und sah durch seine dicken Brillengläser von einem zum andern. Niemand wagte, das Schweigen zu brechen.
    »Ich bin der Meinung, dass Natascha Alexandrowna das Recht hat, eine Antwort auf ihre Frage zu bekommen«, sagte Olschanskij schließlich. »Für die Vergewaltigung ihrer Mutter kann niemand zur Verantwortung gezogen werden, da Nadeschda Romanowna seinerzeit keine Anzeige erstattet hat. Außerdem ist die Tat längst verjährt. Es geht hier nur um den rein menschlichen Aspekt. Natascha Alexandrowna wird verhaftet und dem Gericht übergeben, und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie für lange Zeit ins Gefängnis kommt. Ihr Wunsch, eine Antwort auf die Frage zu bekommen, die sie so viele Jahre gequält hat, ist durchaus verständlich und muss nach meiner Meinung erfüllt werden. Sie sind Männer und sollten sich nun mannhaft verhalten.«
    Erneut trat Schweigen ein. Es war, als würde die Luft vibrieren vor Spannung.
    »Ich bin der Vater«, sagte Wladimir Alexejewitsch Strelnikow schließlich. »Ich bin es.«
    * * *
    Am frühen Morgen wurde Nastja vom Läuten des Telefons geweckt.
    »Nastja, es ist etwas passiert«, vernahm sie Korotkows aufgeregte Stimme in der Leitung. »Kolja hatte gestern einen Verkehrsunfall.«
    »Ist er am Leben?«
    Nastja schrie fast und warf die Bettdecke so hastig von sich ab, als müsste sie sofort losstürzen, um Selujanow zu retten.
    »Er lebt, beruhige dich. Mittelschwere Verletzungen. Einige Knochenbrüche, aber nichts Lebensgefährliches. Die Sklifosowskij-Klinik hat schon gestern Abend beim Bereitschaftsdienst angerufen. Man hat Gordejew benachrichtigt, aber er hat sich bis heute Morgen zurückgehalten, um unsere Nerven zu schonen.«
    »Darf man ihn besuchen?«
    »Wir dürfen«, erwiderte Jura zuversichtlich. »Irgendwie werden wir uns schon Zugang verschaffen. Schließlich handelt es sich um eine Unfallklinik, und dort kennt man uns. Soll ich dich abholen?«
    »Ja. Ich bin in einer halben Stunde fertig.«
    »Gut, ich fahre los.«
    Der morgendliche Stoßverkehr hatte noch nicht eingesetzt, und sogar in Korotkows altersschwacher Klapperkiste erreichten sie die Sklifosowskij-Klinik ziemlich schnell. Jura hatte hier tatsächlich viele Bekannte, und so gelangten sie außerhalb der Besuchszeit in Selujanows Zimmer.
    Kolja lag von Kopf bis Fuß in Gips, aber beim Anblick der Freunde begann er zu grinsen und zwinkerte ihnen vergnügt zu. Nichts konnte seinen angeborenen Optimismus erschüttern.
    »Was machst du denn für Sachen, Kolja?«, fragte Korotkow. »Du bist doch bei der ganzen Kripo dafür bekannt, dass du noch nie einen Unfall gebaut hast. Wie hast du das hingekriegt?«
    »Wir sind alle Schafsköpfe, Kinder, und ich bin der größte. Eigentlich war es genau das, was ich euch mitteilen wollte, als ich mich gestern so beeilt habe, um zu verhindern, dass ihr die Tochter der Zukanowa mit den andern zusammenbringt. Wir haben ganz schönen Mist gebaut. Man sollte uns alle erschlagen.«
    »Da hast du Recht«, stimmte Nastja zu. »Auch wir machen Fehler. Wir hatten Angst, die Sagrebina zu verschrecken, deshalb haben wir keinen Kontakt zu ihr aufgenommen und ihre Papiere nicht überprüft, sondern beim Adressbüro angerufen und dort erfahren, dass sie keinen Wohnsitz in Moskau hat. Wir hätten auch in ihrer Firma anrufen können, aber wir wollten sie, wie gesagt, nicht verschrecken.«
    »Wir wollten vieles«, brummte Selujanow. »Wie war es gestern? Ist es zu einer Katastrophe gekommen?«
    »Es war schwierig«, gestand Nastja, »der reinste Eiertanz. Man wundert sich, wie sie das alles durchgestanden haben, ohne die Nerven zu verlieren.

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