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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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nicht von ihm angerufen werden wollte. Und die Briefe, die sie von ihm in ihrem Postfach bei Amor fand, hatte sie einfach weggeworfen.
    Doch am überraschendsten war das Resultat des Gesprächs mit Viktor Derbyschew, dem Absender des dritten Briefes.
    »Ich habe mich nie mit diesem Mädchen getroffen«, sagte er entschieden. »Ich habe sie nie gesehen.«
    »Aber Sie nehmen doch die Dienste der Heiratsagentur Amor in Anspruch, oder?«, erkundigte sich Korotkow noch einmal für alle Fälle. Er wollte ausschließen, dass er aus Versehen an einen falschen Viktor Derbyschew geraten war, der zufällig genauso aussah wie dieser.
    »Ja, ich nehme die Dienste dieser Agentur in Anspruch.«
    »Hat man Ihnen dort die Postfachnummer von Ljudmila Schirokowa gegeben?«
    »Nein. Ich habe diesen Namen nie gehört.«
    »Denken Sie bitte gut nach, Viktor Alexandrowitsch. Ljudmila Schirokowa ist eine schöne Blondine. Und Sie müssen Ihr ganz vor kurzem geschrieben haben, im September.«
    »Ich habe ihr nicht geschrieben, wie oft soll ich das noch sagen? Verstehen Sie kein Russisch?«
    Korotkow holte wortlos den Brief und das Foto hervor, auf dem Herr Derbyschew ganz zweifellos höchstpersönlich abgebildet war.
    »Haben Sie diesen Brief geschrieben?«
    Derbyschew nahm ungeduldig das Blatt samt Foto in die Hand und sah Korotkow fassungslos an.
    »Ich habe das nie geschrieben.«
    »Ist es Ihre Handschrift?«
    »Meine Handschrift? Ja . . . ich glaube. Sieht ganz danach aus. Bitte, Sie können es nachprüfen . . .«
    Er nahm ein leeres Blatt Papier und bekritzelte es schnell mit seinen Schriftzeichen. Ja, die Handschrift schien in der Tat identisch zu sein. Aber das musste erst noch der Gutachter überprüfen. Es gab Leute, die Handschriften mit einer Meisterschaft fälschten, dass einem Hören und Sehen verging. Vielleicht stammte der Brief tatsächlich nicht von Derbyschew, vielleicht hatte jemand wirklich seine Handschrift gefälscht. Vielleicht stammte er aber doch von ihm, und jetzt versuchte er, seine Handschrift in unmerklichen Details zu verändern. Alles war möglich.
    »Und das Foto?«, fragte Korotkow. »Erkennen Sie sich darauf?«
    »Ja«, erwiderte Derbyschew verwirrt. »Das bin ich.«
    »Und was hat das alles zu bedeuten, Viktor Alexandrowitsch?«
    »Ich weiß es nicht . . . Ich verstehe überhaupt nichts.«
    »Sie werden mitkommen müssen«, seufzte Korotkow.
    »Warum?«
    »Sie sehen doch selbst, dass alles völlig unklar ist. Das Mädchen wird ermordet, wir finden einen Brief an sie, der mit Ihrem Namen unterschrieben ist, und sogar ein Foto von Ihnen, und Sie behaupten, diesen Brief nicht geschrieben zu haben. Wir müssen das klären.«
    »Aber ich kann jetzt nicht mit Ihnen kommen!«, empörte sich Derbyschew. »Ich habe zu tun, ich befinde mich im Dienst, ich habe unaufschiebbare Termine . . . Ich kann nicht mitkommen.«
    »Ich bin auch im Dienst«, erwiderte Korotkow müde. Er wusste gar nicht mehr, wann er zuletzt etwas gegessen hatte. Er hatte Magenschmerzen vor Müdigkeit und Hunger, eigentlich hätte er eine Tablette nehmen sollen, aber noch besser wäre es natürlich gewesen, etwas zu essen. Doch wie sollte man überhaupt noch zu etwas kommen, wenn man die ganze Stadt nach diesen undurchschaubaren Freiern absuchen musste.
    »Auch ich habe wichtige Termine und unaufschiebbare Treffen mit Zeugen, die vielleicht wenigstens etwas Licht in den Mordfall bringen könnten. Glauben Sie mir, Viktor Alexandrowitsch, ich würde jetzt nur allzu gern nach Hause fahren, etwas essen und dann schlafen. Kann es Ihnen wirklich gleichgültig sein, dass jemand Ihren Namen und Ihr Foto mit unklaren, wahrscheinlich kriminellen Absichten benutzt hat? Wenn Ihnen der Tod dieser jungen Frau egal ist, dann denken Sie wenigstens an sich selbst. Irgendwo in Ihrer Nähe muss jemand sein, der jeden Moment zu einem Schlag gegen Sie ausholen kann. Haben Sie keine Angst?«
    »Gut«, sagte Derbyschew unwirsch, erhob sich vom Tisch und zog seinen Mantel an. »Lassen Sie uns gehen.«
    * * *
    Die Heiratsagentur Amor befand sich am Ende des Prospekts Mira, auf dem Gelände eines riesigen Autokombinats, das Pleite gemacht hatte und seine Räume an verschiedene Firmen und Händler vermietete. Es war gar nicht so einfach, in das Innere des Gebäudes zu gelangen. Am Eingang saßen zwei uniformierte Wachmänner, auf die Nastjas Dienstausweis nicht den geringsten Eindruck machte. Sie bestanden darauf, dass jemand von der Firma, der Nastjas Besuch galt, sie

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