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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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wieder, da wir uns über die Navigation Gedanken machen mussten.
    Ausgehend von der Zeichnung, die Arsibalt mitgebracht hatte – auf der in der Ferne das Profil einer Gebirgskette zu sehen war -, gewissen Hinweisen in der Geschichte von Saunt Bly, wie sie in der Chronik stand, und Dingen, die Sammann auf einer Art Supernicknack nachgeschaut hatte, konnten wir auf der Kartabla drei verschiedene alleinstehende Berge ausmachen, von denen jeder Blys Koppie hätte sein können. Sie bildeten ein Dreieck mit einer Seitenlänge von etwa zwanzig Meilen, einige Hundert Meilen von dort entfernt, wo wir uns gerade befanden. Es erschien uns gar nicht so weit weg, aber als wir es Ferman zeigten, meinte er, wir müssten damit rechnen, erst morgen dort zu sein; in dieser Gegend seien die Straßen, so erklärte er, aus »neuem Schotter«, und wir würden nur langsam vorankommen. Wir könnten es auch heute noch schaffen, aber dann wäre es dunkel, und wir könnten nichts mehr tun. Lieber sollten wir uns in der Nähe eine Bleibe suchen und morgens in aller Frühe wieder aufbrechen.
    »Neuer Schotter« sagte mir nichts, bis wir einige Stunden später von der Hauptverkehrsstraße auf eine Straße abbogen, die früher einmal asphaltiert gewesen war. Es wäre fast schneller gegangen, direkt über den nackten Boden zu fahren, als uns einen Weg durch dieses verrückte Puzzle aus schartigen Asphaltplatten zu suchen.
    Arsibalt fühlte sich in Sammanns Gegenwart nicht wohl, was ich daran merkte, dass er überaus höflich war, wenn er sich an ihn wendete. Über Reisekrankheit klagend, rutschte er auf den Sitz neben Ferman und unterhielt sich mit ihm in Fluckisch. Ich saß hinter ihm und versuchte, etwas Schlaf nachzuholen. Hin und wieder, wenn wir über einem Schlagloch in die Luft hüpften, gingen meine Augenlider auseinander, und mein verschlafener Blick fiel auf irgendeinen religiösen Fetisch, der am Armaturenbrett baumelte.
Ohne ein Experte in Sachen Archs zu sein, war ich mir ziemlich sicher, dass Ferman der Bazischen Orthodoxie angehörte. In gewisser Hinsicht war das nicht weniger verrückt, als an das zu glauben, an was immer Ganelial Crade glaubte, aber diese Form von Verrücktheit war weitaus traditioneller und berechenbarer.
    Trotzdem, wenn eine Gruppe religiöser Fanatiker ein paar Wagenladungen Avot hätte entführen wollen, hätten sie es nicht schlauer anstellen können. Deshalb war ich schlagartig wach, als ich Ferman Beller Gott erwähnen hörte.
    Bisher hatte er es vermieden, was mir völlig unverständlich war. Wenn man aufrichtig an Gott glaubte, wie konnte man dann einen einzigen Gedanken fassen, einen einzigen Satz aussprechen, ohne Ihn zu erwähnen? Stattdessen redeten Deolatisten wie Beller stundenlang, ohne das Gespräch überhaupt je auf Gott zu lenken. Vielleicht war dieser Gott weit von unserem Tun und Lassen entfernt. Oder – die wahrscheinlichere Variante – die Gegenwart Gottes war für sie so offenkundig, dass ihr Bedürfnis, darüber zu sprechen, nicht größer war als das meine, ständig darauf hinzuweisen, dass ich Luft atmete.
    In Bellers Stimme lag Enttäuschung. Aber keine zornige oder bittere. Es war die sanfte, freundliche Enttäuschung eines Onkels, der etwas nicht in den Kopf seines Neffen bekommt. Wir erschienen so klug. Warum glaubten wir nicht an Gott?
    »Wir befolgen die Makronische Regel«, erklärte Arsibalt ihm – froh und ein wenig erleichtert über die Gelegenheit, das aufzuklären. Er war zu optimistisch, fand ich, zu sehr davon überzeugt, dass er Beller dazu würde bewegen können, es so zu sehen wie wir. »Das ist nicht dasselbe, wie nicht an Gott zu glauben. Obwohl«, fügte er hastig hinzu, »ich verstehen kann, warum es für jemanden, der dem Makronischen Denken nie ausgesetzt war, so aussieht.«
    »Ich dachte, eure Regel stammte von Saunt Kartas«, wunderte sich Beller.
    »Das ist richtig. Man kann eine direkte Linie von den Kartasischen Prinzipien des Alten Mathischen Zeitalters zu vielen unserer Vorgehensweisen ziehen. Vieles wurde aber auch später hinzugefügt und das ein oder andere weggelassen.«
    »Dann nehme ich an, Makrone war ein Saunt, der etwas hinzugefügt hat?«
    »Nein, Makronen sind Plätzchen.«

    Beller gluckste auf eine gezwungene, hilflose Weise, wie Extras es taten, wenn jemand einen Witz erzählt hatte, der nicht lustig war.
    »Das ist mein Ernst«, sagte Arsibalt. »Der Makronismus hat seinen Namen von den Teeplätzchen. Es ist ein Denksystem, das ungefähr in

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