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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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ich hatte befürchtet, falls wir noch eine Minute warteten, würde es die nächste Krise geben. Tulia hatte sich dafür entschieden, direkt nach Tredegarh zu fahren, denn sie wollte versuchen, Ala zu finden. Vielleicht hätte ich das auch tun sollen. Das war aber keine einfache Entscheidung, und ich dachte, ich träfe die richtige. Wenn alles gut ging, würden wir nur ein paar Tage später als Tulias Gruppe in Tredegarh ankommen. Tulia würde ihre Aufgabe, sie dorthin zu führen, bestens erledigen.
    Bevor wir die Stadt verließen, hielten wir oder besser verlangsamten wir unsere Fahrt an einem Ort, wo wir etwas zu essen bekommen konnten, ohne viel Zeit zu verlieren. Ich erinnerte mich aus meiner Kindheit an solche Restaurants, aber für die Hunderter war es neu. Ich sah es unwillkürlich durch ihre Augen: die zweideutige Unterhaltung mit der unsichtbaren Bedienung, die durchs Fenster hereingereichten Tüten mit Essen, das nach heißem Fett roch, die in Portionen abgepackten Würzsaucen, der Versuch, zu essen, während man auf einer Landstraße dahinschlingerte, Unmengen von verschmutztem Abfall, der den gesamten leeren Raum in dem Mobo zu füllen schien, ein Geruch, der uns noch lange begleitete.
    Bazische Orthodoxie: Staatsreligion des Bazischen Reiches, die den Fall von Baz überlebte, während des darauf folgenden Zeitalters ein mathisches System errichtete, parallel zu dem von Kartas eingeführten (und unabhängig von diesem) bestand und sich für eine von Arbres größten Religionen hielt.
     
    Antibazisch: Religion, die in denselben Schriften wurzelt und dieselben Propheten verehrt wie die Bazische Orthodoxie, jedoch
ausdrücklich die Autorität und gewisse Lehrmeinungen der Bazisch-Orthodoxen Religion ablehnt.
    DAS WÖRTERBUCH, 4. Auflage, A. R. 3000
    Als wir mit dem Essen fertig waren, konnten wir das Praesidium nicht mehr sehen. Wir hatten das Dardsviertel weitgehend hinter uns gelassen und bewegten uns jetzt durch eine Art Gezeitenzone, die zur Stadt gehörte, wenn die Stadt groß war, und zum Land, wenn sie es nicht war. Wo es in einer Gezeitenzone Treibholz, tote Fische und entwurzeltes Seegras gäbe, sah man hier kleine Gruppen dürrer Bäume, überfahrene Tiere und zerzaustes Hüpfkraut. Wo die Gezeitenzone mit leeren Flaschen und gestrandeten Booten übersät wäre, gab es hier leere Flaschen und liegengebliebene Hole. Von Bedeutung war lediglich ein Komplex, in dem Treibstoffbäume, die auf Schleppkähnen aus den Bergen heruntergebracht worden waren, gehäckselt und weiterverarbeitet wurden. Dort gerieten wir für ein paar Minuten in einen Verkehrsstau von Tankertromms. Von den Tromms fuhren jedoch nur wenige in unsere Richtung, sodass wir sie bald wieder los waren und in das Obst- und Gemüsegartengebiet kamen, das sich dahinter erstreckte.
    In meinem Fahrzeug saßen außer mir und Ferman Beller noch Arsibalt, Sammann und zwei Hunderterfraas, Karmolathu und Harbret. Das andere war mit Cord, Rosk, Lio, Barb, Jad und einem anderer Edharier aus dem Hundertermath besetzt: Fraa Kriskan. Mir fiel eine statistische Kuriosität auf, nämlich, dass es nur eine Frau gab, und das war meine Blutsverwandte, eine eher unkonventionelle Vertreterin ihres Geschlechts. Intramuros war das Verhältnis nur selten so ungleich. Extramuros hing es naturgemäß davon ab, welche religiösen und gesellschaftlichen Sitten zu einem gegebenen Zeitpunkt herrschten. Natürlich fragte ich mich, wie es dazu gekommen war, und dachte eine Weile über das endlose Gerangel um die Plätze in den Fahrzeugen nach. Ausschlaggebend dafür, wer in welche Gruppe ging, war freilich gewesen, wie man zu Orolo und der Mission, ihn ausfindig zu machen, stand. Vielleicht hing diesem Ausflug ein Geruch an, der Männern gefiel und Frauen nicht.
    Wir waren zwölf an der Zahl, Ganelial Crade nicht mitgezählt. Das war eine gängige Größe für Sportmannschaften oder kleine Militäreinheiten. Lange Zeit hatte man gemutmaßt, dass das die
natürliche Größe einer Jagdgesellschaft in der Steinzeit gewesen sei und dass Männer von Natur aus dazu neigten, sich in einer Gruppe von etwa dieser Größe wohlzufühlen. Ob nun aufgrund einer statistischen Anomalie oder eines in unsere Sequenzen einprogrammierten primitiven Verhaltens, das war jedenfalls unser jetziger Stand. Ich fragte mich einen Moment lang, ob Tulia und ein paar andere der Suurs in der Direkt-nach-Tredegarh-Gruppe mich dafür hassten, dass ich es so hatte ausgehen lassen, vergaß es dann jedoch

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