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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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sagte ich.

    »Schon gut«, sagte Suur Maroa. Sie war Theorin und an Rückschläge gewöhnt. »Du warst ja recht beschäftigt. Gut gemacht, übrigens.«
    »Vielen Dank.«
    »Als diese starke Frau …«
    »Cord.«
    »Ja, als sie die Druckausgleichventile an der Luke aktiviert hat, ist Luft …?«
    »In die Kapsel eingedrungen «, sagte ich.
    »Also habt ihr deren Atmosphäre erst gerochen, nachdem sie sich mit unserer vermischt hatte.«
    »Richtig.«
    »Verdammt.«
    »Vielleicht hätten wir warten sollen«, sagte ich.
    Sie bedachte mich mit einem scharfen Blick. »Ich empfehle dir, solche Sachen nicht auszuposaunen!«
    Ich war betroffen. Sie nahm sich zusammen und fuhr mit leiserer Stimme fort: »Dieser Ort hier ist die Welthauptstadt der Alleswisser. Alle sind eifersüchtig. Wünschten, sie wären anstelle von dir und einem Haufen Stammlinienspinner da gewesen. Sind der Meinung, dass sie es besser gemacht hätten.«
    »Nun gut, ganz egal«, sagte ich. »Wir mussten tun, was wir getan haben, weil wir wussten, dass das Militär im Anmarsch war und es noch schlimmer vermasseln würde.«
    »Das hört sich schon plausibler an«, sagte sie. »Aber zurück zum Olfaktorischen: Erinnerst du dich, überhaupt irgendwann irgendetwas gerochen zu haben?«
    »Ja! Wir haben darüber geredet!«
    »Aber nicht, als dieser Ita seinen Spulocorder auf euch gerichtet hatte.«
    »Bevor Sammann eingetroffen ist. Die Sonde war gerade gelandet. Orolo hat geschnuppert, ob er in den Abgasen der Maschinen etwas riechen kann. Er wollte wissen, ob sie toxische Treibstoffe verwenden …«
    »Klug von ihm. Einige davon sind zum Fürchten«, warf Maroa ein.
    »Aber wir konnten nichts riechen. Sind zu dem Schluss gekommen, dass das alles Dampf war. Wasserstoff/Sauerstoff.«
    »Das ist trotzdem ein negatives Resultat.«

    »Aber später war in der Sonde eindeutig ein Geruch wahrzunehmen«, sagte ich. »Jetzt erinnere ich mich wieder. Er hatte mit der Leiche zu tun. Ich habe angenommen, dass es sich um so etwas wie eine Körperflüssigkeit handelt.«
    »Angenommen, weil du den Geruch nicht erkannt hast?«, fragte Suur Maroa, nachdem sie so lange, wie sie wollte, darüber nachgedacht hatte.
    »Mir war er völlig neu.«
    »Also sind die organischen Moleküle der Geometer doch in der Lage, mit unseren olfaktorischen Systemen chemisch zu interagieren«, folgerte sie. »Das ist ein interessantes Ergebnis. Theoren haben mir im Nacken gesessen und wollten diese Frage unbedingt beantwortet haben – weil einige dieser Reaktionen ihrem Wesen nach quantenmechanisch sind.«
    »Unsere Nasen sind Quantenvorrichtungen?«
    »Ja!«, sagte Maroa mit einem heiteren Blick, der einem Lächeln nahekam. »Eine wenig bekannte Tatsache.« Sie stand auf und griff nach ihrem Helm. »Das ist ein nützliches Ergebnis. Wir müssten in der Lage sein, eine Probe von der Leiche zu nehmen und sie in einem Labor olfaktorischem Gewebe auszusetzen.« Erneut bedachte sie mich mit dem heiteren Blick. »Danke!« Und dann zog sie in einem völlig absurden Abschiedsritual ihre Handschuhe an und stülpte sich den Helm auf den Kopf, den ich damit leider entschwinden sah.
    »Moment mal!«, sagte ich. »Wie kann das denn sein? Wie können uns die Geometer so ähnlich sein und trotzdem aus anderem Stoff bestehen?«
    »Das musst du einen Kosmographen fragen«, sagte sie. »Mein Spezialgebiet ist, Ungeziefer in die Ecke zu treiben und auseinanderzunehmen.«
    »Was bin dann ich?«, fragte ich, aber sie war zu sehr mit dem Helmaufsetzen beschäftigt, um den Scherz mitzubekommen. Sie trat in eine Art Luftschleuse, die man vor meiner Eingangstür errichtet hatte. Die Tür ging zu und wurde abgeschlossen, dann gab der Klebebandspender wieder obszöne Geräusche von sich.
    Es wurde dunkel. Ich zermarterte mir den Kopf über den Widerspruch. Die Geometer sahen aus wie wir, bestanden aber aus so grundlegend anderer Materie, dass Maroa die Möglichkeit in Erwägung gezogen hatte, dass wir noch nicht einmal imstande waren, sie
zu riechen. Einige auf der Konvox fürchteten sich vor Keimen aus dem All; Maroa gehörte ganz bestimmt nicht dazu.
    Dass ich in dieser Kiste festsaß, war ein Nebenprodukt von Auseinandersetzungen, die Leute ein paar hundert Schritt entfernt in Schreibsälen führten. Ich hätte bei Jesrys Geplauder darüber, was eine Konvox war, besser zuhören sollen.
    Lio tauchte spät auf und gab am Fenster einen Pfeiflaut von sich. Es war ein nachgeahmter Vogelruf, den wir damals in Edhar benutzt

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