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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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kam auf mich zu: Handwerker Quin. Neben
ihm ging eine kleinere Kopie von Quin, ohne Bart. »Bon Apert, Fraa Erasmas«, sagte Quin.
    »Bon Apert, Handwerker Quin«, erwiderte ich und wandte mich dann seinem Sohn zu. Der starrte auf meinen linken Fuß. Dann wanderte sein Blick rasch hinauf zur Spitze meiner Kapuze, ohne sich weiter an meinem Gesicht aufzuhalten, so als wäre es nicht beachtenswerter als ein Knitter in meiner Kulle. »Bon…«, fing ich an, doch er unterbrach mich: »Diese Brücke ist nach dem Bogenprinzip erbaut.«
    »Barb, der Fraa wünscht dir Bon Apert«, sagte Quin und hielt mir die Hand hin. Tatsächlich streckte Barb die Hand aus, aber nur, um den Arm seines Vaters herunterzuziehen – er versperrte ihm die Sicht auf die Brücke.
    »Aufgrund ihrer Vektoren beschreibt die Brücke eine katenarische Kurve«, fuhr Barb fort.
    »Katenarisch. Das stammt von dem orthischen Wort für …«, hob ich an.
    »Es kommt von dem orthischen Wort für Kette«, erklärte Barb. »Es ist dieselbe Kurve, die eine hängende Kette beschreibt, nur auf den Kopf gestellt. Aber die Antriebswelle, die das Tor öffnet, muss gerade sein. Es sei denn, sie besteht aus Neustoff.« Sein Blick fiel auf meine Sphär und verharrte eine Weile dort. »Das kann aber nicht sein, da der Konzent Saunt Edhar nach der Ersten Verheerung gebaut wurde. Deshalb muss sie aus altem Stoff gebaut worden sein.« Sein Blick wanderte zurück zu der Antriebswelle, die dem Bogen der Brücke zu folgen schien und dabei in regelmäßigen Abständen durch gemeißelte Steinblöcke lief. »Diese Steindinger müssen Kreuzgelenke enthalten«, schloss er.
    »Das ist korrekt«, sagte ich. »Die Welle …«
    »Die Welle ist aus acht geraden Stücken zusammengesetzt, die durch in den Sockeln dieser Statuen verborgene Kreuzgelenke verbunden sind. Den Sockel einer Statue nennt man Plinthe.« Und Barb ging sehr schnell los; er war der erste Extra, der über die Brücke in unseren Math strebte. Quin warf mir einen schwer zu deutenden Blick zu und hetzte hinter ihm her.
    Zwischen der einsamen Frau und den Suurs war ein Streit entbrannt. Offenbar war der Frau von irgendeiner unwissenden Person erzählt worden, wir würden ihr für das Baby Geld geben. Das hatten die Suurs so behutsam sie konnten richtiggestellt.

    Weitere Extras waren hereingekommen: ein halbes Dutzend, überwiegend Männer, die alle dezent, aber nicht teuer gekleidet waren. Sie hatten eine kleine Gruppe von zumeist älteren Avot angesprochen. Der Vorderste der Besucher war behängt mit einem dicken, auffällig bunten Seil, an dessen Ende eine Weltkugel hing. Ich schätzte, dass er der Priester irgendeiner neumodischen antibazischen Arch war. Er sprach mit Fraa Haligastreme: groß, glatzköpfig, korpulent und bärtig sah der Fraa aus, als hätte er soeben nach einer lebhaften Ontologie-Diskussion mit Thelenes die Periklyne verlassen. Er war theorischer Geologe und der EUG des edharischen Kapitels. Er hörte höflich zu, warf aber immer wieder vielsagende Blicke zu zwei in purpurrote Kullen gehüllte Hierarchen, die an der Seite standen: Delrakhones, der Wehrwart, und Statho, der Primas.
    Während ich diese Gruppe umging, kam ich in Hörweite an einer Nebenunterhaltung vorbei. Eine der Besucherinnen hatte Fraa Jesry angesprochen. Ich schätzte ihr Alter auf über dreißig, obwohl die Art, wie die extramurischen Frauen sich Haare und Gesicht zurechtmachten, eine solche Schätzung erschwerte; nach reiflicher Überlegung hielt ich sie für eine herausgeputzte Fünfundzwanzigjährige. Sie hörte Jesry sehr aufmerksam zu und stellte ihm Fragen über das Leben im Math.
    Nach einer mir lange erscheinenden Zeit wurde Jesry auf mich aufmerksam. Er erklärte der Frau höflich, er habe Vorkehrungen getroffen, mit mir extramuros zu gehen. Sie schaute mich an, was ich genoss. Dann spuckte ihr Nicknack eine Salve von Tönen aus, worauf sie sich entschuldigte, um einen Anruf anzunehmen.
    Dard: (1) Im Fluckisch des späten Praxischen Zeitalters und der frühen Rekonstitution ein Slangwort, das durch die Verkürzung von Standard, einem Begriff aus dem praxischen Werbescheißdrökh, entstanden war. Es scheint ein Substantiv zu sein, das sich in ein Adjektiv mit der Bedeutung »allgemeingültig« oder »weitverbreitet« verwandelt hat. (2) Substantivische Bezeichnung für eine extramurische Person ohne besondere Bildung, Fähigkeiten, Ambitionen oder die Hoffnung, etwas davon zu erlangen. (3) Abwertender Begriff für eine

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