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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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sie sich nicht in der Vergangenheit von Urnud wieder, sondern in einem ganz anderen Kosmos, wo sie einen Urnud ähnlichen Planeten umkreisten …«
    »Tro«, sagte Arsibalt.
    »Ja. So schützt sich das Universum – verhindert Verletzungen der Kausalität. Wenn man irgendetwas zu tun versucht, was einem die Macht verliehe, die Gesetze von Ursache und Wirkung zu verletzen – in der Zeit zurückzugehen und den eigenen Großvater umzubringen …«

    »Findet man sich schlicht in einem anderen, separaten Kausalbereich wieder? Wie außergewöhnlich!«, sagte Lodoghir.
    Der Laterraner nickte. »Man wird in ein ganz anderes Narrativ verschoben«, sagte er mit einem kurzen Blick auf Fraa Jad, »und auf diese Weise wird die Kausalität gewahrt.«
    »Und jetzt scheint es, als hätten sie sich das zur Gewohnheit gemacht!«, sagte Lodoghir.
    Jules Verne Durand dachte darüber nach. »Du sagst ›jetzt‹, als wäre das rasch und leicht passiert, aber es liegt viel Geschichte zwischen dem Ersten Advent – der Entdeckung von Tro durch Urnud – und dem Vierten – den wir jetzt gerade erleben. Allein der Erste Advent umfasste anderthalb Jahrhunderte und ließ Tro völlig zerstört zurück.«
    »Du lieber Himmel!«, rief Lodoghir aus. »Sind die Urnuder wirklich so übel?«
    »Nicht ganz. Aber es war das erste Mal. Weder die Urnuder noch die Troäner hatten den differenzierten Begriff vom Polykosmos, den ihr hier auf Arbre entwickelt zu haben scheint. Alles war überraschend und daher ein Quell des Schreckens. Die Urnuder ließen sich überstürzt in die troänische Politik hineinziehen. Katastrophale Ereignisse – an denen die Troäner fast durchweg selbst schuld waren – spielten sich ab. Irgendwann bauten sie die Daban Urnud auf eine Weise um, dass beide Rassen darauf leben konnten, und machten sich auf eine zweite interkosmische Reise. Fünfzig Jahre nach Gödels Tod sind sie nach Laterre gekommen.«
    »Entschuldige bitte«, sagte Ignetha Foral, »aber warum musste das Schiff so stark verändert werden?«
    »Teils, weil es abgenutzt war – verschlissen«, sagte Jules Verne Durand. »Aber im Wesentlichen geht es um eine Frage der Ernährung. Jede Rasse muss ihre eigene Nahrungsmittelversorgung aufrechterhalten – aus Gründen, die Fraa Erasmas’ Experiment deutlich gemacht hat.« Er hielt inne und warf einen Blick in die Runde. »Und jetzt ist es mein Schicksal, mitten im Überfluss zu verhungern, es sei denn, ihr könnt die auf der Daban Urnud auf diplomatischem Wege überreden, Nahrungsmittel zu schicken, die ich verdauen kann.«
    Tris – die schon zu Beginn des Gesprächs in den Messallan zurückgekehrt war – sagte: »Wir werden alles tun, was in unsern Kräften steht, um die laterranischen Lebensmittel zu konservieren, die sich noch in der Küche befinden!«, und eilte hinaus.

    Ignetha Foral fügte hinzu: »Wir werden das bei künftigen Gesprächen mit dem Sockel vorrangig behandeln.«
    »Danke«, sagte der Laterraner, »denn für einen von meiner Herkunft wäre der Tod durch Verhungern das denkbar schmachvollste Schicksal.«
    »Was ist bei dem Zweiten Advent passiert – auf Laterre?«, fragte Suur Moyra.
    »Die Details überspringe ich. Es war nicht so schlimm wie auf Tro. Aber in jedem Kosmos, den sie besuchen, kommt es zu einer Umwälzung. Der Advent dauert zwischen zwanzig und mehreren hundert Jahren. Mit oder ohne eure Unterstützung wird die Daban Urnud komplett umgebaut werden. Keine eurer politischen Institutionen, keine eurer Religionen wird in ihrer derzeitigen Form überleben. Kriege werden stattfinden. Einige eurer Leute werden an Bord der neuen Version des Schiffes sein, wenn es schließlich zu einem anderen Narrativ weiterzieht.«
    »So wie du, nehme ich an, als es Laterre verlassen hat?«, fragte Lodoghir.
    »O nein. Das war mein Urgroßvater«, sagte der Besucher. »Meine Vorfahren haben während der Reise nach Fthos und dem Dritten Advent gelebt. Ich bin auf Fthos geboren. Hier wird wahrscheinlich Ähnliches passieren.«
    »Vorausgesetzt«, sagte Ignetha Foral, »dass sie nicht den Weltenverbrenner gegen uns einsetzen.«
    Ich lernte zwar gerade erst, das laterranische Mienenspiel zu deuten, aber ich war mir sicher, dass das, was ich in Jules Verne Durands Gesicht sah, Grauen bei der bloßen Erwähnung des Wortes war. »Dieses fürchterliche Ding wurde auf Urnud erfunden, während ihres großen Krieges – ich muss allerdings gestehen, dass wir auf Laterre ähnliche Pläne hatten.«
    »Genau wie

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