Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
blickte zwischen mir und einem Nicknack hin und her. Eine Frau in einem weißen Kittel – eine Laterranerin – schaute zu und bediente ein großes Gerät, das warmes Wasser in meinen – nun ja – du würdest es nicht glauben, wenn ich es dir erzählte, und außerdem würdest du dir wünschen, ich hätte solche Details für mich behalten.
    »Du hast Fragen, mein Freund«, sagte Jules, »aber vielleicht solltest du warten, bis …«
    »Ihm fehlt nichts«, sagte der Arbrer. Er trug Kulle und Kord. Quer über seiner Oberlippe war ein Schlauch befestigt. Er wandte seine Aufmerksamkeit mir zu. »Dir fehlt nichts – soweit ich das sagen kann. Wie fühlst du dich?«
    »Mir ist unglaublich kalt.«
    »Das wird sich ändern. Weißt du deinen Namen?«

    »Fraa Erasmas von Edhar.«
    »Weißt du, wo du bist?«
    »Ich würde vermuten, in einer der Kugeln der Daban Urnud. Aber es gibt da einiges, was ich nicht verstehe.«
    »Ich bin Fraa Sildanic von Rambalf«, sagte der Arzt, »und ich muss mich um deine Kameraden kümmern. Jules muss als Dolmetscher mit mir kommen, und Dr. Guo hier muss das Kernerwärmungsverfahren überwachen. Apropos, das da werden wir brauchen.«
    Dr. Guo unterstrich diese Feststellung auf die denkbar dramatischste Weise, indem sie vom Fuß des Bettes aus unter meine Decke griff und mich vom Kernerwärmer trennte. Zum ersten Mal seit langer Zeit gab ich eine religiöse Verwünschung von mir.
    »Entschuldigung«, sagte Fraa Sildanic.
    »Ich werd’s überleben. Also …«
    »Also werden wir deine Fragen unbeantwortet lassen müssen«, fuhr Fraa Sildanic fort, »aber draußen wartet jemand, der dir, glaube ich, mit dem größten Vergnügen alles erzählen wird.«
    Sie gingen. Durch die sich öffnende Tür erhaschte ich einen angenehmen, von überall wachsendem Grün umrahmten Blick über offenes Wasser, der gleich darauf von einer kleinen, in höchstem Tempo hereinstürzenden Gestalt versperrt wurde. Einen Augenblick später lag Ala in ganzer Länge schluchzend auf mir.
    Sie schluchzte, und ich zitterte. Die erste halbe Stunde drehte sich nur darum, meine Kerntemperatur zu erhöhen und sie zu beruhigen. In dieser Hinsicht bildeten wir ein großartiges Team; Ala war genau das, was der Arzt mir als Methode zur Erhöhung meiner Temperatur verordnet hatte, und mich als Matratze zu benutzen, schien dem abzuhelfen, was ihr fehlte. Während des geradezu halsbrecherischen Zitterns, das seinen Gipfel nach etwa fünfzehn Minuten erreichte, klammerte sie sich an mich, als wäre ich ein Karussellpferd, und verhinderte so, dass ich vor lauter Vibrationen aus dem Bett fiel. Dieser Vorgang wurde zu gegebener Zeit von anderen faszinierenden biologischen Phänomenen abgelöst, die ich hier nicht schildern kann, ohne dies zu einer anderen Art von Dokument zu machen.
    »Gut«, sagte sie schließlich, »ich werde Fraa Sildanic berichten, dass alle deine Extremitäten ausgezeichnet durchblutet sind.« Es war der erste vollständige Satz, der aus ihrem Mund kam. Wir waren seit anderthalb Stunden zusammen.

    Ich lachte. »Ich dachte, ich wäre im Himmel. Aber so was gibt es im Himmel nicht.« Ich zupfte sanft an dem zischenden Schlauch unter ihrer Nase. Sie schnaubte und schlug meine Hand weg. »Sauerstoff von Arbre?«, fragte ich.
    »Natürlich.«
    »Wie ist er – und wie bist du - hierhergekommen?«
    Sie seufzte, da sie erkannte, dass ich entschlossen war, langweilige Fragen zu stellen. Sie schob sich hoch, bis sie rittlings auf mir saß. Ich beugte die Knie, und sie lehnte sich an meine Oberschenkel. Griff sich ein Kissen, stopfte es sich hinter den Rücken, machte es sich bequem, nestelte an ihrem Sauerstoffschlauch. Sie sah mich an, und wieder drängte sich die Hypothese, derzufolge ich im Himmel war, in den Vordergrund. Aber das konnte nicht sein. Den Himmel musste man sich verdienen.
    »Nachdem ihr gestartet wart«, sagte sie, »hat der Sockel unsere gesamte Raumfahrt-Infrastruktur gestangt.«
    »Das weiß ich.«
    »Ach so, ja. Das hatte ich vergessen. Ihr hattet einen Aussichtspunkt. Wir bekamen also die Botschaft, dass sie uns wegen des Starts der zweihundert Raketen extrem böse waren. Aber sie waren auf die Attrappe hereingefallen – auf das aufblasbare Ding, das ihr gestartet habt. Sie haben uns detaillierte Phototypien von der Havarie geschickt. Wie sie triumphiert haben!«
    »Vielleicht haben sie nur so getan, als wären sie darauf hereingefallen.«
    »Das haben wir uns auch überlegt. Aber denk daran – ein paar

Weitere Kostenlose Bücher