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Anatomie

Anatomie

Titel: Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bass jefferson
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er sich auf den Stufen des Federal Buildings mit Steve Morgan unterhalten hatte – klang selbst in meinen eigenen Ohren lahm. »Schauen Sie«, sagte ich schließlich, »jemand hat gerade den Bruder des Sheriffs erschossen. Sie haben nicht die Ressourcen, um eine große Ermittlung durchzuführen. Rufen Sie Verstärkung herbei. Dann haben Sie die größte Chance, den zu schnappen, der das getan hat.« Er sah immer noch unglücklich aus, doch er hinderte mich nicht länger daran, den Anruf zu machen.
    Fahrer- und Beifahrertür des Crown Victoria öffneten sich gleichzeitig. Auf der Fahrerseite stieg mit grimmiger Miene Steve Morgan aus, auf der Beifahrerseite Brian »Rooster« Rankin. Da seine Deckung inzwischen vollständig aufgeflogen war, hatte er Schirmmütze und Overall jetzt gegen Sportsakko und Seidenkrawatte eingetauscht.
    Williams und Morgan nickten einander unbehaglich zu, so wie Menschen, die sich kennen, es aber nicht gerne zugeben – etwa zwei Priester, die in einer Striptease-Bar aufeinandertreffen. Rankin dagegen legte großen Wert darauf, sich Williams vorzustellen, was mir verriet, dass der Deputy Rankin im Federal Building nicht begegnet war. Das kam mir logisch vor – er arbeitete schließlich immer noch verdeckt. Während Rankin ihm die Hand schüttelte, verriet Williams’ Miene jedoch eine kräftige Mischung aus Verwirrung, Schock und Angst. Also hatte Rankin wohl – als verdeckt ermittelnder Beamter – in irgendeinem zwielichtigen oder illegalen Kontext Tuchfühlung mit dem Deputy gehabt.
    Die beiden Kriminalbeamten steckten kurz die Köpfe mit uns zusammen. Zuerst bekamen sie von mir eine Zusammenfassung, dann stellten sie Williams ein paar Fragen – wo und wann hatte er von der Schießerei erfahren, wann war er gekommen und so weiter. Sie entschuldigten sich einen Augenblick und stiegen wieder in ihr Auto, wo sie sich in leisem, ernstem Tonfall berieten. Als sie sich wieder zu uns gesellten, schien Morgan die Führung übernommen zu haben. »Wir schlagen folgendes Vorgehen vor«, sagte er in einem Tonfall, der nicht gerade zu Rückmeldungen oder Fragen einlud. »Ich bleibe mit Dr. Brockton und seinen Leuten hier, während sie die Leiche aus dem Hubschrauber bergen. Agent Rankin fährt mit Deputy Williams zurück zum Gerichtsgebäude, um mehr Hintergrundinformationen zu erhalten, die eingegangenen Anrufe durchzugehen und sich die relevanten Akten anzusehen.«
    »Ich rühre mich hier nicht von der Stelle«, sagte Williams. »Dies ist ein Tatort in Cooke County, ich war der erste Beamte am Tatort, und damit bin ich für diesen Vorfall hier zuständig.«
    Die Beamten der Kriminalpolizei sahen einander an, und Rankin winkte Williams zu sich. »Leon – Kumpel – wie wäre es, wenn du ein paar Minuten mit deinem alten Spezi Rooster quatschst?« Er zeigte auf Leons Jeep, und sie stiegen ein. Diesmal wurden die Stimmen ziemlich laut – wenigstens die des Deputys. Sehr zu meiner Überraschung wurde dann jedoch der Motor des Cherokee angeworfen und das Fahrzeug fuhr in Schlangenlinien über das Feld und nahm den Deputy und den verdeckt ermittelnden Beamten mit aus dem Tal hinaus.
    Morgan schenkte mir ein strahlendes Lächeln. »Behördenübergreifende Kooperation«, sagte er, »ist wirklich etwas ganz Wunderbares.« Ich wartete, ob er mich noch darüber ins Bild setzen würde, wieso Rankin so einen großen Einfluss auf Williams hatte, doch es kam nichts mehr. »Ich will Sie nicht noch länger von der Arbeit abhalten«, sagte er und schaute zum Hubschrauber.
    Als Erstes kartographierten wir die Absturzstelle. Ich bat Sarah, eine grobe Skizze des Tatorts zu zeichnen, während Art und Miranda die Koordinaten der wichtigsten Geländepunkte absteckten. Die Entwicklung tragbarer GPS-Empfänger hatte das Skizzieren des Tatorts sehr vereinfacht – mit einem Knopfdruck war es jetzt möglich, Längen- und Breitengrad des Fundorts einer Leiche genau zu bestimmen und diesen sogar auf dem Display einzublenden –, aber ich war noch nicht bereit, ganz auf das altmodische Ausmessen und Zeichnen einer Karte zu verzichten. Batterien gingen zu Ende, Displays konnten kaputtgehen, Platinen fielen aus, selbst Satelliten gingen kaputt. Abgesehen davon hatten die meisten GPS-Empfänger eine Fehlertoleranz von ein bis drei Metern. Im schlimmsten Fall konnte das bedeuten, dass ich, wenn ich sechs Monate später an einen Tatort zurückkehrte und genau da stand oder grub, wo laut der Anzeige des Dingsbums die Leiche

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