Anbetung
Rentner, die mit ihren Laufgestellen den Cha-Cha-Cha probieren, vor Langeweile zu krepieren.‹«
»Auf der Straße«, sagte Stormy, »das wäre wohl zu viel des Neuen gewesen.«
»Jeden Tag was Neues, noch und nöcher.« Ich seufzte. »Immerhin hätten wir eine Menge Spaß gehabt. Sie wollte mich dabeihaben, um nicht allein lachen zu müssen … Und wenn sie mitten in einem besonders haarigen Spiel starb, dann sollte ich dafür sorgen, dass die anderen Spieler nicht ihr Bargeld unter sich aufteilten und ihren Kadaver als Kojotensnack in der Wüste deponierten.«
»Also, ich verstehe zwar, wieso du nicht auf Reisen gegangen bist, aber wieso spielst du nicht?«
»Weil ich selbst dann fast immer gewonnen hab, wenn Oma Sugars nicht nachlässig gespielt hat, um mir einen Vorteil zu verschaffen.«
»Und das war wegen deiner … Gabe?«
»Genau.«
»Du hast gesehen, was für Karten auf dem Stapel lagen?«
»Nein. So dramatisch war das nicht. Ich hatte einfach ein Gefühl dafür, wann die Karten auf meiner Hand stärker waren als die der anderen Spieler und wann nicht. Dieses Gefühl hat sich zu neunzig Prozent als richtig erwiesen.«
»So was ist beim Pokern tatsächlich ein gewaltiger Vorteil.«
»Bei Blackjack und anderen Kartenspielen ist es dasselbe.«
»Also ist es kein echtes Glücksspiel für dich.«
»Eigentlich nicht. Es ist ein reines Abkassieren.«
Stormy begriff sofort, wieso ich die Finger vom Spielen ließ. »Und das wäre fast dasselbe wie zu stehlen«, sagte sie.
»So dringend brauche ich Geld nicht«, sagte ich. »Und daran
wird sich auch nichts ändern, solange es Leute gibt, die sich von mir was braten lassen.«
»Oder solange sie Füße haben.«
»Genau. Falls ich mich wirklich dem Schuhhandel zuwende.«
»Ich will ja nicht nach Vegas, um dort zu spielen«, erklärte Stormy.
»Das ist’ne weite Strecke für eins dieser Büfetts, wo man futtern kann, so viel man will.«
»Ich bin auf Vegas gekommen, weil wir bloß etwa drei Stunden dorthin brauchen und weil die Hochzeitskapellen da rund um die Uhr aufhaben. Keine Bluttests erforderlich. Wir könnten schon beim Morgengrauen verheiratet sein.«
Mein Herz machte einen dieser lustigen Sprünge, zu denen nur Stormy es bringen konnte. »Wow! Das reicht fast aus, um mir den nötigen Reisemut zu verschaffen.«
»Aber nur fast, was?«
»Wir können morgen früh unsere Bluttests machen lassen, am Donnerstag die Heiratserlaubnis besorgen und uns am Samstag trauen lassen. Dann können auch unsere Freunde dabei sein. Ich will sie jedenfalls dabeihaben, du nicht?«
»Doch. Aber der Wunsch, sofort zu heiraten, ist stärker.«
Ich küsste sie. »Wieso die plötzliche Eile nach all dem Zögern? «, fragte ich.
Weil wir schon eine ganze Weile in der unbeleuchteten Durchfahrt standen, hatten sich unsere Augen völlig der Dunkelheit angepasst, sonst hätte ich die tiefe Besorgnis in Stormys Gesicht, ihren Augen gar nicht richtig gesehen. Was sie ergriffen hatte, war nicht allein Angst, sondern ein stilles Grauen.
»He, he«, sagte ich beruhigend. »Es wird alles gut.«
Ihre Stimme zitterte nicht. Stormy ist zu taff, um gleich zu weinen. Ihre Worte klangen aber so weich, dass ich hörte, wie bedroht sie sich fühlte: »Seit dem Augenblick, als wir am Karpfenteich
gesessen haben und dieser Mann die Promenade entlanggekommen ist …«
Als sie verstummte, sagte ich: »Der Pilzmann.«
»Ja. Dieser gruselige Bastard. Seit ich ihn gesehen hab … da hab ich Angst um dich. Ich hab natürlich immer Angst um dich, Oddie, aber normalerweise mache ich deshalb keinen Wind. Bei dem ganzen Zeug, mit dem du ohnehin schon fertig werden musst, brauchst du schließlich nicht auch noch ein weinerliches Frauchen, das dir ständig damit in den Ohren liegt, du sollst um Himmels willen auf dich aufpassen.«
»Ein weinerliches Frauchen?«
»’tschuldigung. Offenbar hatte ich einen Flashback in ein früheres Leben so um 1930. Aber egal, jedenfalls brauchst du keine hysterische Ziege, die dir dauernd auf die Nerven geht.«
»Das mit dem weinerlichen Frauchen hat mir viel besser gefallen. Also, ich glaube zwar, dass dieser Typ total krank ist. Er ist eine Bombe mit zehn Megatonnen Sprengkraft und einem Zeitzünder, der wie besessen tickt. Aber der Chief und ich sind ihm auf den Fersen, und wir werden ihm den Zünder schon ziehen, bevor er in die Luft fliegt.«
»Sei dir da nicht so sicher. Bitte, Oddie, sei dir nicht so sicher. Wenn du dich bei diesem Typ zu sicher
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