Ancient Blades 2 -Das Grab der Elfen
Wiedergängern begegnet waren, schuf das Licht nur ein kleines Eiland in einem Meer aus Dunkelheit.
Als er weiterging, glaubte er, seine Augen würden ihm einen Streich spielen. Beinahe hatte es den Anschein, als ginge die Sonne auf. Er schloss ein Auge, dann das andere. Aus früheren Erfahrungen wusste er, dass sich die Augen unterschiedlich an das fehlende Licht gewöhnten, wenn man allzu lange Zeit unter der Erde verbrachte. Aber beide Augen reagierten gleich, und er konnte seinen Sinnen nicht länger misstrauen.
Ein roter Lichtstrahl kroch über den Boden, flackerte zunächst und gewann an Kraft. Dieser Strahl rührte weder von einer Laterne noch von einer Fackel her. Selbst ein Signalfeuer hätte kein so gleichmäßiges Licht ausgesandt, und sicherlich hätte das Licht gewöhnlicher Flammen eine andere Farbe gehabt. Aber noch während Croy hinsah, nahm das Licht an Stärke und Klarheit zu. Riesige Schatten ragten ihm aus der Dunkelheit entgegen – große, wuchtige Silhouetten, bei denen es sich nur um Häuserwände handeln konnte, wie ihm bald klar wurde. Das rote Licht verstärkte sich, und er schien Zeuge des Sonnenaufganges über den Mauern von Ness zu werden.
»Mörget«, flüsterte er, »siehst du das?«
»Aye«, antwortete der Barbar.
Croy ging dem Licht entgegen, ohne auf mögliche Gefahren zu achten, nur von dem verzweifelten Verlangen getrieben, seine Quelle zu entdecken. Dieses Licht verwandelte alles, was es berührte, in lange Schatten. Vermutlich war hier Magie im Spiel, und er fragte sich, ob Mörget nicht doch recht hatte und das Mädchen, das sie verfolgten, eine Magierin war. Sie hatten ihren Dämon erschlagen – welches Unheil braute sie nun für sie zusammen?
Croys Haut kribbelte, und er nahm seine Umgebung überaus deutlich wahr.
In dem geheimnisvollen Licht sah er, dass sie einen ausgedehnten Innenhof betreten hatten, eine riesige Fläche mit niedrigen Gebäuden – Häusern, Tempeln, Getreidespeichern, was immer es sein mochte – und mit einer hohen Kuppeldecke, die von gewaltigen Säulen getragen wurde. Das rote Licht stach zwischen zwei Gebäuden aus massivem Marmor hervor. Der Thronsaal, den er gerade verlassen hatte, stellte nur ein weiteres dieser großen Gebäude dar.
Bis zu diesem Augenblick war ihm das Vincularium als Ansammlung von Tunneln und engen Räumen vorgekommen. Nun aber schien es ihm, als habe er eine riesige Stadt betreten. Er hatte das Gefühl, durch ein magisches Tor gefallen und außerhalb des Vinculariums aufgewacht zu sein, Hunderte von Meilen entfernt. Allein die Kuppeldecke bewies ihm, dass er sich noch immer im Schoß der Erde befand.
Er passierte zwei säulengeschmückte Fassaden und überquerte weitere hundert Fuß Bodenfliesen, bevor er zum anderen Ende des Hofes gelangte. Dort gab es eine Öffnung, die zu einem Sims über dem Zentralschacht führte, eine breite Aussichtsplattform mit einer Brüstung aus Marmor und Bronze. Seit Stunden hatte er nach dem Zentralschacht gesucht, zumindest kam es ihm so vor, und nun hatte er ihn endlich gefunden. Und doch war sein Anblick so wunderbar, dass er kaum bemerkte, wo er war.
Der Schacht war erhellt wie durch Tageslicht. Croy erkannte den ganzen Weg zur obersten Ebene, wo er das Vincularium betreten hatte, und noch weiter hinauf, wo sich die Quelle des rötlichen Lichtes in schwindelerregender Höhe befand. Es handelte sich um die Kristallkugel, die an drei gewaltigen Ketten in der Schachtmitte hing. Sie brannte mit einem brodelnden Feuer, das Croy beinahe in den Augen schmerzte, ein unglaubliches Flammenmeer, gebändigt von der durchsichtigen Kugel. Da erst fiel ihm auf, dass die Kugel von einem Dutzend Röhren bekrönt war, die weiter oben in der Kuppeldecke der Zwergenstadt verschwanden.
Im Vincularium hatte der Sonnenaufgang Einzug gehalten.
»Wie eine gewaltige Öllampe«, sagte er und konnte es nicht fassen. »Aber wie … was … ah! Natürlich! Es ist Magie.«
Keine andere Auslegung befriedigte Croys Weltsicht. Es musste Magie sein, die das Licht zum Brennen brachte. Nachdem er die Erscheinung für seine schlichte Philosophie sauber zurechtgebogen hatte, konnte er gehörig darüber staunen. Begegnete einem Menschen etwas Unerklärliches, wofür es keine vernünftige Erklärung zu geben schien, dann war es unweigerlich von magischer Natur und entzog sich jeder Deutung, also musste man sich keine weiteren Gedanken darum machen. In Skrae war dies ein durchaus übliches Verhalten, zumindest bei
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