Ancient Blades 2 -Das Grab der Elfen
einen Felsen am Straßenrand und nahm darauf Platz. Seine Kutte war staubig, als sei er schon lange unterwegs. »Es tut gut, sich eine Weile auszuruhen.«
Herward ließ sich mitten auf der Straße nieder und verschränkte die dürren Beine zur Meditationshaltung. »Kommst du von weit her?«, fragte er, weil ihm sonst nichts einfiel.
»Aus Ness, da war ich erst vor Kurzem«, erwiderte Prestwicke. »Die Meilen sind lang, aber die Arbeit ist so wichtig. Ich drücke mich nicht vor meinen Pflichten und beklage mich auch nicht. Aber … es tut gut, hier zu sitzen und zu rasten.« Er warf einen Blick auf das Loch im Berg, sagte aber nichts dazu. Eine ganze Zeit saßen die beiden einfach da und leisteten einander wortlos Gesellschaft. Herward war dankbar, nicht allein zu sein.
Als Prestwicke schließlich wieder das Wort ergriff, war seine Stimme leise und klang angenehm im Ohr. »Du hattest kürzlich Besuch, nicht wahr? Noch dazu bewaffnete Männer. Das muss schlimm für dich gewesen sein. Diese Menschen werden nur beherrscht von körperlichem Verlangen und Gier. Allein ihre Anwesenheit war gewiss eine schwere Prüfung für deine Andacht.«
Wie der Fremde das wissen konnte, blieb ein Geheimnis, aber Herward unterdrückte ein Stirnrunzeln, um sich seinen Zweifel nicht anmerken zu lassen. Vielleicht hatte Prestwicke dieses Wissen ja in einer Vision erlangt. »Wie du schon sagtest, ich drücke mich nicht vor meiner Pflicht«, erwiderte der Eremit. »Die Göttin bat mich, ihnen zu helfen.«
»Siehst du, Herward, genau das ist der Grund, warum ich dich kennenlernen wollte«, erklärte Prestwicke. »Wie lange ist es her, dass mir jemand begegnete, der wirklich begreift, was das heilige Werk bedeutet? Viel zu lange war ich nur umgeben von einfachen Leuten oder schlimmer … von Priestern.«
Bei Prestwickes Tonfall zuckte Herward zusammen. »Nun, die Priester der Göttin sind gute Männer, gelehrt und weise«, sagte er und wäre um ein Haar aufgestanden, um sie zu verteidigen. »Sie sind genauso sehr von ihrer Hand berührt worden wie …«
Prestwicke unterbrach ihn. »Sie führen die Menschen mit Predigten, die ungehört bleiben. Sie singen … Hymnen.« Er winkte abschätzig mit der Hand.
»Die Göttin weist jedem von uns einen Platz und eine Aufgabe zu. Sie wählt ihre Priester, weil diese lehren und heilen, und sie bringen dem Volk eine …«
»Sie tun nichts von Wert. Sie nehmen Geld, um Weihrauch zu verbrennen und aus Büchern vorzulesen. Pfui!« Prestwicke beugte sich vor. »Weißt du eigentlich, Herward, dass es eine Zeit gab, die natürlich schon lange vorbei ist, als Priester von der Herde des Volkes gefürchtet wurden? Als sie Ehrfurcht erregten, wo immer sie wandelten?«
»Die von der Göttin auserwählten Kirchenmänner bringen nur Trost und …«
»Ich spreche von den Tagen, bevor die Göttin auf unsere Welt kam«, widersprach Prestwicke mit leichtem Kopfschütteln. »Die erste Aufgabe ihrer Priesterschaft bestand darin, die alte Priesterschaft aufzuspüren und zu vernichten. Weil sie Bescheid wussten, Herward. Sie wussten, wozu echte Priester imstande sind. Sie ließen Regen fallen. Sie änderten den Schlachtverlauf. Sie vollbrachten Wunder, Herward. Wunder.«
Herward hatte das Gefühl, als hätte man ihm Eiswasser über den Rücken gegossen. Langsam kam ihm der Gedanke, dass der Besucher nicht der Mann war, für den er sich ausgab. Möglicherweise war er nicht einmal ein Mensch. Es gab alte Geschichten über Dämonen, die Menschengestalt annahmen, Verführer und Schmeichler. »Du sprichst von Zauberei«, flüsterte er.
»Ganz gewiss nicht«, entgegnete Prestwicke, und obwohl er die Stimme nicht hob, schien sie zu hallen wie ein Donnerschlag. »Zauberer sind abscheuliche Kreaturen, sie schänden uralte Rituale. Sie stehlen Fragmente von Beschwörungen und Gesängen der alten Priesterschaft und benutzen sie für ihre eigenen verderblichen Bedürfnisse. Ich spreche von den alten Priestern von Sadu. Der heiligen Bruderschaft, die im Namen der ganzen Menschheit den Blutgott anbetete und besänftigte.«
»Die Göttin erbarme sich meiner«, sagte Herward. »Warum bist du zu mir gekommen? Ich schwöre, ich widerstehe dir. Wenn du mir die Seele rauben willst …«
»Ihre Wege sind in Vergessenheit geraten. Ihre Bücher vernichtet. Aber Geheimnisse haben eine seltsame Angewohnheit, sich wieder in Erinnerung zu rufen. Ich werde die alten Wege finden, Herward. Ich werde sie zurückverfolgen. Ich
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