Ancient Blades 2 -Das Grab der Elfen
andere.
»Ruhe!«, rief er mit kalter Stimme.
Augenblicklich verstummte der Lärm im Saal. Die Musikanten hörten mitten im Akkord auf zu spielen. Die Jongleure fingen ihre Fackeln auf und hielten sie fest. Die Krieger lösten sich voneinander und nahmen Haltung an. Die Damen blieben genau dort stehen, wo sie sich gerade aufhielten, und legten die Hände an die Seiten. Die Wächter um Malden, Cythera und Slag nahmen Haltung an und senkten die Waffen.
»Wer ist das?«, fragte der schwarz gekleidete Elf.
Die versammelten Elfen wandten sich um, als würden sie die Neuankömmlinge erst jetzt bemerken, und starrten die beiden Menschen und den Zwerg an. Sie ergriffen einander bei den Armen und deuteten auf die Fremden. Einige schlugen die Hand vor den Mund, bei anderen weiteten sich die Nasenlöcher vor Überraschung. Keiner von ihnen gab auch nur den geringsten Laut von sich.
Der Soldat, der gedroht hatte, Slag zu töten, wenn er nicht weiterging, eilte nach vorn. In dem stillen Saal klang das Klirren seiner Rüstung übermäßig laut. Er ließ sich auf ein Knie sinken und hob flehentlich die Hände.
Der Elf in Schwarz starrte ihn einen Augenblick lang an, als habe er nicht die geringste Ahnung, wer der Mann sei. Dann erhellte sich seine Miene, als ihm plötzlich etwas einzufallen schien. »Du … darfst sprechen.«
»Eure hochwohlgeborene Gegenwart möge für alle Ewigkeit bewahrt und Eure Wohltätigkeit überall gepriesen werden, Hieromagus. Dies sind die menschlichen Eindringlinge, die Ihr uns zu holen befohlen hattet.«
»Ich schickte … euch? Eindringlinge?«
Malden fing an zu zittern. Er erinnerte sich, dass der Lord – der Bursche, der sich vor Slags Erbrochenem geekelt hatte – gesagt hatte, dass ein Hieromagus den Befehl gegeben habe, sie lebend zu bringen. Der einzige Grund, warum man sie nicht schon bereits getötet hatte, war der Befehl dieses Mannes. Wenn sich dieser Hieromagus nicht daran erinnern konnte, warum er sie lebend übergeben haben wollte, starben sie womöglich im nächsten Augenblick.
»Wartet!«, befahl der Hieromagus. »Es ist Zeit für mein Sakrament.« Wieder bewegte sich der Vorhang hinter ihm, und eine Elfin trat hervor. Sie trug ein Hemd aus Flicken und Lumpen. In der Hand hielt sie etwas Kleines und Dunkles. Der Hieromagus öffnete den Mund weit, und sie legte ihm das Ding auf die Zunge. Bevor er den Mund wieder schloss, erkannte Malden, dass es sich um den Hut eines schwarzen Pilzes handelte. Der Hieromagus schluckte ihn wie eine Pille.
»Ich schickte euch los«, sagte er. »Ich schickte euch los, um die Eindringlinge hierherzubringen. Das geschah in der Vergangenheit. Ja. Jetzt weiß ich es wieder. Ich sehe wieder ihre Zukunft. Sehr … sehr wichtig, dass sie … leben. Das wird sehr wichtig sein. Obwohl … obwohl …«
Er verstummte. Die Zeit verging, aber er sagte nichts mehr.
Einer der Soldaten, der links von Malden stand, führte die Hand vorsichtig zum Gesicht. Verstohlen kratzte er sich an der Nase, dann senkte er die Hand rasch wieder, als fühle er sich bei dieser Geste beobachtet.
Plötzlich sank der Hieromagus nach vorn und stützte sich schwer auf die Balkonbrüstung. Er riss die Augen so weit auf, dass Malden schon glaubte, sie würden ihm gleich aus dem Kopf fallen. Sein Mund verzerrte sich zu einer Grimasse tiefsten Entsetzens, und sein ganzer Körper verkrampfte sich.
Einen Augenblick später richtete er sich wieder auf, als wäre nichts geschehen. »Ist es Zeit für mein Sakrament?«, fragte er mit der Stimme eines Knaben, der um eine Süßigkeit bittet. »Warum spielt keine Musik? Wenn keine Musik spielt, höre ich … ich höre alles …«
Augenblicklich setzte die Musik wieder ein. Die Jongleure warfen ihre Fackeln in die Luft. Die Krieger setzten ihre Schaukämpfe fort. Die Damen kicherten und tuschelten. Keiner beachtete die Menschen.
Der Hieromagus trat durch den Vorhang, ohne sich die Mühe zu machen, ihn vorher zur Seite zu schieben. Seufzend erhob sich der Anführer der Soldaten und gab seinen Männern ein Zeichen. »Bringt sie hinein und schließt sie weg! Vielleicht erinnert er sich wieder, was er mit ihnen vorhatte. Vielleicht befiehlt er ihren Tod. Wer weiß? Wie dem auch sei, ich kann nicht behaupten, dass ich dieses Spiel besonders lustig finde.«
»Dieser Kerl bestimmt den Lauf eures Schicksals?«, fragte Malden. »Mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, mit welcher Erleichterung mich das erfüllt.«
Der Wächter
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