Ancient Blades 3: Der Thron der Barbaren
ausräuchern
musste.
Mörget hätte einer solchen Erfolgsmeldung nichts entgegenzusetzen.
Seit ihrer Geburt war Mörgains Ruhm geschmälert, von
der GröÃe ihres Vaters und ihres Bruders überschattet worden. Die Skalden
sangen Lieder über deren Reisen und Duelle: dass Mörg jedes Land der Welt
gesehen, dass Mörget jeden Mann besiegt hatte, der sich ihm jemals
entgegengestellt hatte. Die Lieder, die man über Mörgain sang, sorgten bei den
Männern lediglich für Heiterkeit. Das Mädchen, das mit Messern spielt, so hatte
man sie genannt. Dann das Mädchen, das Häuptling werden wollte. In letzter Zeit
waren diese Lieder weniger oft gesungen worden â sie hatte so viele Männer
getötet, dass ihre Taten nicht mehr so lächerlich zu sein schienen. Trotzdem
betrachtete man sie als bedeutend schwächer als ihren Bruder. Sie wäre nie
zufrieden, bis sie bewiesen hätte, dass sie Mörget überlegen war.
»Wir haben Zeit. Zeit für einen weiteren Schlag.
Vielleicht sogar einen endgültigen Streich«, erklärte sie.
Ihre Beinaheniederlage auf der StraÃe hatte Halvir
mutig gemacht. »Wir sind verwundet und müde, und wir wollen zur Festung zurück,
Anführerin. Warum diese Verzögerung?«
Ãberrascht starrte sie ihn an. Ihr Bruder hätte den
Kerl niedergeschlagen, bloà weil er sich ihm widersetzte, das wusste sie. Er
hätte niemals erlaubt, dass seine Männer auf diese Weise mit ihm sprachen. Aber
vielleicht hatte sie ja etwas von der Klugheit ihres Vaters geerbt. Mörg wollte
immer wissen, was seine Untertanen dachten. Ihm war klar, dass sie
möglicherweise etwas gesehen hatten, dessen er sich nicht bewusst war, oder
vielleicht eine einfallsreiche Lösung für eine Schwierigkeit gefunden hatten,
das ihn verblüffte.
Sie entschied sich für den Mittelweg und tat so, als
läge es unter ihrer Würde, auf diesen trotzigen Einwand einzugehen. Das Summen
einer lästigen Fliege. »Gibt es nicht hier in der Nähe ein Herrenhaus?«, fragte
sie. »Ich entdeckte eins auf der Karte, die ich in Helstrow betrachtete.«
Der Plünderer runzelte die Stirn. »Aye, ein Ort namens
Osthof, keine Viertelmeile von hier entfernt. Aber von Mörgets Männern liegen
Berichte vor, dass dort niemand mehr wohnt. Aus den Schornsteinen stieg kein
Rauch auf, die Tore waren fest verriegelt. Nachts gab es kein Licht.
Wahrscheinlich steht das Gebäude leer. Sämtliche Skraelinge aus jener Gegend
scheinen geflohen zu sein.«
»Offensichtlich nicht alle«, erwiderte Mörgain. Sie
hielt den Apfel hoch, damit Halvir ihn sehen konnte.
Jemand hatte ein Stück herausgebissen. Erst kürzlich.
Das helle Fruchtfleisch war an den Rändern braun, aber noch nicht verfault.
Halvir runzelte die Stirn. Er schien nicht zu
begreifen.
»Sieh nach oben!«, verlangte sie. Ãber ihnen breiteten
sich die Zweige eines Apfelbaumes über der StraÃe aus. Hier und da hingen rote
Früchte, wenn auch bei Weitem nicht so viele, wie man vielleicht erwartet
hätte. Und es lag auch kein einziger Apfel am StraÃenrand oder war in den Staub
getrampelt worden. Nur der, den sie gefunden hatte. »Jemand hat sie geerntet.
Vielleicht für den Winter eingelagert. Jemand, der in der Nähe lebt, aber klug
genug ist, sich nicht sehen zu lassen, wenn wir vorbeireiten.«
Halvirs Nasenlöcher bebten. Hatte er endlich
begriffen? Oder war er bloà wütend, dass sie klüger war als er? Viele Männer kannten keine andere Verhaltensweise als
Groll, wenn eine Frau bewies, dass sie ein Hirn im Kopf hatte â
oder einen Arm, der ein Schwert schwingen konnte. Sie fragte sich beiläufig, ob
sie wohl Halvir noch töten musste, bevor der Tag zu Ende ging. Als Beispiel für
die anderen und um ihn ein für alle Male zum Schweigen zu bringen.
»Du hast die Männer gesehen, die Sir Croy gegen uns
ins Feld führte«, fuhr sie fort. »Pöbel, schlecht ausgebildet. Kaum bekleidet.
Aber sie hatten einen groÃen Vorteil â sie waren organisiert. Besser als
wir, und das kostete uns viele Männer. Croy rekrutierte jeden Mann, den er für
den Kampf gegen uns auftreiben konnte, und er bildete alle selbst aus. Ihm muss
irgendein Gebäude zur Verfügung stehen, in dem er sie unterbringt, ein
Ãbungsgelände, auf dem er seine Angriffe plant.«
»Also willst du Osthof plündern und
Weitere Kostenlose Bücher