Ancient Blades 3: Der Thron der Barbaren

und sah einen Berittenen, der
sich seinen Weg durch den Hinterhalt bahnte, einen Mann allein auf einem Pferd.
Die Soldaten machten ihm Platz wie Wellen vor einem Schiffsbug.
    Als der Reiter näher kam, sah Croy, dass er eine
Plattenrüstung trug, die heller als der Schnee funkelte. Das Helmvisier war
gesenkt, aber oben auf dem Helm trug er einen schlichten Goldreif. Croy kannte
diese Krone gut.
    Â»Tarness«, rief er, »was soll das? Tretet zur Seite
und lasst uns durch!«
    Â»Sir Croy«, antwortete der Burggraf der Freien Stadt
Ness, »ich hörte, dass Ihr nicht unter den Toten von Osthof zu finden wart. Ich
bin froh, Euch lebendig zu sehen.«
    Croy hielt sich nicht mit Höflichkeiten auf. »Schafft
Eure Männer aus dem Weg!«, wiederholte er. Er warf einen misstrauischen Blick
auf die Pikenformation, die sich links von ihm am Straßenrand aufgestellt
hatte. Hätten ihn die Soldaten angegriffen, hätte er sich ihrer nur mit größter
Mühe erwehren können. Sein linker Arm war noch immer zu schwach, um einen
Schild zu halten. »Ich habe Wichtiges zu erledigen.«
    Tarness führte sein Pferd dichter heran. Hinter ihm am
Sattel ragte eine Lanze in den Himmel auf und
schwankte bei jedem Schritt hin und her. Sie wies keinen Wimpel auf, war aber
mit Tarness’ Farben bemalt. »Es gab eine Zeit, Croy, da habt Ihr mir den
Treueid geleistet«, stellte der Burggraf fest. »Nun wollt Ihr mir befehlen. Habt Ihr
womöglich vergessen, wer ich bin?«
    Sir Hew drängte sein Pferd nach vorn und richtete
Chillbrand auf den Burggrafen. »Euer Herr erteilte Euch einen Befehl, Mann. Er
ist nicht länger Sir Croy. Er ist Croy, der Regent von Skrae, und damit Euer
Befehlshaber.«
    Â»Schon möglich«, antwortete Tarness. »Falls das Land,
auf dem wir stehen, noch Skrae heißt. Einige behaupten, dass es nicht mehr so
zu nennen ist.«
    Croy kniff die Augen zusammen. Seine Späher hatten ihn
über die Armee der Freien Männer des Burggrafen unterrichtet. Er war davon
ausgegangen, dass sie genau wie er um den Erhalt von Skraes Monarchie kämpften.
    Â»Dem Stadtbrief von Ness zufolge gehört dieses Land
mir, damit ich es bestellen lasse und Nutzen daraus ziehe, wie ich es für
richtig halte«, fuhr Tarness fort. »Es steht unter meinem Schutz. Niemand darf
diese Straße betreten, wenn ich es nicht erlaube.«
    Â»Ein Stadtbrief, der von einem König von Skrae in
Helstrow unterzeichnet wurde«, beharrte Hew. »Unter der ausdrücklichen
Voraussetzung, dass sich kein Untertan die königliche Autorität anzumaßen
wagt.«
    Â»Ja, ein König – in Helstrow. Aber es gibt keinen
König mehr, weder in Helstrow noch sonst wo. Ich nehme an, dass Bethane Königin
geworden ist und Euch zum Regenten ernannte, aber ich nehme ebenfalls an, dass
sie niemals von einem Priester der Göttin auf vorgeschriebene Weise gekrönt
wurde. Und da sich Helstrow in Händen der Barbaren befindet, sitzt sie wohl
kaum auf einem echten Thron.«
    Â»Beides trifft zu«, gestand Croy ein.
    Â»Ihr seht also, dass dies alles erschreckend schnell
schwierig werden kann.«
    Sir Hew hob Chillbrand, als wolle er zum Angriff
übergehen, aber Croy hielt ihn mit einer müden Geste zurück.
    Â»Was wollt Ihr?«, fragte Croy den Burggrafen.
    Â»Zunächst einmal Eure Absichten in Erfahrung bringen.«
    Croy nickte. Nun gut. Wenn der Mann unbedingt den
Aufstand proben wollte, dann würde er mitspielen – eine Weile. »Wir sind
gekommen, um Ness von den Barbaren zu befreien. Wollt Ihr Euch diesem Ziel
widersetzen?«
    Â»Wohl kaum, da ich dieses Ziel ebenfalls verfolge. Wir
kamen mit den nämlichen Absichten hierher.«
    Croy seufzte. Nach dem Gesetz konnte er verlangen,
dass sich Tarness seiner Kompanie anschloss und ihn unterstützte. Er war der
höchste Befehlshaber im Feld. Aber sollte er versuchen, diese Forderung zu
erzwingen, stieße er nur auf weiteren Widerstand, das spürte er. Tarness trieb
ein undurchschaubares Spiel. Ness zu befreien, war nur der erste Zug. Er dachte
bereits an den nächsten und den übernächsten. Wie es vom Burggrafen nicht
anders zu erwarten war. Croy gehörte zu den wenigen, die das Geheimnis
kannten – dass er mit der Seele von Juring Tarness sprach, die sich in der
Krone befand. Juring Tarness war ein Meister der Strategie gewesen, auf dem
Schlachtfeld ebenso wie