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Ancient BladesDie Metropole der Diebe

Ancient BladesDie Metropole der Diebe

Titel: Ancient BladesDie Metropole der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Chandler
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vielleicht erklärte, warum sie nicht auf ihn gewartet hatte, als er das Rohr verlassen hatte und in den schmutzigen Fluss gestürzt war. Vermulich konnte man es ihr nicht verübeln, dass sie geflohen war, nachdem die Wächter sie entdeckt hatten. Bei der Verwirrung oben im Palast hätte man sich kaum die Mühe gemacht, sich die Geschichte anzuhören, die sie bestimmt vorbereitet hatte. Sie hätte im Kerker enden können.
    Irgendwie musste er mit ihr oder Bikker Kontakt aufnehmen, um eine vernünftige Verabredung für die Übergabe der Krone zu treffen. Was sich unter Umständen schwierig gestalten würde, nachdem die Wächter sie suchten – sicherlich waren die beiden untergetaucht. Aber er hatte Möglichkeiten, sie zu finden, die den Behörden verwehrt blieben. Er musste nur ein wenig graben.
    Auf dem Rückweg vom Fluss kam er jedoch zu dem Schluss, dass er es sich leisten konnte, einen Tag lang auszuruhen. Seine nächliche Unternehmung hatte ihn erschöpft, seine Hände schmerzten und verlangten verzweifelt danach, eine Weile nichts zu tun. Außerdem hatte er seit dem Vortag nichts mehr gegessen und fühlte sich halb verhungert.
    Also ließ er sich Zeit mit dem Nachhauseweg. Hier im unteren Teil des Stinkviertels floss der Fluss flach und breit durch eine Gegend mit Fischerhäusern, die alle auf Pfählen errichtet waren, um vor der jährlichen Frühlingsüberschwemmung geschützt zu sein. Malden stieg das mit Salzgras dicht bewachsene Ufer hinauf, wo umgedrehte Ruderboote lagerten und das Pech zwischen ihren Fugen in der Sonne schmolz. Die Fischer saßen auf ihren Booten, damit sie nicht gestohlen wurden, und warteten auf den Gezeitenwechsel. In der Zwischenzeit lachten und scherzten sie, während sie mit dicken, vernarbten Fingern ihre Netze flickten. Sie musterten ihn misstrauisch, aber ohne ein Wort zu verlieren. Sicherlich war es nicht das erste Mal, dass sie im ersten Licht des Tages eine mit Flusswasser getränkte Gestalt das Ufer emporsteigen und sich davonschleichen sahen. Er hoffte, dass es oft genug geschah, dass sie sich nicht an ihn erinnern würden, wenn er weg war.
    Eine kurze Treppe brachte ihn zur Straße hinauf, wo er einen Brolaib vom vergangenen Tag kaufte und drei Schlucke Wein aus einem Fass trank. Unterwegs zupfte er das Brot auseinander und achtete darauf, mit den frisch gesäuberten Schuhen in keinen Unrat zu treten. Die Häuser neigten sich hier weit in die Straße herein, und die oberen Geschosse waren so weit nach vorn gebaut, dass sie sich beinahe berührten. Selbst am Mittag herrschte hier nur tiefer Schatten. Eine Weile setzte sich Malden auf eine Pferdetränke, um dort zu essen und das Kommen und Gehen seiner Nachbarn zu beobachten.
    Die Bewohner des Stinkviertels kleideten sich schlicht, und nur wenige von ihnen hatten ebenmäßige Gesichter – tatsächlich waren die meisten von den Pockennarben längst überstandener Krankheiten oder anderen Spuren schlechter Ernährung und unhygienischer Lebensumstände gezeichnet. Keiner von ihnen konnte lesen oder schreiben, und im Alter von fünfundzwanzig sahen selbst die ansehnlichsten Mädchen alt und gebeugt aus.
    »Vorsicht da unten!«, rief jemand über Maldens Kopf, und ein Schuhmacherlehrling musste der Ladung Abfall und Unrat ausweichen, die aus einem Fenster im ersten Stock geschüttet wurde. Als er beiseitesprang, stieß er mit einem Sägewerker zusammen, und beide stürzten. Die Ladung Feuerholz, die der Sägewerker geschnitten hatte, verteilte sich über das Pflaster. Der Mann zog den Jungen dafür am Ohr und verlangte, dass er beim Aufsammeln des Holzes half, aber der Junge machte lediglich eine obszöne Geste und eilte weiter. Auf der anderen Straßenseite trat eine Hausfrau aus ihrer Tür, das Gesicht von der Küchenhitze gerötet. Sie wedelte sich mit der Schürze einen Augenblick lang Luft zu, dann trottete sie wieder hinein, zurück zu ihrer nie endenden Tätigkeit. Sie musste ununterbrochen arbeiten, um ihre Familie zu ernähren und noch genug zum Verkauf übrig zu haben, damit sie und ihr Mann die Miete bezahlen konnten.
    Das Leben dieser Menschen war erbärmlich und nichts wert. Malden hatte sich nie zugehörig gefühlt, nicht einmal damals, als er in ihrer Mitte gelebt hatte. Und doch fragte er sich wie so oft, wie sein Leben wohl verlaufen wäre, hätte er versucht, ein ehrlicher Mann zu werden.
    Dabei hatte er in dieser Beziehung keine große Wahl gehabt. Der Sohn einer Hure – der Bastard einer Hure – konnte nie

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