Ancient BladesDie Metropole der Diebe
aus dem Boden hervorgesprungen und hätte ihn vor dem Messer gerettet. Jedenfalls alle bis auf einen Spieler, der eilig nach den Münzen auf dem Boden griff.
»Liegen lassen«, sagte Kemper. »Die gehören mir. Für den ganzen Ärger.«
Der gierige Spieler nickte und eilte davon.
»Weißt du, Junge, dein Zeitgefühl ist nicht das beste. Und doch freue ich mich, dich zu sehen«, sagte Kemper und stand endlich vom Hocker auf. Er schob die Karten in die Tasche und trat auf Malden zu.
»Das Messer … die Stiche waren tödlich«, stotterte Malden. Er fragte sich, ob seine Miene die Fassungslosigkeit zeigte, die er fühlte. »Aber ich sehe keinen Tropfen Blut an dir.«
Kemper lachte. »Hier, schütle mir die Hand, dann weißt du warum.« Er streckte eine schwielige und von harter Arbeit vernarbte Hand aus, und Malden langte danach.
Aber das erwies sich als unmöglich. Maldens Finger glitten durch Kempers Hand hindurch, als wäre sie gar nicht vorhanden. Er spürte nur eine kalte Feuchtigkeit, als hätte er eine Nebelschwade berührt. Malden keuchte auf, dann griff er ungläubig nach dem Arm und dem Haar des Mannes. Er bekam nichts von ihm zu fassen, weder Stoff noch Haut.
»Du … du bist ein Geist«, murmelte Malden.
»Ein lebender Geist«, stimmte Kemper ihm zu. »Was der traurigste Widerspruch ist, den ich kenne.«
Kapitel 44
Inzwischen zog Kemper so viele Blicke auf sich, dass es in der Schenke nicht mehr gemülich war. Er sammelte seine Karten und seinen Trinkhalm ein – und natürlich die auf dem Boden verteilten Münzen –, und die beiden Männer wandten sich dem Ausgang zu. Vielleicht um es allen jenen zu zeigen, die ihn so anstarrten, übergab Kemper Malden seine Sachen und trat durch die geschlossene Tür nach draußen, was ein vielstimmiges entsetztes Aufstöhnen zur Folge hatte. Malden verbeugte sich tief vor den Zechern und rannte mit dem Gesicht voll gegen die Tür. Vielleicht hatten die drei Becher Ale doch mehr Wirkung gehabt als angenommen.
Ohne sich noch einmal umzusehen, öffnete er die Tür und trat auf die Straße. Kemper wartete auf ihn und pfiff ein paar zusammenhanglose Noten, die keine Melodie ergaben.
»Schön, dich zu sehen, mein Sohn, wirklich. Ist immer eine Freude, solche Gesellschaft zu haben, bei der man frei von der Leber weg sprechen kann und sich keine Sorgen um seine Geheimnisse machen muss. Das nehme ich an mich«, sagte Kemper und griff nach seinen Sachen. Der Halm und die Münzen verschwanden in seinem Wams, aber die Karten hielt er in der Hand und spielte damit herum, während er ging.
»Wieso kannst du die Karten halten, aber keinen Becher?«, wollte Malden wissen. Ihm war bereits klar, dass der Halm nötig war, weil Kempers Hände ungehindert durch jeden Becher hindurchgegriffen hätten.
»Nun ja«, sagte Kemper, blieb stehen und hob das Kinn wie jemand, der einen Vortrag halten wollte. »Der Fluch, der auf mir liegt, ist mächtig, aber nicht ganz wasserdicht, wenn du verstehst, was ich meine. Wenn ich mich ganz stark auf etwas konzentriere, dann kann ich es feshalten. Dank langer Übung kann ich so gut wie alles feshalten. Wie meinen Trinkhalm und meine Karten, die ich schon besaß, bevor du das erste Mal nachts dein Laken besudelt hast. Ich meisterte die Aufgabe, wie man auf einem Stuhl sitzt und im Bett liegt, und Essen und Trinken stehen mir zur Verfügung. Seit dem Tag, an dem es geschah, habe ich weder eine Frau angerührt noch die Kleider gewechselt.«
»Ein mileiderregender Zustand«, murmelte Malden bedauernd.
»Hat auch seine Vorteile für einen Glücksritter wie mich. So gut wie kein Gefängnis hält mich fest, und wie du siehst, kann ich Geld mit mir herumtragen, wenn es aus Silber ist.« Er ließ eine Münze zwischen den Fingern aufblitzen und bewegte sie für Malden hin und her.
»Nur Silber?«
»Kein Mensch weiß, warum das so ist. Aber Silber ist ein Metall, das Magie nicht berühren kann, verstehst du?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir folgen kann«, gestand Malden.
Der Falschspieler seufzte. »Eine Eigenschaft des Metalls, etwas Arkanes, vielleicht auch ein Fehler in der Magie, wer vermag das schon zu sagen? Aber es ist eine Tatsache. Silber durchtrennt jeden Zauber, kein Fluch kann etwas dagegen ausrichten. Und selbst wenn ich für meine Sünden bestraft werde, Silbermünzen kann ich trotzdem feshalten.«
»Oder Silberketten – wie im Kerker des Burggrafen«, erinnerte sich Malden. »Ich hatte mich gefragt, warum sie dir so
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