Andalusisches Feuer
war noch zerzaust und feucht von der Dusche. Winzige Wassertropfen glitzerten in den schwarzen Locken auf seinem muskulösen Brustkorb, die nackte Haut schimmerte golden. Unwillkürlich wandte Sarah den Blick ab und schluckte mit trockenem Mund, ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie zwang sich, ihm ins Gesicht zu sehen.
Kühl musterte er ihre angespannte Miene. Er presste die schön geschnittenen Lippen fest aufeinander, seine Miene zeigte Härte und Unerbittlichkeit.
Sinnlich … ja, diese Lippen sind unglaublich sinnlich, dachte Sarah verwirrt, als dieser Gedanke sie aus dem Nichts überfiel. Das Chaos ihrer Gefühle und sein Schweigen raubten ihr den letzten Rest an Konzentration, zumal sie Stille von Rafael nicht gewohnt war.
„Ich muss mit dir reden.“ Was eine Feststellung hätte sein sollen, klang eher nach einer Bitte.
Er trat geschmeidig einen Schritt zurück und ließ sie eintreten. Ohne ein Wort zu sprechen, gab er ihr deutlich zu verstehen, dass er keine Lust auf ein Gespräch hatte. Sarah wusste: Rafael gelang es, Stimmungen sichtbar zu machen. Sie konnte seine Feindseligkeit geradezu spüren.
„In zehn Minuten gehe ich aus.“ In seinem Ton schwangen weder Entschuldigung noch Warnung mit. Er bestätigte lediglich, dass, egal, was sie sagte oder tat, er nicht die Absicht hatte, ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken.
„Vielleicht änderst du deine Meinung, wenn du hörst, was ich dir zu sagen habe“, entgegnete sie kühn.
3. KAPITEL
Er führte Sarah in ein großes, sehr unordentliches Wohnzimmer. Bücher lagen aufgeschlagen auf der Couch, Kissen auf dem Boden, und auf einem schönen antiken Tisch standen mehrere leere Gläser. Das Chaos erinnerte sie an ihr Leben mit Rafael, und einen Moment lang fühlte sie sich nicht wie ein Eindringling, sondern ganz wie zu Hause.
„Dir bleiben noch sechs Minuten“, mahnte Rafael ungeduldig.
Ihre Blicke kreuzten sich kurz. Sarah stockte der Atem, schnell sah sie weg. „Heute Morgen habe ich meine Eltern aufgesucht.“
„Das ist doch nicht außergewöhnlich“, spottete er. „Selbst als wir in Paris lebten, gelang es dir, sie mindestens drei Mal im Monat zu treffen!“
Sie errötete, beschloss aber, den Einwurf zu ignorieren. „Bis eben wusste ich nicht, dass du vor fünf Jahren nach England zurückgekommen warst, um mich zu sehen. Sie haben es mir nie gesagt!“
Diese Enthüllung ließ ihn offensichtlich kalt. Er starrte sie weiter entmutigend an. „Ich glaube dir“, gab er dann überraschend zu. „Aber ich weiß nicht, warum das jetzt wichtig ist.“
Nur mit Mühe gelang es Sarah, ihre Gefühle zu kontrollieren. Sie blickte ihn flehend an. „Verstehst du nicht? Wenn ich es gewusst hätte, wäre ich da gewesen …“
Mit einer beredten Handbewegung drückte Rafael seinen Zweifel aus. „Um deinen untreuen Ehemann mit offenen Armen zu begrüßen? Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.“
„Ich weiß nicht, was tatsächlich passiert wäre. Aber in B…Bezug auf die Zwillinge hätte ich dich nie belogen! Rafael …“ Vor Aufregung stotterte sie. So viel hatte sie ihm zu sagen, aber es war unendlich schwer, die richtigen Worte zu finden. Sie benötigte mehr Mut, als sie ihm gegenüber je aufgebracht hatte, um offen und ehrlich über die vergangenen Ereignisse sprechen zu können. „Du siehst doch, dass es nicht leicht für mich ist …“
„Hast du schon gefrühstückt? Oh, Entschuldigung. Tut mir wirklich leid!“, erklang aus dem oberen Stockwerk eine Stimme. „Ich komme gerade aus der Dusche und wusste nicht, dass Besuch da ist.“
Eine atemberaubende Blondine im Bademantel, ein skandinavischer Typ, sah von der offenen Galerie in das Wohnzimmer herunter. Sarah starrte sie schweigend an, wie gelähmt, alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Die Frau lächelte zunächst freundlich, zuckte dann mit den Achseln und warf Rafael einen fragenden Blick zu, bevor sie sich in ein Zimmer zurückzog.
Wie immer, wenn sie einen Schock erlitt, begann sie zu zittern. Doch mit der Kälte kehrte auch der klare Verstand zurück. Bin ich wahnsinnig, was mache ich hier eigentlich, dachte sie erschrocken . Ohne vorher zu überlegen, war sie hierhergekommen, und jetzt musste sie die Konsequenzen tragen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, nach fünf Jahren einfach bei ihm aufzutauchen? Die strahlende unbefangene Schöne auf der Galerie hatte sie an all das erinnert, was sie schon so lange zu vergessen suchte. Sie fühlte sich zutiefst
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