Andalusisches Feuer
Vater eisig hinzu. „Leider lag es nicht in meiner Macht zu verhindern, dass du dich zwei Jahre lang seinetwegen zum Narren gemacht hast, doch wenigstens konnte ich dafür sorgen, dass das nicht auch noch schriftlich geschah.“
Seine Verachtung traf sie wie ein Peitschenhieb.
„Ich habe ihn geliebt. Und ich habe euch vertraut. Jetzt gibt er mir die Schuld, und das zu Recht“, hauchte sie erschüttert. „Meine Naivität ist unverzeihlich. Ihr habt mir weisgemacht, er hätte mich aus seinem Leben vertrieben, als hätte ich nie existiert. Es war euch egal, wie ich mich dabei gefühlt habe. Und es hat euch auch nicht gekümmert, als ihr mich in diese Klinik brachtet …“
„Wir hatten die Pflicht, dich vor dir selbst zu schützen.“
„Ihr habt ausgenutzt, dass es mir schlecht ging und ich nicht verstand, was mit mir geschah“, erkannte Sarah. „Es war euch nicht gelungen, ihn zu vertreiben. Also habt ihr ihn angelogen, mich ebenso, und nichts von dem, was ihr jetzt sagt, kann an diesen Tatsachen etwas ändern!“
„Warum diskutieren wir über ein Thema, das vor beinahe fünf Jahren abgeschlossen wurde?“ Charles Southcott musterte sie mit deutlicher Abneigung. „Ich tat dir einen Gefallen. Du bist ihn gut losgeworden.“
Rasende Wut ließ Sarah aufspringen. „Was wusstest du schon über meine Ehe? Ist dir bereits einmal der Gedanke gekommen, dass ich ebenfalls Schuld daran habe, dass sie gescheitert ist, weil ich keine perfekte Ehefrau war?“
Sie presste ihre zitternde Hand auf die tränenfeuchten Augen. Bis zu diesem Moment hatte sie nicht bemerkt, dass sie weinte. Wieder herrschte Schweigen, kalt, erstickend – und so vertraut. „Ich hätte es wissen müssen“, flüsterte sie bebend, der eisigen Stille ein letztes Mal die Stirn bietend. „Ich hätte es wissen müssen.“
Sarah stürmte aus dem Zimmer, aus dem Haus, und wie sie es geahnt hatte, ließen ihre Eltern sie gehen. Sie würden ihr Zeit geben, sich zu beruhigen, und sich in ein paar Tagen bei ihr melden, in der Erwartung, dass ihr Familiensinn die außer Kontrolle geratenen Gefühle wieder geordnet hatte. Doch diesmal würde das nicht geschehen. Nur der Mutter zuliebe hatte sie in den letzten Jahren ihre Eltern besucht. Jetzt aber erkannte sie, dass diese in völligem Einvernehmen mit ihrem Ehemann gehandelt hatte. Ihr wurde übel bei dem Gedanken, dass die Eltern mit Absicht ihre Ehe zerstört hatten und sich noch heute über ihren Erfolg freuten. Keinen von beiden kümmert auch nur im Geringsten der hohe Preis, den ich vor fünf Jahren habe zahlen müssen, dachte sie verzweifelt, als sie in ihren Wagen stieg.
Einige Minuten lang saß Sarah wie betäubt in ihrem Auto in der Auffahrt vor Southcott Lodge. Ihre Gedanken schweiften in ein Dutzend verschiedene Richtungen. Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass sie unbedingt herausfinden musste, wo Rafael wohnte. Sie musste ihn sehen, mit ihm sprechen.
Hektisch kramte sie in der Handtasche nach dem Handy und rief Karen an. Zum Glück konnte sie ihr die Adresse nennen, natürlich nicht, ohne ihr vorher das Versprechen abgerungen zu haben, bald eine umfassende Erklärung zu liefern. Entschlossen fuhr Sarah los.
Seine Wohnung lag in einem kleinen, aber exklusiven Apartmentblock in Belgravia.
Nervös strich Sarah das Haar aus der schweißnassen Stirn und betrat den Lift. Sonst war sie immer ruhig und gelassen, doch jetzt fühlte sie sich völlig aufgelöst und glühte am ganzen Körper. Etwas verspätet überlegte sie, was sie Rafael eigentlich sagen wollte und ob es nicht übereilt gewesen war, ihn jetzt aufzusuchen. Als die Türen des Aufzugs sich öffneten, zuckte sie zurück, dann ging sie unsicher den mit einem dicken Teppich ausgelegten Korridor entlang. Ihr kam der schreckliche Verdacht, dass sie dabei war, sich zum Narren zu machen, und sie zögerte erneut.
Eine Vase mit wunderschön arrangierten Blumen zierte einen Alkoven neben dem Eingang. Gehörte Rafael das Apartment? Oder hatte er es nur gemietet? Wie auch immer, der Luxus hier stand im krassen Gegensatz zu den Wohnungen, in denen sie früher gelebt hatten. Mit feuchten Händen strich sie die perfekt sitzende marineblaue Jacke und den Rock glatt. Rafael hasste diese Farbe. Das ist doch jetzt völlig belanglos, dachte sie verärgert und drückte auf die Klingel.
Als sie zum zweiten Mal läutete, diesmal anhaltender, wurde die Tür aufgerissen, und Rafael stand vor ihr. Er zog gerade ein weißes Seidenhemd an, das dichte Haar
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